Quickborn/Itzehoe. Nahe des Quickborner Eulenhofs residierten zwei Drogen- und Waffenhändler. Haben Sie mit dem Tod von Andre Piontek zu tun?
Besteht ein Zusammenhang zwischen der Ermordung von Andre Piontek (44) am 29. Juni 2020 auf dem Quickborner Eulenhof und dem Fall von zwei Drogen- und Waffenhändlern, deren Wirkungsstätte an der Ulzburger Landstraße nur einen Kilometer vom Reiterhof entfernt war? Das will die Verteidigung des Angeklagten Jens von P. (42) herausfinden und per Beweisantrag zwei Beamte aus Hamburg laden lassen, die in dem Fall der beiden Männer federführend die Ermittlungen geleitet haben.
„Zufälle mag es ja geben, aber so viele auf einmal doch eher selten“, so Verteidiger Jürgen Meyer. So seien die beiden Verdächtigen in Drogen- und Waffengeschäfte verstrickt und damit genau in den beiden Geschäftsfeldern tätig gewesen, die auch Andre Piontek heimlich betrieb. Zudem seien beide Anfang April 2020 in eine Schießerei in Hamburg-Neugraben verwickelt gewesen und man habe bei ihnen hinterher mehrere Waffen der Marken Glock, Smith & Wesson und Walther PPK gefunden, die aus Teilen mehrerer Hersteller zusammengesetzt waren – eine solche Waffe könnte auch für die Tötung Andre Pionteks eingesetzt worden sein.
Beide Männer seien der Rockerszene und dem Hamburger Milieu zuzurechnen, in beiden Kreisen soll auch der Ermordete verkehrt haben. Beide planten einen größeren Kokaintransport nach Polen, der ausgerechnet in der Tatnacht über die Bühne gehen sollte – und just in dieser Nacht hatte Piontek angekündigt, für einen Trip nach Polen abgeholt zu werden. Zudem seien mehrfach auffällige Mercedes-Limousinen auf dem Eulenhof gesehen worden, ähnliche Autos hätten die Verdächtigen besessen. Und zudem habe sich Piontek kurz vor seinem Tod bedroht gefühlt, habe eine Kameraüberwachung und ein gesichertes Zufahrtstor beschaffen und eine Sicherheitsperson für den Eulenhof einstellen wollen.
Ob die Kammer diesem Antrag nachkommt, entscheidet sich in einer der nächsten Sitzungen. Am Freitag befassten sich die Prozessbeteiligten nochmals mit den Angaben des Hauptbelastungszeugen Florian V., die dieser in polizeilichen Vernehmungen gemacht hatte. Inzwischen wird gegen ihn wegen Beihilfe zum Mord ermittelt, sodass er nicht für eine Aussage vor Gericht zur Verfügung steht. Bei der Polizei hatte er angegeben, Jens von P. in der Woche vor der Tat über seinen Bekannten Victor S. eine Waffe geliehen und diese in der Tatnacht von ihm zurückerhalten zu haben.
Nach der Übergabe der Waffe an Jens von P. habe es Schussübungen in einem Waldstück nahe der A 7 in Hasloh gegeben. Ende Januar 2021, vier Monate nach der Festnahme des Angeklagten, führte Florian V. die Polizei in das Waldstück. Bertil T. (59) von der Mordkommission begleitete ihn – und erzählte dem Gericht, wie die Beamten fünf Tage später mit einem größeren Suchtrupp zurückkehrten. „Wir hatten Metallsuchgeräte dabei und bildeten eine Polizeikette.“ Die Geräte hätten diverse Male angeschlagen. „In drei Fällen haben wir Patronenhülsen gefunden.“ Diese seien nicht mit bloßem Auge sichtbar, sondern unter Schnee und herabgefallenen Tannenzweigen verborgen gewesen. Die Suche nach den dazugehörigen Projektilen blieb erfolglos.
Bertil T. berichtete auch von einigen Telefonaten mit Freya N. (29), die sich vor Gericht als letzte Freundin von Andre Piontek bezeichnet hatte. Sie hatte der Polizei den Hinweis auf die Waffenleihe des Angeklagten gegeben. In ihrer mehrfachen, teils unter der Ausschluss der Öffentlichkeit geführten Vernehmung vor Gericht hat die 29-Jährige zahlreiche weitere belastende Angaben gemacht, die jedoch von den Prozessbeteiligten in Zweifel gezogen werden. So beschuldigte sie Jens von P. und Andre Piontek indirekt, an der Ermordung des Nachwuchsboxers Tunahan K. beteiligt gewesen zu sein. Die Leiche des 22-Jährigen aus Schenefeld wurde im Juli 2017 an der A 7 bei Quickborn gefunden – genau auf der anderen Autobahnseite fand 2020 die Schießübung des Angeklagten statt.
Über die Glaubwürdigkeit dieser Zeugin konnte auch Helena K. (33) von der Mordkommission berichten. Sie hat die Handys des Ermordeten ausgewertet. „Wir haben viele Geräte bei ihm gefunden.“ Drei hätten über SIM-Karten verfügt, zwei davon seien aktiv gewesen. Kommunikation mit Freya N. fand sich auf den Handys nicht, dafür hatte Piontek vor seinem Tod Kontakt mit zwei anderen Frauen. Der Prozess wird fortgesetzt.