Kreis Pinneberg. Serie: Dieses Mal geht es um das Jahr 2012, das unter dem Eindruck von Fukushima steht und eine Elmshornerin zur Miss Germany macht.
Tragischer Unfall im Halstenbeker Ortskern im Januar: Ein 76 Jahre alter Autofahrer verwechselt Gas und Bremse, rammt Fußgänger und Radfahrer, knickt ein Verkehrsschild um und demoliert einen Bauzaun. Die Radfahrerin stirbt im Krankenhaus, der Prozess wegen fahrlässiger Tötung gegen den Unfallverursacher beginnt erst 2013. „Ich bin für eine Nachprüfung ab dem Rentenalter“, sagt eine Halstenbekerin. Die meisten Politiker sehen die Gefahr eines „Generalverdachts“ und setzen auf eine „permanente individuelle kritische Hinterfragung der eigenen Fahrtauglichkeit.“
„Mit Strom in die Zukunft“ lautet die Überschrift zur E-Mobilität. Die Metropolregion Hamburg startet einen Feldversuch für Verwaltungen mit 16 elektrisch umgerüsteten Fiats der Hamburger Firma Karabag. Vier von ihnen sausen durch den Kreis Pinneberg. Vier Jahre geht der Versuch, die Kommunen zahlen 299 Euro Leasinggebühr monatlich. Tornesch und Barmstedt sind dabei.
Ein EU-Plan sieht vor, ab 2013 zwölf Jahre Schulbesuch vorzuschreiben, um eine Pflege-Ausbildung aufzunehmen. Das Echo im Kreis ist geteilt. Das Fach-Abitur mache nicht automatisch einen besseren Pfleger, auch wenn schwierige Thematiken von schulisch besser ausgebildeten Azubis flotter verstanden werden würden. „Ein Erfolg mit der Anhebung der Ausbildungsvoraussetzung ist nicht gegeben. In England zeigen sich gravierende Qualitätsmängel in der pflegerischen Versorgung durch die zunehmende Akademisierung der Pflege“, sagt Ursula Hansen, Leiterin des Awo-Bildungszentrums Tornesch. Dort würden nun vermehrt unausgebildete Pflegehelfer eingesetzt. Iris Gebh (Bildungszentrum Regio Kliniken) sieht in der belgischen Variante aus Studium und Praxis ein gutes Modell. Franz-Ulrich Löning-Hahn (Einrichtungsleiter Wohnpflege Wedel/Regionalkoordinator im Kreis Pinneberg) warnt: „Der Beruf darf nicht akademisiert werden.“
Der Brandstifter im türkischen Kulturverein in Elmshorn wird Anfang Februar zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Aus Ärger über die „permanente Lärmbelästigung“ hatte er ein Feuer gelegt und für 800.000 Euro Schaden gesorgt. Wie durch ein Wunder wird niemand verletzt, obwohl 18 Menschen im Haus waren. Er habe, bewaffnet mit Benzinkanister, Feuerzeug, Beil und Filetiermesser, doch nur ein Loch in den Teppich brennen wollen. Diese Behauptung wird ihm nicht abgenommen. Der Anklagepunkt Versuchter Mord wird fallengelassen, eine durch ein Gutachten bestätigte „tiefgreifende Bewusstseinsstörung“ mindert die Strafe erheblich. Fremdenfeindliche Motive sind kein Bestandteil der Verhandlungen.
In Barmstedt fliegt ein Haus in die Luft: Weil die Wasserleitung bei seiner Schwiegertochter eingefroren ist, möchte ein 66-Jähriger sie mit einem gasbetriebenen Heizgerät wieder freibekommen. Bei der Explosion und einem anschließendem Brand wird er erheblich an der Hand verletzt. Schwiegertochter und zwei Enkelkinder, eines davon ebenfalls mit schweren Brandverletzungen, können sich aus der Ruine befreien. Das Haus muss neugebaut werden.
Steuergeld in Höhe von 226.705,62 Euro hat ein ehemaliger Bereichsleiter der Arbeitsgemeinschaft des Kreises Pinneberg in gut fünf Jahren veruntreut. Er geht vier Jahre ins Gefängnis. Davor hat er das Geld sinnlos in Nachtlokalen verprasst. Isabel Gülck aus Horst wird neue Miss Germany und tourt nun ein Jahr mit diesem Titel durch die Welt. Alle in der Region sind stolz, der Sprecher der Fighting Pirates lässt sich zum Zitat „Wir sind Miss Germany“ zwingen. Fünfmal in der Woche trainiert sie in Elmshorn in einem Fitnessstudio, hat dort auch Kurse geleitet. Und dabei liebeswütigen Herren den Kopf verdreht. „Die Männer haben sich oft bei mir nach ihr erkundigt“, sagt die Fitnessstudio Chefin.
Ein wenig schleifen lassen haben es die Beamten im Finanz-Sektor des Pinneberger Rathauses. Überblick? Verloren. Es haben sich 16.000 offene Forderungen über die Jahre angehäuft. 61.000 Euro der etwa 6,35 Millionen Euro müssen bereits abgeschrieben werden wegen der Verjährungsfrist. Es wird nach etwa einem erledigten Drittel weiter geprüft.
Ein Jahr ist die Atomkatastrophe von Fukushima alt, bis 2021 sollen alle Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden. Auch der Energie-Markt im Kreis Pinneberg ist im März in Bewegung. Es gebe bereits 760 Anlagen erneuerbarer Energieformen im Kreis, sagt ein E.ON-Sprecher. Einige Stadtwerke-Standorte sind bereits Kooperationen mit Photovoltaik- oder Windkraft-Betreibern eingegangen. Auch kleine Wasserkraftwerke an Nebenflüssen würden sich lohnen. Die Zahl der Blockheizkraftwerke, die gezielt in Wohngebieten für Wärme und Strom sorgen, soll steigen. Die Liebe zum Ökostrom hält sich generell aber noch in Grenzen – obwohl er nur zwölf Euro im Jahr kostet. Irgendwie unpassend: Die Zuschüsse für Solar-Anlagen werden gekürzt.
Der Wedeler Fousseni Alasanni (20), eines der vielversprechendsten Talente des FC St. Pauli, begeht im März einen folgenschweren Fehler. Er überfällt einen Supermarkt in der Rolandstadt. Verein und Berater trennen sich von ihm, der Traum der Profi-Karriere vorbei.
Die Klagen gegen das Planfeststellungsverfahren für die Pinneberger Westumgehung werden abgewiesen. Bürgermeisterin Kristin Ahlheit – im Juni wird bekannt, dass die SPD-Politikerin neue Sozialministerin in Kiel wird – möchte 2013 mit dem Bau beginnen. Das Projekt soll nun 5,9 Millionen Euro statt 3,8 Millionen Euro für die Stadt kosten.
Am 1. Mai verhindert eine Lehrerin, die ihren Unterricht vorbereiten möchte, eine drohende Katastrophe an der Pinneberger Johann-Comenius-Schule. Ein defekter Gashahn plus menschliches Versagen im Chemieraum – der Notschalter war nicht aktiviert – lassen von Freitag bis Dienstag Gas austreten. Eine Explosion, durch den kleinsten Funken ausgelöst, bleibt zum Glück aus.
Die Immobilienpreise im Kreis Pinneberg ziehen immer weiter an. Die Nachfrage steigt zur Preisentwicklung. 2011 gab es neun Prozent mehr Kaufverträge (4307) für unbebaute und bereits bebaute Grundstücke. So viele Verträge wie seit zehn Jahren nicht mehr. Auch wegen der Finanzkrise wird in Eigentum investiert. Ein Einfamilienhaus kostete im Durchschnitt 235.800 Euro – ein Plus von zehn Prozent zu 2009. Wegen der Eurokrise investieren auch Besitzer – Aufschwung für die Handwerksbranche.
Beide Hamburger Handball-Pokalsieger kommen aus Ellerbek. Sowohl Frauen als auch Männer des TSV sind in diesem Wettbewerb siegreich. Der Durchbruch des Tunnelbohrers ist in Schenefeld geschafft. Das XFEL-Laserprojekt ist eines der größten Forschungsprojekte Deutschlands. 400 Gäste feiern die 5,8 Kilometer lange Grundlagen-Fertigstellung im Erdreich. 2015 sollen die ersten Laserstrahlen abgefeuert werden. Forscher können mittels der Anlage etwa atomare Details von Viren erkennen, molekulare Zusammensetzungen von Zellen entschlüsseln oder Vorgänge im Inneren von Planeten untersuchen.
Speedway-Legende Matthias Kröger aus Bokel wird im Juni bereits zum fünften Mal Teamweltmeister. Es klingt wie der Beginn eines Witzes, ist im Juni in Quickborn aber Realität: Eine Frau kommt vom Zahnarzt – und entdeckt eine Kuh in ihrem verwüsteten Wohnzimmer. Das Tier war ausgebüxt und durch die Fensterscheibe gesprungen. Ein erster Versuch, die wildgewordene Kuh zu betäuben, schlägt fehl. Sie mobilisiert noch einmal alle Kräfte und gelangt zum Nachbargrundstück. Dann erst wirken die Betäubungsmittel.
Ein ehemaliger Pinneberger Politiker hat 22.430 kinderpornografische Dateien in seinem Besitz. Die Strafe im Juli fällt mit 3000 Euro mild aus. Strafmildernd wirken sich das Geständnis und der Gang zum Psychotherapeuten aus.
Die Schenefelder Reiterin Janne-Friederike Meyer, Welt- und Europameisterin, kann im August die hohen Erwartungen bei den Olympischen Spielen nicht erfüllen und verpasst mit dem Team und im Einzel den Sprung ins Finale. Der Hasloher Diskus-Werfer Markus Münch schafft es ebenfalls nicht in die Endrunde. Freischwimmerin Natalia Charlos, die für Polen antritt, wird 15. auf der Zehn-Kilometer-Distanz. Richard Schmidt und Eric Johannesen (beide Sportfördergruppe der Bundeswehr Appen) holen mit dem Ruder-Achter Gold in London. Bei den Paralympics verpasst Tischtennisspielerin Stephanie Grebe als Vierte knapp das anvisierte Treppchen.
60 Jahre gibt es das Wilkomm-Höft in Wedel. Der schlechte Ton der Lautsprecherdurchsagen wird von Besuchern oft kritisiert, obwohl das Areal und die Technik gerade für zwei Millionen Euro runderneuert wurden. Erst waren die Durchsagen zu leise, dann zu laut. Nun rauscht es. Es wird vermutet, dass die alte Anlage im Fährhaus nicht mit den neuen Boxen harmoniert. Der Sprecher des Fährhauses nach einer Hörprobe: „Stimmt. Optimal ist es nicht. Aber wir sind ja auch nicht die Elbphilharmonie.“
Jugendkoordinator Sebastian Gleim – aktuell Trainer bei Erstligist Crailsheim – übernimmt überraschend das Cheftrainer-Amt von Özhan Gürel bei den Zweitliga-Basketballern des SC Rist Wedel. Auch das siebte Gutachten im September, ob ein Neubau des denkmalgeschützten Elmshorner Rathauses oder eine Sanierung sinnvoller sei, bringt den Politikern keine klare Empfehlung. 32,9 Millionen kostet die Sanierung, dafür seien Betriebs- und Energiekosten höher als bei einem Neubau an anderer Stelle, der 30,7 Millionen kosten soll. Da wären Aufwendungen wie ein Grundstückskauf noch nicht enthalten. Trotz 30.000 Euro Auftragsgebühr gibt es keinen heißen Tipp. Seit 2007 dauert die Posse um das Verwaltungsgebäude an.
Zwölf Basketball-Spielzeiten stand der 36 Jahre alte Flügelspieler Mac Davis Duah beim SC Rist unter Vertrag, ehe ihm nach Achillessehnen-Anriss im Frühjahr während der Sommerpause recht lapidar mitgeteilt worden war, dass der Club nicht mehr mit ihm plane. Dabei hätte der neue Trainer Gleim ihn wegen seiner Erfahrung gern behalten. Nun aber spielt Duah für Aufsteiger Holstein Hoppers in der 1. Regionalliga und will keinen Wortbruch begehen. Immerhin wird er in der Steinberghalle noch einmal verabschiedet. Lediglich Ingo Knillmann (Anfang der 1980er-Jahre bis 1998) war länger in Gelb-Grün unterwegs.
Ein Elmshorner Fitnessstudio-Betreiber soll Kopf einer bundesweiten Dopingmittel-Bande sein. 230 Polizisten durchsuchen im November 41 Objekte in sechs Bundesländern. Wegen Fluchtgefahr kommt der mutmaßliche Täter in U-Haft. Ihm werden 117 Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz zur Last gelegt. Durch den Handel soll sich der 62-Jährige eine „fortlaufende und lukrative Einnahmequelle“ geschaffen haben.
Eine kanadische Firma möchte zwischen Barmstedt und Bornhöved Fördermöglichkeiten von Erdgas und Erdöl ausloten. Politiker und Umweltschützer lehnen das umstrittene Fracking-Verfahren, bei dem unter hohem Druck Risse mittels eines Wasser-Sand-Chemikalien-Gemisch in Gesteinsschichten entstehen, ab. Es gibt große Umweltschutzbedenken. Im Kreistag ist eine Resolution geplant. Urte Steinberg (parteilos) wird neue Bürgermeisterin in Pinneberg. Sie ist die Kandidatin der Großen Koalition aus CDU und SPD und bekommt 6376 von 11.097 Stimmen (57,46 Prozent).
Der Schenefelder Energie- und Umweltingenieurin Saskia Oldenburg kam im Pferdestall die Idee, aus Pferdehinterlassenschaften Energie entstehen zu lassen. Nun forscht sie an einer Aufbereitungsanlage und möchte ein Aggregat für Biogas-Anlagen bauen. „Pferdemist als Energielieferant interessierte bislang keinen. Dabei zeigen Untersuchungen, dass ein hohes Potenzial vorhanden ist“, sagt sie. Im Kreis gibt es 30 Reitvereine und 40 große Betriebe, die bislang auf ihrem Mist sitzengeblieben sind.
Der Wedeler Musik-Dozent Oslen Ceballo, der aus Havanna (Kuba) kommt, ist für den Musik-Preis Grammy in der Kategorie Best Tropical Latin Album nominiert. „Ich dachte erst, das Ganze wäre ein Scherz“, sagt er über die Nominierung. Der Preis wird im Februar 2013 vergeben – leider an eine Gruppe aus Puerto Rico.
Die nächste Folge erscheint wegen der Weihnachtsfeiertage und Silvester am 8. Januar.