Halstenbek/Rellingen. Neue Konflikte bei geplantem sechsspurigen Ausbau. So wollen die Autobahnplaner die Probleme aus dem Weg schaffen.

Es war die dritte und zunächst letzte Planungswerkstatt zum sechsspurigen Ausbau der A23 bis Tornesch. Dieses Mal ging es um den südlichsten Abschnitt zwischen Pinneberg-Süd und dem Autobahnkreuz Hamburg-Nordwest, von dem vor allem die Anwohner in Halstenbek und Rellingen betroffen sind. Die Autobahnplanungsgesellschaft Deges hatte etwa zwei Dutzend Vertreter aus Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Umweltverbänden zum Diskutieren und Planen ins Wolfgang-Borchert-Gymnasium eingeladen.

A23: Meinungen zu Autobahnausbau gehen auseinander

Das Stimmungsbild unter den Teilnehmern reichte wie bei den Planungswerkstätten zuvor in Kummerfeld und Rellingen von strikter Ablehnung des Ausbaus bis zu voller Zustimmung. Diese Ambivalenz zeigte sich bei den politischen Vertretern. So sagte Gerhard Carlsson (SPD): „Wir glauben nicht, dass unsere Verkehrsprobleme durch den A23-Ausbau gelöst werden.“ Darum habe seine Fraktion auch eine Resolution gegen den Ausbau angestrengt, die der Halstenbeker Gemeinderat mehrheitlich beschlossen hat. Offenbar gegen die CDU. Deren Fraktionschef Andreas Pauli sagte: „Wir halten es für dringend notwendig, dass die Autobahn sechsspurig ausgebaut wird. Wir brauchen das für unseren Wirtschaftsstandort und als gute Verkehrsanbindung nach Hamburg.“

Ebenso positiv äußerten sich die Vertreter aus der Wirtschaft. Thomas Jansen von der IHK Kiel sagte: „Die A 23 ist die Verbindungs- und Erschließungsautobahn für die Güter- und Pendlerverkehre im Unterelberaum. Darum ist der Ausbau dringend nötig und ein wichtiger Faktor für die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes.“ Dagegen lehnt der Naturschutzbeauftragte des Kreises Pinneberg, Rainer Naujox, der selbst in Rellingen dicht an der Autobahn lebt, den Ausbau kategorisch ab. „Ich bin konsequent dagegen.“

A23: Lokale Wirtschaft für den Autobahnausbau

In der weiteren Diskussion, in der die Teilnehmer ihre Verbesserungsvorschläge mit Merkzetteln direkt auf eine große Karte legen konnten, erwies sich Naujox als gut vorbereitet. So dürfe die Pinnau-Niederung, die die A 23 hier kreuzt, als EU-geschütztes FFH-Gebiet „nicht schlechter gestellt“ werden. Was Deges-Projektleiter Benedikt Zierke bestätigte. Für die Anschlussstelle Halstenbek-Krupunder, wo sich der auf- und abfahrende Pendlerverkehr morgens und abends staue, forderte Naujox, Kreisverkehre zu schaffen, um die Lübzer, Gärtner- und Kellerstraße zu entlasten. „Der Stau dort hat nichts mit dem sechsspurigen Ausbau zu tun.“

Auch das scheinen die Autobahnplaner im Blick zu haben. So warf Projektleiter Zierke mehrere Alternativ-Varianten an die Wand, wie die Auf- und Abfahrten gerade in Krupunder verbessert werden könnten. In Frage kämen dafür insbesondere „Tangentialrampen“, die nicht im weiten Bogen, sondern ganz dicht an die Autobahn herangeführt werden, wie es sie häufig in den Niederlanden gebe. Zierke versprach: „Wir wissen, die Knotenpunkte müssen ertüchtigt werden.“ Dafür kämen auch zusätzliche Fahrstreifen auf den Abfahrten in Frage.

Für Sven Lange, Geschäftsleiter von Möbel Schulenburg, ist die Verkehrssituation an genau dieser Anschlussstelle von erheblicher Bedeutung. „Die A 23 ist unsere Lebensader. Der Stau vor unserer Tür ist immens.“ Er schätzt, dass mehr als 10.000 Besucher täglich mit dem Fahrzeug über dieses enge Drehkreuz in die Möbelmeile führen. „Wir allein haben schon vierstellige Besucherzahlen pro Tag.“ Auch für die „Mitarbeiter-Gewinnung“ sei es von entscheidender Bedeutung, ob und wie schnell sie ihren Arbeitsplatz erreichen könnten.

A23: Autobahndeckel für Lärmschutz in Rellingen

Malte Krüger, der seit elf Jahren in der Bäckerstraße nahe der Abfahrt Halstenbek-Rellingen lebt, hat sich mit dem Verkehrslärm arrangiert, wie er sagt. „Im Haus höre ich gar nichts.“ Laut seien vor allem die schweren Lkw, sagt er. Von 81.100 täglichen Fahrzeugen seien es nach Deges-Angaben 7300 Lkw auf diesem Streckenabschnitt. Bis 2030, wenn die zwei zusätzlichen Fahrspuren hinzugekommen sind, soll der Anteil des Schwerlastverkehrs sinken – auf 6700 von täglich 86.000 Fahrzeugen.

Hartmut Teichmann von der Pinneberger Kreisverwaltung, der federführend die Radschnellwege in der Metropolregion plant, fordert beim A 23-Ausbaus die Zubringerfunktion zum Radschnellweg Elmshorn – Hamburg zu beachten, der südlich an der dort verlaufenden Bahnlinie entlang führen werde. Zumal zwischen Halstenbek und Rellingen der erste Abschnitt dieses Radschnellweges realisiert werden soll. Die Deges-Planer notierten diesen Einwand und versprachen, ihn zu berücksichtigen.

Rellingens Bürgermeister Marc Trampe notierte auf seinen Merkzetteln die beiden Deckel an der Anschlussstelle Krupunder, die der Verkehrsausschuss seiner Gemeindevertretung gerade beschlossen hat, um einen optimalen Lärmschutz für die Anwohner zu erreichen. Zudem bat er dringend darum, dass an der Anschlussstelle Pinneberg-Süd künftig nur noch nach links in Richtung Pinneberger Innenstadt abgefahren werden sollte. „Wir möchten den historischen Ortskern von Rellingen schützen.“ Der meiste Verkehr würde nur durchfahren.

A23: Verunsicherung bei Grundstücksbesitzern

Zudem wurden breitere Brücken gefordert, um ausreichend Platz für den Radverkehr zu schaffen. Der Naturschutzbeauftragte Naujox brachte noch den Ausgleich von Natur, Grund und Boden ins Spiel. Im Kreis gebe es kaum noch Ausgleichsflächen. Projektleiter Zierke beruhigte: „Das ist unser Problem. Ohne Ausgleichsflächen werden wir den Planfeststellungsbeschluss, den wir bis 2025 anstreben, nicht erhalten.“

„Und die privaten Grundstücke?“, wollte Naujox wissen. „Viele Bürger sind total verunsichert.“ Dazu Zierke: „Wir werden mit allen Betroffenen als erstes sprechen. Aber wir können noch nicht beziffern, wie viele Eigentümer vom Eingriff betroffen sein werden.“ Eine Karte deutete allerdings an, dass es zu etlichen Konflikten entlang der Ausbaustrecke kommen könnte. Ein Dutzend rote Linien markierten die Problemfelder – von der Gärtnerstraße bis zur Wachtelstraße in Rellingen und von der Bäckerstraße bis zur Süntelstraße in Halstenbek.