Uetersen. Feuerwehrleute versuchten die reetgedeckte Museumsscheune zu retten. Letztlich stürzte das Dach ein. Gebäude brannte schon mal nieder.

Die berühmte Museumsscheune Langes Tannen in Uetersen (Kreis Pinneberg) ist in der Nacht zu Montag niedergebrannt. Wie ein Sprecher der Leitestelle West in Elmshorn am Morgen mitteilt, ist das Dach komplett eingestürzt. Rund 100 Feuerwehrleute kämpften über mehrere Stunden gegen die Flammen.

Langes Tannen: Museumsscheune zum zweiten Mal abgebrannt

​Es war 2.30 Uhr, als die Einsatzkräfte der Feuerwehr abrückten. 90 Minuten zuvor hatte Ute Harms erschöpft den Brandort verlassen. Machtlos hatte die Direktorin des Uetersener Museums Langes Tannen zuvor zusehen müssen, wie die wunderschöne reetgedeckte Scheune, in der sie ihre Sonderausstellungen zeigt, niederbrannte. „Ich stehe immer noch irgendwie unter Schock“, sagt sie am Montagmorgen. „Das ist irreal wie in einem Film.“

Die Schäden an der Fachwerkscheune sind verheerend, der Giebel ist eingestürzt.
Die Schäden an der Fachwerkscheune sind verheerend, der Giebel ist eingestürzt. © Katja Engler

Weder kann sie sagen, was zwischen all den verkohlten, niedergestürzten Balken vielleicht noch zu gebrauchen ist. Noch, was genau zerstört wurde und wie hoch der Schaden ist. Sie wartet auf die Kriminalpolizei, die den Schaden später am Tag auf einen mittleren sechsstelligen Betrag einschätzt. Ihr Kommen hat die Kripo für den Mittag angekündigt. Die Beamten sind dafür zuständig, die Schadensursache zu ermitteln. Die ist noch völlig unklar.

Das Feuer sei wohl im Obergeschoss ausgebrochen, sagt Ute Harms. Als sie am Sonntag gegen 21 Uhr eingetroffen sei, habe sie noch keine Flammen im Reetdach gesehen, nur zwischen den Balken habe man innen Flammenschein erkennen können. Gegen 20.30 Uhr war die Uetersener Feuerwehr von Augenzeugen alarmiert worden. Bis zu 150 Helfer aus sechs freiwilligen Feuerwehren der Umgebung kämpften dann die halbe Nacht lang gegen die Flammen.

Langes Tannen: Kunstwerke aus brennender Scheune gerettet

Anfangs gelang es den Kameraden noch, Bilder aus der laufenden Ausstellung zu bergen, ein Klavier und ein paar weitere Wertgegenstände. Danach entwickelte sich zu viel Rauch, und nach einer guten Stunde begann das Feuer, sich ins Reet hinein zu fressen, weshalb die Rettungsaktion abgebrochen werden musste. Die Löscharbeiten mussten dann zum großen Teil unter Atemschutz weitergehen.

Die benachbarte Bevölkerung war per Warn-App Nina aufgefordert worden, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Von außen wurden zwei Wenderohre über Drehleiter und Teleskopmast, ein mobiler Wasserwerfer und viele handgeführte Strahlrohre eingesetzt. Im weiteren Verlauf des Einsatzes brach der durchgebrannte Dachstuhl durch. Gegen 23 Uhr hatten die Kameraden das Feuer unter Kontrolle. Um Glutnester freizulegen, kam nach Mitternacht noch ein Bagger zum Einsatz.

Museumsscheune darf vorerst nicht betreten werden

„Das Feuer ist dort ausgebrochen, wo ich mein gesamtes Equipment gelagert hatte. Meine teuren Rahmen aus Ahornholz in allen Formaten, meine Sockel in allen Varianten, kleine Plexiglaswürfel, Stoffe, 80 sehr schöne Stühle, alte Kataloge und leider auch einige Möbel der Familie Lange. Es wird mir langsam klar, was alles verbrannt ist“, sagt Ute Harms später am Tag.

Museumsdirektorin Ute Harms steht am Montag fassungslos hinter dem Absperrband der Polizei.
Museumsdirektorin Ute Harms steht am Montag fassungslos hinter dem Absperrband der Polizei. © Katja Engler

Weil es momentan zu gefährlich sei, hatte ihr die Feuerwehr verboten, in das ramponierte Gebäude zu gehen. Im Innern tropft Löschwasser von den Balken. Die weißen Vorhänge, die die Studenten der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) als Raumtrenner in ihre Ausstellung „Tarot Trip“ gehängt hatten, schaukeln sanft in erstaunlich reinem Weiß im Morgenwind.

Bilder und die Druckplatten dieser Ausstellung konnte die Wehr ins Freie retten, Ute Harms hat die Kunstwerke nächtens ins benachbarte Herrenhaus getragen, damit sie keinen Schaden nehmen.

Langes Tannen: Scheune 1990 bereits abgebrannt

Der Luftentfeuchter steht nach dem Brand verwaist unter freiem Himmel, auf der anderen Seite der Scheune hängen Regalteile, ein Kühlschrank und noch mehr Metallteile aus der aufgebrochenen Fassade. Überall schauen Strohbüschel heraus – die Reste des Reetdaches.

Am 27. Januar 1990 war das Gebäude schon einmal abgebrannt. Da war Ute Harms noch nicht in Uetersen tätig. 1992 war die Scheune aus dem Jahre 1762 wieder aufgebaut worden. „Damals war es eindeutig Brandstiftung“, sagt die Direktorin, die das Haus seit 2003 leitet.

So sah die 1992 wieder aufgebaute Scheune vor dem Brand aus.
So sah die 1992 wieder aufgebaute Scheune vor dem Brand aus. © Manfred Augener

Wo soll jetzt das Geld für neue Rahmen herkommen? So wichtige Dinge hätten schließlich der Freundeskreis und die regionalen Banken bezahlt. Nochmals extra schlimm sei dieser Schlag, weil Corona fast alle Ausstellungen verhindert hat. Endlich hatte es wieder angefangen mit dem kulturellen Leben in Uetersen – und jetzt das.

Museumsleiterin sicher: Scheune kann wieder aufgebaut werden

Für Dezember hatte Ute Harms mit Lehrern des Ludwig-Meyn-Gymnasiums die vierte SchulArt-Ausstellung vorbereitet, die am 17. Dezember eröffnet werden sollte. „Ich muss jetzt sehen, was ich da machen kann. Das ist alles noch zu frisch. Aber so traurig ich auch bin, es muss ja weitergehen“, sagt Ute Harms. Zum Glück seien die Gebäude versichert, „die Scheune kann wieder aufgebaut werden“, meint sie.

Die Gründung des Museums Langes Tannen beruht auf der Schenkung der Villa seitens der Familie Lange. In deren klassizistischem Herrenhaus inmitten des Parks ist bislang das Original-Inventar dieser großbürgerlichen Uetersener Familie zu sehen. Der Museumsbetrieb geht trotz des Scheunenbrandes weiter.