Pinneberg. Der Handel ist im Wandel, Läden ziehen um, einzelne Branchen kommen groß raus. Und: Das Einzelhandelsgutachten liegt vor.

Im November wird Pinnebergs Fußgängerzone um eine Attraktion reicher. Dann eröffnet im Fahltskamp 1 eine Filiale der Teigkringelkette Royal Donuts. Deren Gebäck ist zurzeit so angesagt, dass in der Kölner Royal-Donuts-Urzelle an der Luxemburger Straße und auch vor vielen anderen Filialen die Fans dieses bunten Naschzeugs drei, vier Stunden in ewig langen Schlangen darauf warten. In Pinneberg ist die Neuansiedlung von Royal Donuts nicht die einzige Neuigkeit. Der O2-Telefonladen am Lindenplatz vergrößert sich und zieht in ein leeres Ladenlokal gegenüber, und der Optiker Fielmann wechselt nach Abendblatt-Informationen vom Fahltskamp ebenfalls an den Lindenplatz. Dorthin, wo vorher Mister Lady war.

In der Innenstadt ist also viel Bewegung, nicht immer in die gewünschte Richtung, denn an den leeren Flächen ist die Krise des Einzelhandels, bedingt durch Internetkäufe und beschleunigt durch die langen Corona-Lockdowns, deutlich abzulesen. Neue Ideen und neue Konzepte sind notwendig, weshalb die Stadt bei der Beratungsfirma Cima ein Einzelhandelsgutachten in Auftrag gegeben hat, das am Dienstagabend im Stadtentwicklungsausschuss erörtert wurde.

Gutachten: Pinneberg braucht mehr „qualitative Angebotsvielfalt“

Eine der Kernaussagen der 120-Seiten-Analyse: Entwicklungspotenzial liege in einer „Verbesserung der qualitativen Angebotsvielfalt“. Gerade vor dem Hintergrund des intensiven Wettbewerbs mit Hamburg solle die Pinneberger Innenstadt die eigenen Stärken in Angebot und Service herausstellen. Während andernorts die Filialisten dominierten, habe Pinneberg „die Chance, sich über individuelle Ladenkonzepte zu profilieren. Darüber hinaus bestehen (...) Gestaltungsspielräume, zum Beispiel in den Branchen Schuhe, Lederwaren und Spielwaren“.

Die Umfrage der Cima unter Pinnebergern und Menschen aus den Umland gemeinden ergibt ein durchwachsenes Bild: Der „unattraktiven“ Innenstadt hafte ein negatives Bild an, so das Fazit. Parkplätze seien teuer und das Angebot nicht vielfältig und nicht gut genug. Was den von der Cima Befragten fehlt, sind neben den bereits Genannten Geschäfte für Elektroartikel und Unterhaltungselektronik, für Bekleidung und Wäsche und für Hausratartikel wie Glas und Porzellan. Originelle Beispiele, die die Cima später anführt, sind inhabergeführte Läden aus kleineren Städten mit besonderem Sortiment, etwa eine Kaffeerösterei, ein Hofladen mit Unverpackt-Zone, ein Stoffgeschäft mit Geschenkeecke. Die Kaufkraft in der Stadt liege über dem Bundesdurchschnitt, da ist also ein interessantes Reservoir besser nutzbarer Möglichkeiten.

Nur 39 Prozent der Händler reagieren online auf Postings ihrer Kunden

Digitale Kommunikation wird von den meisten Einzelhändlern gepflegt, 53 Prozent haben eine eigene Website, viele bieten Click & Collect an. 67 Prozent sind über Facebook zu finden, und immerhin 27 Prozent haben einen eigenen Facebook-Account. Aber es hapert noch bei der Kommunikation mit Kunden. Laut Cima reagieren nur 39 Prozent der Händler auf Fragen und Postings der Kunden.

Royal Donut ist nicht inhabergeführt, sondern ein Franchise-Unternehmen, dem Corona in die Hände gespielt hat. Mit dem Partner des jungen Gründers, dem aus Aachen stammenden Türken Enes Seker, ist der künftige Pinneberger Filialleiter Benjamin Sadagic (28) seit 15 Jahren befreundet. Seker hatte offensichtlich den richtigen Riecher, als er vor gut zwei Jahren in Köln den ersten Royal-Donut-Laden eröffnete – aus dem Wunsch heraus, einfach einen Süßigkeitenladen mit seinen heiß geliebten Donuts aufzumachen und sich nicht mehr an der Uni mit blöder Physik herumzuärgern. Heute sind es weit mehr als 200 Filialen, und die Umsätze liegen geschätzt im achtstelligen Bereich. Eine unglaubliche Erfolgsgeschichte.

Donut-Laden wartet noch auf behördliche Genehmigung

Seker heißt auf Türkisch Zucker. Deshalb steht auf dem Türgriff „Sugar Family“. Was ja stimmt. Denn natürlich sind die Dinger süß und fettig. Was sollen sie auch sonst sein? „Der Hype ist sehr stark“, sagt Benjamin Sadagic, gelernter Mechatroniker, der bei Jungheinrich in Vollzeit als Prüfer arbeitet und sich damit ein zweites Standbein schaffen will. „Die Royal Donuts schmecken ja wirklich gut. Die sind was Besonderes, Extravagantes.“ Pinneberg hat er ausgesucht, „weil’s so was hier nicht gibt.“

Er will den Laden zusammen mit seiner Mutter führen. Und vier, fünf Leute einstellen. Noch ist das Ladenlokal am Fahltskamp leer. Die gläsernen Vitrinen werden bald geliefert. Die Genehmigung seitens der Behörden ließ ebenfalls lange auf sich warten. Die Begründung liefert Stadtsprecher Marco Bröcker: „Es handelte sich um eine Nutzungsänderung, der auch die Lebensmittelaufsicht des Kreises zustimmen musste. Anders als bei der vorherigen Nutzung werden im Donutladen ja nicht nur Lebensmittel verkauft, sondern auch bearbeitet.“ Stimmt. Jeden Morgen werden die Luxuskringel im Laden frisch aufgebacken, gefüllt und dekoriert.

1300 Instagram-Follower aus Pinneberg

Auf Instagram, jener Kommunikationsplattform, die dem Unternehmen Royal Donut zum entscheidenden Erfolg verholfen hat, hat Sadagic bereits 1300 Follower aus Pinneberg und Umgebung. Zur Eröffnung plant er ein großes Gewinnspiel. Zwei Männer haben die Wände im Laden pink gestrichen. Und auch der Pappkarton für das Gebäck ist pink, mit lustig bunten Donuts drauf. Ein bisschen wie beim Kindergeburtstag. Links vom Eingang will Sadagic eine Instagramwand einrichten, auf der die jüngere, vorwiegend weibliche Donut-Kundschaft ihre neuesten Fotos mit ihrem Lieblingskringel anheften kann. „Wir haben über 150 Sorten im Angebot. Man kann sie übers Internet für den Folgetag bestellen und auch selbst kreieren“, sagt er. „Wir werden dann sehen, was die Pinneberger am liebsten essen.“ Natürlich wird er auch ein Sortiment der beliebtesten Sorten täglich in der Vitrine haben – für Spontankäufer und die vielen Kunden, die nicht vorher bestellen wollen.

Was abends übrig bleibt, wird an Bedürftige gespendet

Und es ist wirklich feist, was sich dem Auge da bietet. Gefüllt sind die Donuts mit Vanille-, Schoko-, oder Pistaziencreme, verziert mit frischen Erdbeeren oder Heidelbeeren, gekrönt von Raffaellos, Toffifees, Limonenkeksen oder Oreos, Karamell oder Käsekuchenstückchen und liegend in einem Bett aus gefriergetrockneten Himbeeren. Sadagic nennt das „eine Geschmacksexplosion“. Es ist, wie Kinder sich das Schlaraffenland vorstellen.

Sein eigener Favorit ist inzwischen ein einfacher, mit Zimt und Zucker oder mit Apfelmus gefüllt. Imposante Torten für Geburtstage oder Hochzeiten hat Royal Donuts ebenfalls im Programm. Hinsetzen ist in der Filiale nicht möglich, aber einen guten Kaffee wird Sadagic anbieten. Der zweite Teil des Geschäfts wird über Bestellungen laufen, erwartet er. Was am Abend übrig bleibt, will er spenden an hilfsbedürftige Menschen.