Elmshorn. Baum steht Ideen fürs Sanierungsgebiet Krückau-Vormstegen im Weg. Wird er gefällt, oder muss die Stadt umplanen?

Versetzen, fällen oder stehen lassen? Ein Thema voller Emotionen, fast wie eine unendliche Geschichte. Die imposante Blutbuche an der Schauenburger Straße in Elmshorn soll gefällt werden – wenn es nach der Stadtverwaltung geht. Ist das doch laut Rahmenplan für den Stadtumbau im Sanierungsgebiet Krückau-Vormstegen ursprünglich vorgesehen und sogar 2011 beschlossen worden. Der Baum steht einer Neubebauung des ehemaligen Sky-Geländes schlichtweg im Weg.

Stadtentwicklung: Muss alte Blutbuche weichen?

Nach einem Protest der Initiative Augen auf Vormstegen ruderte die Verwaltung Anfang Juni zurück (wir berichteten). Der Baum solle zunächst nicht gefällt, sondern erhalten bleiben, eine Versetzung der Buche ins Auge gefasst werden. Ein neutraler Gutachter solle die Folgen einer Versetzung aufzeigen.

Das hat er nun getan. Den Baum aus- und an anderer Stelle wieder einzugraben würde 120.000 Euro kosten, die anschließende fünfjährige Pflege etwa 14.000 Euro, erklärte Baumgutachter Uwe Thomsen im Stadtumbauausschuss (SUA). Doch die Aktion könne auch das Todesurteil für diesen Baum bedeuten. „Eine Versetzung ist außerordentlich schwierig. Das Risiko, dass der Baum stirbt ist sehr groß, wachsen doch viele Wurzeln anschließend nicht mehr an“, erklärt Thomsen.

Der Baum ist laut Gutachter 95 bis 100 Jahren alt. Trotz seines nicht optimalen Standortes sei er sehr vital, und es gebe keinerlei Hinweise auf alters- oder standortbedingte Abbauprozesse. Er glaube, „dass er noch lange leben kann“, so Thomsen, der sich strikt gegen das Fällen aussprach. Der Baum habe es verdient, erhalten zu werden, er sei ortsprägend für Elmshorn. Und: „100 Jahre Baumleben kann man nicht ersetzen“, so Thomsen.

Baum fällen oder umplanen?

Betretenes Schweigen herrschte in der Runde, diese Lösungsidee schien damit vom Tisch zu sein. Doch wie geht es weiter? Bliebe die Blutbuche an ihrem Platz, benötigte sie laut Gutachter einen Schutzraum von 30 Metern, damit sie bei den Arbeiten im Sanierungsgebiet nicht zu Schaden kommt. Ferner seien weitere Untersuchungen, wie sich die Wurzeln ausgeprägt haben, nötig. Bleibe der Baum im neuen Quartier, müsse die geplante Bebauung zurückgesetzt werden, erklärte Baustadtrat Lars Bredemeier.

„Das bedeutet bei den Grundstücksverkäufen einen Einnahmeverlust in Höhe von drei Millionen Euro.“ Votiert der SUA für einen Baumerhalt, bedarf es dann einer Überarbeitung des Rahmenplans für diesen Teilbereich durch das Architektenbüro Hendrik Welp, um ihn dann vom Innenministerium beglaubigen zu lassen. Das könnte den Stadtumbau um Monate zurückwerfen. Zu viele Fragen blieben noch offen. Die Entscheidung wurde - erneut - vertagt.

Historische Gebäude: Abreisen oder erhalten?

Auch bei der Entscheidung, was mit den historischen Häusern Nummer 18 und 20 an der Berliner Straße passieren soll, ist der Stadtumbauausschuss keinen Schritt weitergekommen. Der Streit um Abriss oder Erhalt der Häuser tobt seit vielen, vielen Monaten.

Auch die Berliner Straße soll im Zuge des Stadtumbaus ausgebaut werden und künftig in beide Fahrtrichtungen nutzbar sein. Gemeinsam mit der Hafenspange soll sie den Verkehr aus dem neuen Quartier Krückau-Vormstegen her­ausführen. Es soll ein von Bäumen gesäumter Boulevard werden, der als grünes Band mit vielen Parkplätzen das Eingangstor zum Stadtteil Krückau-Vormstegen wird.

Verkehrsexperten des Büros Argus haben verschiedene Alternativen geprüft, um die Gegenläufigkeit auch bei Erhalt der Häuser zu erreichen. Aber alle überarbeiteten Varianten, die einen Erhalt der Häuser gewährleistet hätten, wurden vom Landesbetrieb für Verkehr und Straßenbau (LBV), der für diese Bundesstraße zuständig ist, abgelehnt.

Diskussion um den Umgang mit der Stadtgeschichte

Und auch in dieser SUA-Sitzung machten Argus-Experten erneut klar, dass für den Ausbau der Straße nur die Flächen auf der Westseite zur Verfügung stehen, eben jene Flächen, auf denen die Häuser stehen. Gelände auf der Ostseite sei nicht greifbar. Die Deutsche Bahn habe es abgelehnt, Grundstücke dort zu verkaufen, und der Pachtvertrag der Tankstelle und Waschstraße, die sich ebenfalls auf der Ostseite befinden, „läuft noch über Jahre“, so Bürgermeister Volker Hatje. Blieben die Häuser stehen, würden sie das grüne Parkband unterbrechen und damit den gewünschten räumlichen Eindruck in erheblicher Weise schmälern.

Grüne, Linke und SPD wollen die Häuser retten und suchen nach Alternativen. Grüne-Fraktionschef Sven Herrmann erinnerte, dass das Haus Nummer 20 ein Mahnmal für die Zwangsarbeiter ist, die in der Zeit des Nationalsozialismus in der damaligen Wurstfabrik arbeiten mussten. „Wie gehen wir denn hier mit unserer Geschichte um?“ fragte er.

CDU und FDP stimmen den Einschätzungen der Experten zu. „Irgendeinen Tod muss man sterben“, erklärte FDP-Fraktionschef Jens Petersen. Nun soll ein weiterer Fachmann vom LBV gehört werden.