Kreis Pinneberg. Umfrage: Lage im Kreis Pinneberg könnte kaum besser sein. Doch viele Betriebe müssen Aufträge ablehnen. Was das Problem ist.
Die Auswirkungen des monatelangen Corona-Lockdowns haben jetzt auch die Wirtschaft im Kreis Pinneberg hart getroffen. Zwei von drei Betrieben haben mit akuten Lieferengpässen zu kämpfen. Das ist das Ergebnis der halbjährlichen Umfrage des Unternehmensverbandes Unterelbe-Westküste (UVUW), die die Geschäftsführer Ken Blöcker und Sebastian Koch jetzt aus ihrer November-Befragung, an der 33 Unternehmen teilgenommen haben, vorgestellt haben. Im Sommer war es nur knapp mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen, die lange auf Roh- und Fertigungsstoffe warten musste.
„Die Engpässe sind nicht mehr nur Sand im Getriebe unserer hiesigen Wirtschaft, sie sind inzwischen enorme Steine auf dem Weg aus der Corona-Krise“, fasst Blöcker zusammen.
Dabei seien die Firmen im Kreis Pinneberg besonders stark von dieser Entwicklung betroffen. „Der internationale Handel lässt hier die Lieferketten besonders ins Stocken geraten“, sagt Mitgeschäftsführer Sebastian Koch. In den anderen Regionen des Unternehmensverbandes an der Westküste sei dieses Problem noch nicht so ausgeprägt. Beinahe jedes fünfte Unternehmen aus dem Kreis Pinneberg sei bereits auf Grund des Materialmangels nicht mehr in der Lage, neue Aufträge anzunehmen, sondern müsse sie ablehnen.
Diese Entwicklung habe bei den befragten Betrieben bereits zu Preissteigerungen geführt. „Das fehlende Material auf dem Markt lässt die Beschaffungspreise in die Höhe schnellen“, sagt Blöcker. „Daher sahen sich auch im zurückliegenden Halbjahr bereits 65 Prozent der Unternehmen gezwungen, die eigenen Preise entsprechend anzupassen.“
Problem ist auch ein Grund für die zurzeit hohe Inflation
Nahezu alle Unternehmen, die vom Rohstoffmangel betroffen sind, gäben die erhöhten Preise, die sie an ihre Lieferanten zahlen müssten, „eins zu eins an ihre Kunden weiter“. Das sei mit ein Grund dafür, dass die Inflationsrate in Deutschland bereits bei mehr als fünf Prozent liege. Eine kurzfristige Entspannung der Situation ist aus Sicht des Verbandes nicht in Sicht. „Die anziehende Nachfrage in vielen Weltregionen verschärft die Probleme und führt zu weiter steigenden Preisen.“
Dabei geht es den Betrieben rein wirtschaftlich wieder recht gut, wie die konjunkturellen Eckdaten aufzeigen, die der Verband alle sechs Monate seinen 400 Mitgliedsbetrieben zur Verfügung stellt. Für ein Drittel der befragten Unternehmer ging es im zweiten Halbjahr dieses Jahres wieder aufwärts. Das erwarten ebenso viele für das neue Jahr. Allerdings sei auch ein Drittel unsicher, ob sich die gute Geschäftserholung fortsetze oder durch neuerliche Einschränkungen der Bundesregierung wieder abgewürgt werde.
Nur noch eines von elf Unternehmen klagt zurzeit über eine schlechte Geschäftsentwicklung. Für 58 Prozent ist sie gut, für ein Drittel saisonüblich. Jedes zweite Unternehmen hat eine bessere Auftragslage als noch im Sommer. Nur in jedem achten Betrieb ist sie gesunken. Das führte im Kreis Pinneberg zu einer Auslastung der Unternehmen von 89 Prozent, das ist der höchste Wert im gesamten Verbandsgebiet, das sich von Sylt bis Wedel erstreckt. Dieser Wert ist von vor einem Jahr, als er bei 82 Prozent lag und im Sommer auf 85 Prozent stieg, kontinuierlich gewachsen.
Doch trotz der vollen Auftragsbücher gerate die Wirtschaft in vielen Branchen ins Stocken. Nicht nur wegen des Lieferengpasses. Auch der Fachkräftemangel habe sich weiter verschärft, sagt Verbandssprecher Blöcker.
Der Wunsch, Personal einstellen zu wollen, ist da
Mehr als jedes zweite Unternehmen klage darüber, nicht mehr genügend gute Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt gewinnen zu können. Und sogar vier von zehn Betrieben gelingt es der Umfrage zufolge nicht, überhaupt neue Mitarbeiter oder Auszubildende einstellen zu können, so Blöcker. „Der Wunsch, Personal einstellen zu wollen, ist zwar da. Aber der Arbeitsmarkt gibt es nicht her.“
Für die Arbeitnehmer sei dies im Moment eine gute Situation. Neun von zehn Unternehmen haben ihr Personal gehalten oder sogar aufgestockt. Das plant ein ebenso großer Anteil für das nächste Jahr. „Die Arbeitsplätze sind sicher“, sagt Verbandssprecher Blöcker. „Schließlich mangelt es auch nicht an Arbeit.“