Pinneberg. Drostei ist Gastgeberin der 68. Landeskunstschau des Bundesverbands Bildender Künstler. Was es dort alles zu sehen gibt
Wie zufällig vom Stuck heruntergetropft, direkt auf einen seegrünen Spiegel; ein wunderschöner Haufen cremeweißer Schnörkel. Auf den zweiten Blick der Kopf einer drolligen französischen Bulldogge und auf den dritten letztlich dann umschlungene menschliche Körper, sorgfältig platziert auf einer mit dem Titel des Werkes eingravierten seegrünen Scheibe: „anormors“ von Britta Hansen. Renommierte Künstler des Landes präsentieren ihre Werke von Sonntag an in der 68. Landeskunstschau. Bis zum 13. Februar öffnet die Pinneberger Drostei ihre Flügeltüren für Kunstbegeisterte.
Die künstlerische Leiterin der Drostei, Stefanie Fricke, und der Landesvorsitzende des Bundesverbands Bildender Künstlerinnen und Künstler, Anders Petersen, haben sich über die Anfrage, die diesjährige Landeskunstschau in der Drostei auszurichten, riesig gefreut. „Da war nicht lange zu überlegen, das ist für uns eine ganz schöne Anerkennung“, sagt Fricke. „Die Landesschau ist natürlich ein Publikumsmagnet.“ Der 62-jährige Elmshorner Anders Petersen stellt selbst eines seiner Werke zur Schau: „Sporting Life Blues“. Manch ein Blueskenner sollte hier aufhorchen: Inspiriert hat den Künstler nämlich der gleichnamige Song von J. J. Cale und Eric Clapton, und zwar von dem Vers „Change your way“, übersetzt: Ändere deine Gewohnheiten. Diese für den Blues eigentlich ungewöhnliche Aufforderung nahm Petersen und transportierte sie ins Zweidimensionale: auf die Leinwand. Dafür montierte er ein Zinkblech auf Holzplatten und bearbeite es mit Farbe, bis es eine bestimmte Tonigkeit erreichte. Anschließend begann Petersen, die Farbe nach und nach abzuschaben, wodurch Bearbeitungs- und Verletzungsspuren die Zinkscheibe prägten. Auf der einen Seite die Ruhe, die Nachdenklichkeit des Blues, auf der anderen Seite der Schwung, entstanden durch den Imperativ der Lyrics - das ist das Gefühl, das zuletzt bei den Rezipienten ankommt.
Landeskunstschau: Eine Jury hat die ausstellenden Künstler ausgewählt
Von drahtig-hölzernen Affen, deren grobe Oberflächenstruktur gebrochen wird durch flauschiges, cremeweißes Fell, über fröhlich-bonbonfarbige Quartette mit Kategorien wie Inkubationszeit und Letalität bis hin zu dem Brausen des Windes, transportiert in den Raum über einen Fernseher, der die wehende Deutschlandflagge zeigt – abwechslungsreich, aber in sich stimmig: Werke von Nana Katharina Schulz („Affe“), Peter Rathmann („Seuchenquartett“) und Reinhard Zielonka („Irgendwas stört mich daran“). Sie werden verbunden durch eine konzeptionelle, spürbare Idee. Diese Diversität macht die Landesschau besonders: Dank der vollkommen freien Themenwahl zähle zuerst die Qualität der Werke und danach die Frage der Realisierbarkeit, wie Anders Petersen erklärt. Aufgrund der Größe der Pinneberger Drostei sei die Teilnehmerzahl eben noch begrenzter als in den vorherigen Jahren.
Aber wer darf teilnehmen? Diese heikle Auslese hat die diesjährige Jury getroffen, bestehend aus Britta Hansen, Karin Hilbers, Lena Kaapke, Cora Korte, Kerstin Mempel, Julia Knabbe, Susanne Adler und Ersatzjurorin Peggy Stahnke. Erfahrungsgemäß stößt die Auswahl dann am Ende doch oftmals auf Unmut. „Die Künstler treten hier mit ihrem Innersten in Erscheinung, da kommt natürlich ganz schön viel Emotion mit rein. Manche sind dann schon verletzt“, sagt Fricke.
Landeskunstschau: Besucher können für Publikumspreis abstimmen
Einfach wird es auch für die Besucher nicht: Jeder Gast darf im Anschluss an den Besuch ein Votum abgeben. Zur Finissage am 13. Februar werden die Stimmen dann zusammengezählt und so der Publikumspreis vergeben.
Schon am Eröffnungstag werden der mit 1000 Euro dotierte Förderpreis des Rotary Clubs Pinneberg und der Landesschaupreis vergeben. Letzterer gilt als der am höchsten dotierte, jedoch nicht wegen der Entlohnung: Durch einen eigenen Katalog und eine Einzelausstellung genießt der Gewinner ein ausgezeichnetes Renommee. Mit dabei sind Pinnebergs Landrätin Elfi Heesch und Schleswig-Holsteins Kulturministerin Karin Prien (CDU).
Landeskunstschau: Hoffentlich gibt’s keine Scherben
Reichlich zu sehen gibt es also allemal – etwas explizit Greifbares ist wiederum auch dabei, ausdrücklich aber nur mit den bereitgestellten Handschuhen anzufassen. Corinna Kraus steckt mit „Kunstkulturen – ein Kulturtagebuch“ unfassbares Vertrauen in die Besucher. 36 bemalte Petrischalen zum Anfassen und Drehen, offen, gefüllt mit verschiedensten kleinteiligen Blättern, Steinen und Formen. „Ich hoffe, ich muss hier am Ende nichts auffegen“, sagt Drostei-Chefin Fricke und lacht.
Wer es nicht schafft, die Ausstellung zu besichtigen, könne dies hoffentlich noch vor Weihnachten virtuell tun. Von den restlichen regulären Besuchern wünschen die Veranstalter sich, dass sie trotz 2G-Regel freiwillig ihren Mund-Nasenschutz aufbehalten.
68. Landesschau des BBK: ab So. 12.12., 12 Uhr, frei; bis 13.2. Mi–So 11–17 Uhr, Drostei, Dingstätte 23, Pinneberg; Einritt: vier Euro/ 2 Euro ermäßigt/ frei für Schüler, Studierende, Freiwilligendienste, Sozialpass-Inhaber