Kreis Pinneberg. Ansturm auf Kreisverwaltung: Geburtsjahrgänge 1953 bis 1958 müssen Fahrerlaubnis bis zum 19. Januar erneuern.

Die erste Frist endet am 19. Januar. Doch bisher hat nur ein Bruchteil der Personen, die ihren alten Führerschein gegen ein aktuelles Dokument eintauschen müssen, dies auch getan. Kurz vor Fristende gibt es deswegen einen Ansturm auf die Führerscheinstelle des Kreises an der Ernst-Abbe-Straße in Elmshorn. „Wir können den Bedarf terminlich nicht befriedigen“, sagt Dörte Koppelmann, Leiterin des zuständigen Fachdienstes Straßenverkehr. Und sie sagt weiter: „Betroffene müssen sich keine Sorgen machen und nicht in Panik verfallen. Ihr bisheriger Führerschein verliert nicht seine Gültigkeit, und auch auf die Erhebung eines Ordnungsgeldes wird zunächst verzichtet.“

Führerschein: Der alte "Lappen" kommt weg

Der „Zwangsumtausch“ geht auf eine Regelung der Europäischen Union zurück. Sie will in allen Mitgliedsstaaten einheitliche Führerscheine ausgeben. Diese sollen fälschungssicher und die Inhaber sollen wiedererkennbar sein. Das ist aktuell schwierig. Wer kurz nach seinem 18. Geburtstag die Fahrprüfung bestand, behielt das Dokument inklusive des darin enthaltenen Fotos ein Leben lang. Diese Regelung besteht seit 2013, dem Jahr der Umsetzung der EU-Regel in deutsches Recht, nicht mehr. Führerscheine, die nach dem 19. Januar 2013 ausgestellt sind, sind nur noch 15 Jahre gültig. Sie bedürfen nach Ablauf der Frist einer Verlängerung. Nun müssen alle, die vor 2013 ihren Führerschein gemacht haben, diesen gegen das neue EU-Dokument austauschen. Nach dem Auswechseln sind die neuen Führerscheine ebenfalls nur noch 15 Jahre gültig.

Wie viele Führerscheininhaber im Kreis vom „Zwangsumtausch“ betroffen sind, ist schwierig zu schätzen. Wer nach 2013 etwa wegen Namensänderung, Erwerb einer weiteren Fahrzeugklasse, Verlust oder Diebstahl einen neuen Führerschein erhalten hat, ist bereits im Besitz des EU-einheitlichen Dokuments mit Ablauffrist. Zudem liegen der Führerscheinstelle nur Zahlen vor, wie viele Personen im Kreis Pinneberg den Führerschein bestanden haben. Die können aber schon längst woanders hingezogen oder im Extremfall nicht mehr fahrtauglich oder sogar verstorben sein.

Führerschein: Etwa 290.000 Führerscheine müssen getauscht werden

Wer seinen Führerschein woanders gemacht hat und jetzt im Kreis wohnt, muss bei der führerscheinausgebenden Stelle eine schriftliche Karteikartenabschrift beantragen. Diese muss bei der Führerscheinstelle des Kreises Pinneberg vorliegen, wenn der Antrag auf den Führerscheintausch gestellt werden soll. Natürlich erhält der Kreis umgekehrt auch eine Flut von Anfragen von anderen Führerscheinstellen. „Zum Glück sind alle Kartenkartenabschriften digital erfasst“, sagt die Fachdienstleiterin.

Schätzungen von 2019 zufolge müssen 290.000 Führerscheine getauscht werden, davon viele Papierführerscheine in Rosa oder Grau. Die Umtauschfrist endet am 19. Januar 2033. Allerdings hat der Gesetzgeber eine Staffelung eingeführt, damit nicht alle Führerscheinbesitzer zeitgleich die Zulassungsstelle aufsuchen. Die Umtauschfristen richten sich entweder nach dem Geburtsjahr oder nach dem Ausstellungsjahr des Führerscheins. Bei Dokumenten, die bis 1998 ausgestellt wurden, ist das Geburtsjahr des Inhabers entscheidend. Nach 1999 ist das Ausstellungsjahr des Dokuments entscheidend (siehe Info-Kasten).

Als erstes sind laut der Staffelung die Geburtsjahrgänge 1953 bis 1958 betroffen. Sie müssten eigentlich bis zum 19. Januar den Austausch abgeschlossen haben. „Wir beobachten, dass die Frist bis aufs Letzte ausgereizt wird“, sagt Koppelmann. Dies habe zur Folge, dass nun die Telefone beim Kreis heißlaufen und deutlich mehr Termine nachgefragt werden, als verfügbar sind. Teilweise kommen auch Betroffene spontan zur Führerscheinstelle, was angesichts der Corona-Pandemie nicht möglich ist. Termine sind über die Online-Terminvergabe unter www.kreis-pinneberg.de zu vereinbaren.

Führerschein: Polizei wird zunächst keine Verwarngelder kassieren

Eine Fristverlängerung für Betroffene wird es nicht geben. Wohl aber wird seitens der Polizei für mindestens ein halbes Jahr darauf verzichtet, das im Falle einer Kontrolle fällige Verwarngeld in Höhe von zehn Euro zu erheben. Koppelmann: „Der Bürger kann ja nichts dafür, wenn er keine Termine zum Umtausch bekommt.“ Eine entsprechende Regelung solle noch vom Innenministerium erlassen werden.

Generell wünscht sich die Fachdienstleiterin, dass die Betroffenen nicht weiterhin den letzten Tag der Umtauschfrist ausreizen. „Wir sind für jeden dankbar, der nicht bis zum letzten Moment wartet.“ Es sei jedoch zu beobachten, dass diese Aktion wenig Akzeptanz in der Bevölkerung gefunden habe. „Das wird einem vom Staat auferlegt, der neue Führerschein ist nicht mehr unbegrenzt gültig, die Frist von 15 Jahren beginnt mit dem Umtausch zu laufen, und Geld kostet es auch“, sagt Koppelmann. Der Kreis muss eine Umtauschgebühr in Höhe von 25,30 Euro erheben.

Führerschein: Personal in der Führerscheinstelle aufgestockt

2021 war die Nachfrage verhalten. 40 Tauschwillige erschienen im Juli beim Kreis, im August waren es 166. Der höchste Wert wurde im November mit 719 Personen registriert. 2000 Führerscheine konnten zwischen Juli und dem heutigen Tag ausgetauscht werden. Zum Termin sind der alte Führerschein, Personalausweis, ein biometrisches Passfoto und gegebenenfalls die Karteikartenabschrift der führerscheinausgebenden Stelle mitzubringen. Übrigens dauert der Druck des neuen Führerscheins im Scheckkartenformat durch die Bundesdruckerei aktuell acht Wochen. „Die sind genauso überlastet wie wir“, sagt Koppelmann.

Der Kreis hat für den Führerscheinumtausch extra das Personal in der Führerscheinstelle (aktuell 16 Stellen) aufgestockt. Eine neue Vollzeitstelle ist bereits besetzt, eine zweite ausgeschrieben. Diese Personen sollen sich dauerhaft um den Führerscheintausch kümmern, da künftig ja dank des Ablaufs der Führerscheine regelmäßig getauscht werden muss.

Um den gesetzlich vorgeschrieben Austausch anzukurbeln, will die Führerscheinstelle des Kreises eventuell Sonderaktionen anbieten. „Wir prüfen zurzeit mehrere Optionen“, bestätigt Koppelmann. So könnten etwa analog zur Zulassungsstelle Umtauschtermine am Sonnabend angeboten werden. Eine andere Möglichkeit wäre, Kreismitarbeiter gezielt große Firmen „abklappern“ zu lassen. Koppelmann: „Wir müssen aber auch berücksichtigen, dass in unserem Team Fahrerlaubnisse bereits seit Jahren eine Überlastungssituation herrscht.“