Pinneberg. Jubiläums-Ausstellung in der Pinneberger Drostei läuft bis 12. November. Was die Künstler und Künstlerinnen zeigen.

Die wichtigsten Momente der eigenen Geschichte abzuschreiten, schien den Mitgliedern der Künstlergilde zu ihrem 70-jährigen Bestehen nicht der richtige Weg. Lieber wollen sie sich in ihrer neuen Ausstellung in den Gartensälen der Pinneberger Drostei in der Gegenwart verankert sehen und nur gelegentlich den Blick zurück werfen.

Künstlergilde: Neue Ausstellung zum 70-jährigen Bestehen

Im Gründungsjahr 1951 sollte die Gilde „den Schaffenden Orientierung in der neuen Zeit und neuen Freiheit geben, sie unterstützen, gemeinsame Ausstellungen und Veranstaltungen organisieren“, heißt es in einer Mitteilung. Seitdem sind darin Maler, Bildhauer und Fotografen versammelt, die sich einmal im Monat treffen.

Das Zentrum der Ausstellung bildet ein Gemeinschaftswerk, für das die beteiligten Künstler je eine quadratische Leinwand bearbeitet haben, darunter viele Selbstporträts. Ein kraftvolles, ausgewogenes Ölbild des Gründungsmitglieds Martin Allenberg hängt im ersten großen Raum. Es ist 1952 entstanden und bezeichnet den Wendepunkt in der deutschen Malerei, die vom Kunstfraß der Blut-und-Boden-Ideologie umschwenkte in die Moderne, zu Abstraktion, Verrätselung und einer neuen Art des Narrativs.

Künstergilde zeigt Werke in der Pinneberger Drostei

Die Gilden-Schau, kuratiert von Christiane Schedelgarn und Michaela Berbner, hat keinen roten Faden oder inhaltlichen Überbau. „Wir haben die Werke so gehängt, dass sie in Harmonie zueinander stehen oder Kontraste bilden, nach Kriterien des Stils oder der Farbigkeit“, sagt Berbner. Neben Martin Allenberg hängt eine Fotografie von Claudia Schnack, die unter einer Stahlbrücke an den Hamburger Deichtorhallen entstanden ist. Das Spiel mit Licht und Schatten angesichts der Struktur der Brücke – das hat die Fotografin interessiert. Der Freddy Rode hat einen über einer dämmrigen Landschaft schwebenden Adlerkopf gemalt – als Mahnung, dass die Menschheit ihren Kurs ändern muss.

Martin Musiol, der in einem zweiten Raum mit einem seiner faszinierenden Selbstporträts vertreten ist, das er aus gestaffelten Wellpappeschichten herausgeschnitten hat, zeigt im ersten Saal ein Gemälde aus den Achtzigern. Fragmentarisch ist darauf ein Mann mit wutverzerrtem Gesicht zu sehen. „Ich wollte diesen Moment einfrieren“, sagt Musiol, der viele Jahre mit schwierigen Jugendlichen gearbeitet hat.

Von Gudrun Probst lagern hier ein paar ausgezeichnete Kleinskulpturen auf Sockeln. Sie kombiniert hölzerne Fundstücke vom See- oder Elbufer mit selbst geschaffenen und dann gezielt aufgebrochenen Keramikteilen.

Künstlergilde zeigt vielfältige Kunst in Pinneberg

Renate Fürst wiederum hat in mehreren Schichten zeichenhaft das Verrinnen der Zeit, das Zerfallen der Worte festgehalten und geht auf das Abbrennen der Textilfabrik in Bangladesh ein – als Beispiel zerstörerischen kapitalistischen Wirtschaftens. Ihr geht es um das kritische Reflektieren. An der Stirnseite hat Michaela Berbner ein eigenes Frauenporträt platziert, das stark vergrößert den Betrachter dazu einlädt, die Malweise, die Farbflecken zu studieren, aus denen sich ein lebendiges Antlitz zusammensetzt. „Diese Momentaufnahme soll viel Bewegung einfangen. Mir geht es um die Frage, wie viel wir von anderen Menschen wahrnehmen und erfassen können, wenn wir sie ansehen“, sagt sie.

Eine abstrakte Position variiert Christiane Schedelgarn, indem sie über aufgetropftem Holzleim mit Pastellfarben und breitem Kohlestift experimentiert und den Formungen des Zufalls gelegentlich Figuratives abgewinnt, das sie durch darunter gelegte Fäden unterstreicht. Große Kreativität und Probierlust legt Silke Günther in ihren Fotografie-basierten, mit Malerei verfeinerten Collagen an den Tag. Ihr geht es um die große Freiheit, künstlerisch und auch anderswie.

Jubiläumsausstellung bis 21. November, Drostei, Dingstätte 23, Pinneberg. Geöffnet Mi bis So 11 bis 17 Uhr. Eintritt frei.