Helgoland. Retter auf Helgoland müssen Brandschutz sicherstellen. Doch es mangelt an Ehrenamtlichen. Das soll sich nun ändern.
Ob im Schlick feststeckende Wattwanderer, abgedeckte Dächer nach einem Orkan oder Brände in Ferienappartements: Wenn Menschen in Not sind, sind auch auf den Nordseeinseln wie Helgoland freiwillige Feuerwehrleute gefragt. Allerdings verbindet alle Inseln ein Schicksal: Wenn es Dicke kommt, sind sie auf sich allein gestellt. Zumal viele Inselfeuerwehren – nicht nur auf Pinnebergs Außenposten in der Nordsee – Mühe haben, genügend Freiwillige für den Einsatzdienst zu finden. Darum wurden jetzt Kampagnen gestartet, um neue Mitglieder zu werben.
Feuerwehr auf den Nordseeinseln hat zu wenige Mitglieder
In Schleswig-Holstein kommen bereits jetzt schon Kameraden vom Festland zur Verstärkung: Auf Helgoland etwa helfen während der Saison von März bis Oktober üblicherweise Freiwillige Feuerwehren vom Festland bei der Sicherstellung des Brandschutzes auf der Düne. Denn auch auf der Düne muss – wenn sie im Sommerhalbjahr bewohnt ist – die Hilfsfrist von wenigen Minuten gewahrt bleiben. Von der Hauptinsel brauchen die Feuerwehrleute zu lange.
Die Hilfe vom Festland ist auf Helgoland nicht nur auf die Hochsaison beschränkt. Statt neue Dauer-Mitglieder zu werben – bei 1400 Insulanern eine schwierige Aufgabe –, setzt die Gemeinde auf zeitlich begrenzte Verstärkung. Momentan schieben etwa 25 Feuerwehrangehörige bis ins neue Jahr als Urlaubsverstärkung Dienst bei der Wehr auf Helgoland. Die sogenannten „Verstärker“ kommen dabei aus dem ganzen Bundesgebiet, um in der Ferienzeit und über Weihnachten die Einsatzbereitschaft der Inselretter sicherzustellen. Die Gemeinde fährt gut damit. Denn viele bewerben sich sogar für den Dienst – weil ein Einsatz auf Deutschlands einziger Hochseeinsel attraktiv zu sein scheint.
Feuerwehr: Angespannte Lage auf Sylt und Norderney
Angespannter ist die Lage in List auf Sylt. Dort gibt es seit 2005 eine Pflichtfeuerwehr, da viele Aktive wegen interner Querelen den Dienst quittiert hatten. Der Kreis hatte deswegen die Anerkennung als Freiwillige Feuerwehr zurückgezogen. Auch auf der ostfriesischen Insel Wangerooge drohte ein verpflichtender Feuerwehrdienst. Der Gemeinderat hatte im Dezember 2019 für eine Verpflichtung gestimmt, da die Zahl der Aktiven auf das Minimum von 23 sinken konnte. So wäre die erste Pflichtfeuerwehr in Niedersachsen entstanden, doch dann meldeten sich genügend Freiwillige – auch der Inselbürgermeister.
Akut ist das Problem auf Norderney: „Unsere Mitgliederzahlen sind am unteren Ende, mit 70 aktiven Kameraden wird es schon eng“, sagt Stadtbrandmeister Ralf Jürrens. Gerade in den Sommermonaten, wenn bis zu 50.000 Menschen auf der Insel sind. Zudem sei die Einsatzzahl gestiegen – zuletzt auf rund 160. Die Belastung sei hoch. „Deswegen haben wir auf unsere Situation aufmerksam gemacht und aktiv für das Ehrenamt in der Feuerwehr geworben.“
Die Feuerwehr startete eine Werbekampagne: „Wir brauchen Verstärkung! Sei dabei. #Ehrensache“ lautete der Slogan auf roten Plakaten und in sozialen Netzwerken. Auf den Bannern waren Feuerwehrleute doppelt abgebildet – bei ihrer täglichen Arbeit und in Feuerwehrkluft. Denn es sei wichtig, die Freiwillige Feuerwehr als Ehrenamt sichtbar zu machen, sagt Jürrens. Handwerksbetriebe, Gastronomen und Hoteliers sollten ermuntert werden, Feuerwehrleute zu beschäftigen. Immerhin: Auf die Aktion haben sich schon 13 Freiwillige gemeldet.
Feuerwehr auf Juist kämpft um neue Mitglieder
Auch auf Norderneys Nachbarinsel Juist kämpft die Feuerwehr um neue Mitglieder. „Es ist immer relativ knapp“, sagt Wehrsprecher Uwe Wunder mit Blick auf die Personaldecke. Jedes Fahrzeug müsse doppelt besetzt sein, da auf der tideabhängigen Urlaubsinsel im Notfall so schnell keine Verstärkung vom Festland eintreffen könne. Doch durch Wegzüge von der Insel und das Erreichen der Altersgrenze gebe es immer Fluktuation in den Reihen der rund 60 aktiven Feuerwehrleute.
Statt einer Werbekampagne setze die Juister Wehr eher auf die direkte Mitgliederwerbung, indem Feuerwehrleute Freunde und Familienangehörige regelmäßig ansprechen, sagt Wunder. Allerdings mache das alte Gerätehaus den Dienst für Neumitglieder wenig attraktiv. Ohne ausreichend Duschen und Umkleiden entspreche die Wache seit rund 30 Jahren nicht mehr dem aktuellen Stand. „Wir müssen uns hinter den Einsatzwagen umziehen“, sagt Wunder. Weder in der Wehr noch in der Jugendfeuerwehr sei es daher möglich, Frauen aufzunehmen. „Wir könnten viel mehr Leute ausbilden, wenn wir die Voraussetzungen dafür hätten“, zeigt sich der Feuerwehrmann überzeugt.
Feuerwehr: Zahl der Mitglieder ist knapp
Auf Spiekeroog kümmert sich die Feuerwehr besonders um den Nachwuchs. Wie auch auf dem Festland verfügen viele Inselfeuerwehren über eigene Jugendfeuerwehren. Auf Spiekeroog werden Schülerinnen und Schüler mit einer Arbeitsgemeinschaft im Rahmen des Programms „Feuerwehr macht Schule“ an die Wehr herangeführt, wie Kreisbrandmeister Friedhelm Tannen in Wittmund berichtet. „Das Programm läuft sehr gut.“
Dennoch sei auch auf Spiekeroog und der Nachbarinsel Langeoog die Zahl der Mitglieder mit 56 und 49 Aktiven knapp. Auf Langeoog etwa würden aktuell Atemschutzgeräteträger fehlen, die aus den bestehenden Feuerwehrkräften rekrutiert werden müssen. Im Notfall müssten nun Geräteträger per Hubschrauber oder mit dem Schiff vom Festland gebracht werden. „Das geht aber nicht einfach so“, sagt Tannen, und sei bislang zum Glück auch noch nicht notwendig geworden.