Pinneberg. Das Hotel Cap Polonio hat jetzt eine Plakette erhalten. Was das mit Denkmalschutz und einem alten Dampfer zu tun hat.
Die Fassade in ausgesuchtem Weiß, die Balken in noblem Blaugrün neu gestrichen, ist das Hotel Cap Polonio nach Monaten unter der Plane aufgetaucht und überstrahlt jetzt in neuer alter Schönheit die Straße. Selbst die halbe Sonne oben unterm Spitzgiebel schimmert wieder in einer frischen Lage Blattgold.
So schön war Pinnebergs bekanntestes Hotel mit dem weit und breit besten Restaurant seit Jahrzehnten nicht mehr. Weil die vier Familien, die das Haus seit vier Generationen führen, von Anfang an das Amt für Denkmalschutz mit einbezogen haben, kamen am Dienstag zwei Vertreter der Behörde, um dem Geschäftsführer Philipp Harder-Lobe und dem Küchenchef Marc Ostermann die emaillierte Denkmalplakette zu überreichen.
Cap Polonio: Farbschichten wurden vorsichtig abgetragen
Glückliche Gesichter, wohin das Auge blickt: Nicht nur für Philipp Harder-Lobe und Marc Ostermann ist dies ein wichtiger Tag. Auch Berthold Köster vom Landesamt für Denkmalpflege und Antje Metzner (Untere Denkmalschutzbehörde) freuen sich, dass die Zusammenarbeit so gut und konstruktiv gelaufen ist. „Als wir sanieren wollten, haben wir Dr. Köster kontaktiert. Denn den historischen Hintergrund kennt man ja gar nicht“, sagt Ostermann.
Köster habe dann vorsichtig die Farbschichten abgetragen und so den Originalanstrich zutage gefördert. „Mit dieser Methode können wir Bauherren überzeugen. Da findet momentan ein Umdenken zurück zu den Wurzeln statt“, sagt Berthold Köster. „Wir sind froh, dass unsere Empfehlungen zum Wohle des Denkmals hier umgesetzt wurden.“
Der Urgroßvater ließ das Inventar in 65 Barkassenfuhren nach Pinneberg schaffen
Erbaut hat das stattliche, vom Jugendstil und von Elementen des Heimatstils geprägte Gebäude der Architekt Theodor Sievers im Jahre 1908. Seit 1935 ist es in Familienhand. Zu der Übergabe der Plakette erscheinen Philipp Harder-Lobe und Marc Ostermann, die beide hier aufgewachsen sind und sich mit dem Haus tief verbunden fühlen. Ihr Urgroßvater Otto Olbers hatte einst das Haus gekauft und dafür später Teile des Inventars des Dampfschiffs „Cap Polonio“ ersteigert, auf dem er selbst Leitender Ingenieur gewesen war.
Der einst so imposante Dampfer, der regelmäßig nach Südamerika schipperte, war ausgemustert worden. In Pinneberg schwenkte Olbers in Richtung Nobelhotel um und ließ die Mobiliarteile in 65 Barkassenfuhren über die Elbe und die Pinnau hierher verschiffen und dann per Pferdewagen an den Fahltskamp bringen: die Wandvertäfelung aus Rosenholz, Ledertapeten, Lampen und Heizkörperverkleidungen aus Messing. Manch ein Pinneberger soll sich damals an die Stirn getippt haben. Olbers’ Verrücktheit ist heute ein Glück.
Zwischenzeitlich, erzählt Philipp Harder-Lobe, sei der Luxusdampfer als Truppentransporter im Ersten Weltkrieg umfunktioniert worden und in englischer Hand gelandet, er wurde aber zurückgekauft und diente noch einige Zeit als Messeschiff im Hamburger Hafen. „Dank unserem Urgroßvater hat das Inventar bei uns überlebt“, sagt er.
Seit 2016 ist das Hotel Cap Polonio ein Kulturdenkmal
Seit 2016 ist das Haus nun wegen seiner besonderen Bedeutung vom einfachen Denkmal zum Kulturdenkmal aufgewertet worden. Dafür wurde am Dienstag die Denkmal-Plakette überreicht. „Wir sind stolz, froh und glücklich. Denn der Erhalt ist uns sehr wichtig“, sagen beide. „Weil’s eben Charme hat“, fügt Ostermann hinzu. „Es ist nicht Nullachtfünfzehn, nicht austauschbar. Und es ist unser Zuhause geblieben. Wir leben und arbeiten hier. Das kann man kein zweites Mal mehr machen. Und die Wohnzimmeratmosphäre, die das hier hat, die kommt durch unsere vielen Gäste zurück, weil das meiste andere ja austauschbar geworden ist.“ Auch Philipp Harder-Lobe ist dankbar, „dass unsere Familie die Stahl-Glas-Betonphase durchgestanden und das hier alles erhalten hat. So, dass man es gern anguckt.“
Der Bau sei identitätsstiftend, sagt Berthold Köster. Genau im Sinne des Denkmalschutzes werde hier die Substanz für die nächsten Generationen erhalten: „So eine Architektur hilft ja den Menschen in 50, 80 Jahren, in die Geschichte hinabzutauchen“, so Köster.
Das Knarren der Bodenbretter gehört für Marc Ostermann zur gemütlichen Atmosphäre
Der plattenbauähnliche Anbau kam 1976 hinzu, weil mehr Zimmer gebraucht wurden, in den Achtzigern wurde nochmals aufgestockt. Inzwischen wird die Zahl der Zimmer wieder reduziert, werden die Räume vergrößert. Weil die Zahl der Übernachtungen rückläufig ist, insbesondere bei den Geschäftsreisen.
Das Knarren der Bodenbretter gehört für Marc Ostermann ebenso zu der gemütlichen Atmosphäre, die er an seinem Restaurant so liebt, wie die Holzvertäfelung. Er ist der Erste aus der Familie, der die Küche übernommen hat.
Die schwierige Corona-Lockdownphase hat die Familie für die Sanierung genutzt. Ostermann öffnet sein Restaurant jetzt nicht mehr jeden Tag, sondern nur noch von Donnerstag bis Sonntag. An Weihnachten und Silvester hat er wegen Corona auf Bestellung Gerichte zum Mitnehmen gekocht – immer in Sorge, dass auch die Qualität stimmt. Denn Ostermann ist ein Zauberer. „Ach“, winkt der Gourmetkoch ab, „ich liefere nur Handwerk ab.“ Nein. Es sind Delikatessen, die er abliefert. Tag für Tag.
Restaurant Rolin Küchenannahme: Do bis Sa 18 bis 20 Uhr, So 12 bis 14 Uhr. T. 04101/5330.