Rellingen. Plötzlich Imkerin: Martina Janssen und ihr Mann betreiben in Rellingen einen „Honigautomaten“. Was dahinter steckt.

Vor einem roten Backsteinhaus direkt an der Pinneberger Straße in Rellingen steht der Honigautomat der Familie Janssen. Eigentlich ist es eher ein mit Honiggläsern gefülltes Schränkchen als ein Automat. Die Tür kann man einfach aufmachen, sechs Euro hineinlegen und ein Glas Honig herausnehmen. Der ist selbst gemacht. Im März 2020 sind Martina Janssen und ihr Mann Michael ins Honigbusiness eingestiegen und haben sich seither – genau wie ihre Bienen – fleißig weiterentwickelt. Anfangs hatten sie vier Völker, heute sind es schon 24.

Honigautomat: Imkern als nachhaltiges Hobby

Wie sie zum Imkern gekommen sind? Bis auf die Tatsache, dass sie schon immer gern Honig gegessen haben, weisen die Janssens auf den ersten Blick keinen großen Bezug zum Geschäft auf. Sie ist Bankkauffrau und arbeitet bei der Commerzbank in Pinneberg, er ist gelernter Fleischer. Gemeinsam haben sie zwei Kinder, einen Sohn (22) und eine Tochter (21), die gern Fußball spielt. Jetzt, da die Kinder erwachsen sind, sie nicht mehr von einem Termin oder Fußballspiel zum nächsten gefahren werden müssen, fehlte etwas Entscheidendes.

„Irgendwie brauchten wir ein neues Hobby. Dabei sollte es etwas Nachhaltiges im Sinne des Klimas sein, außerdem wollten wir in der Gemeinde aktiv werden. Nur auf der Couch zu sitzen und fernzusehen ist nicht die Erfüllung des Lebens“, sagt Martina Janssen. Da kam ihnen das Imkern in den Sinn, ein paar von Michaels Kollegen waren schon in dem Bereich aktiv. So ganz blind wollten sie da aber auch nicht reinrutschen. Martina Janssen eignete sich in einem Kursus die Theorie der Honigbienenhaltung an, legte eine Prüfung ab und erhielt das Honigzertifikat des deutschen Imkerbundes.

24 Bienenvölker haben die Janssens

Dann konnte es losgehen. Janssens kauften sich vier Bienenvölker von einem Bekannten, der selbst aus der Imkerei ausstieg und ihnen daher auch sein ganzes Equipment überließ. Ein Volk kostet circa 120 bis 150 Euro. Im ersten Jahr lang ging es hauptsächlich darum, die Bienen zu vermehren. Erst dieses Jahr begann die Honigproduktion so richtig. Die Früh- und Rapstracht brachte 420 Kilogramm Honig ein, die Sommertracht noch einmal circa 220. Raps ist dabei im Geschmack die mildeste Sorte, gefolgt von der Frühtracht und dann der Sommertracht, die einen kräftigen, intensiven Geschmack hat.

Die Imkerei ist ein hochkompliziertes, kosten- sowie arbeitsintensives Geschäft. Vor allem während des Einholens der Rapstracht half die ganze Familie beim Entdeckeln der Honigwaben, Schleudern des Honigs und beim Transport der Bienenkörbe mit. Denn die Bienenstöcke mussten tagsüber in die Nähe der Rapsfelder gefahren werden und nachts wieder in den heimischen Garten zurück. Denn die Bienen fliegen nur einen Radius von circa ein bis zwei Kilometer weit weg von ihren Bienenkörben.

„Ist man hibbelig, merken das die Bienen sofort“

Die ganze Prozedur: eine Heidenarbeit! Zwei mit Honig angefüllte Paletten eines Bienenstocks wiegen schon 15 bis 20 Kilogramm.

Nicht nur die einzelnen Produktionsschritte sind sehr aufwendig, auch das Verständnis für die Bienen selbst muss erst einmal entwickelt werden und ist eine Wissenschaft für sich. „Wenn man mit den Bienen arbeitet statt gegen sie, funktioniert das für alle Beteiligten besser“, sagt Martina Janssen. Konkret bedeutet das, ruhig und entspannt während der Arbeit zu bleiben. „Ist man hibbelig, merken das die Bienen sofort“, fügt Ehemann Martin Janssen hinzu. Um ein Verständnis für die Insekten zu gewinnen, saßen sie manchmal stundenlang auf der Terrasse und beobachteten die Tiere. Vier ihrer Bienenstöcke befinden sich nämlich im eigenen Garten.

Wer Bienen verstehen will, muss sie lange beobachten

Die Bienenvölker selbst sind hierarchisch aufgebaut. Den Mittelpunkt eines Volkes bildet die Königin, die etwas größer ist als die gewöhnlichen Arbeiterinnen und einen dickeren Hinterleib hat. Sie ist ausschließlich dafür zuständig, Eier zu legen - 120 Stück am Tag. Zu diesem Zweck wird sie von den Arbeiterbienen umsorgt, gefüttert und im Winter warmgehalten. Bis zu fünf Jahre alt kann eine Honigbienenkönigin werden.

Die weiblichen Bienen sind die Arbeiterinnen des Stammes. Auch sie erfüllen unterschiedliche Aufgaben. Es gibt Wächterbienen, die aufpassen, dass keine Eindringlinge wie beispielsweise Wespen in den Bienenstock kommen, Flugbienen, die den Honig sammeln, Ammenbienen, die für die Aufzucht zuständig sind, und Bienen, die den Honig trocknen oder den Bienenstock sauber halten.

„Die männlichen Bienen sind eigentlich nur für die Befruchtung da. Wenn sie ihren Job erfüllt haben, werden sie von den Weibchen regelrecht aus dem Bienenstock gejagt.“, klärt Michael Janssen lachend auf. Ob aus einem Ei eine Königin, eine männliche oder eine weibliche Biene wird, hängt von dem Futter ab, mit dem das Ei versorgt wird. Zukünftige Bienenköniginnen werden mit dem sogenannten „Gelee Royal“ verwöhnt. Das wird von den Ammenbienen hergestellt, die den gewöhnlichen Honig mit bestimmten Enzymen versetzen.

Honigautomat: Idee entstand aus der Corona-Pandemie

Wenn die Janssens dieses ganze Fachwissen über ihre Bienen teilen, sind sie sichtlich begeistert. „Wenn Flugbienen einen guten Ort zum Honigsammeln gefunden haben, beispielsweise einen Lindenbaum oder ein Rapsfeld, kommunizieren sie ihn in Form eines Tanzes an andere Flugbienen, indem sie ihnen Richtung und Entfernung weisen.“

Die Idee für den Honigautomaten kam ihnen aus der Not heraus, den Honig während der Corona-Zeit an den Mann oder die Frau zu bringen – und ein bisschen aus Bequemlichkeit. „Ich komme doch nicht auf die Idee, jede Woche auf den Wochenmarkt zu gehen, um da meine sechs bis zehn Gläser Honig zu verkaufen“, sagt Michael Janssen.

Sie verkaufen gut, verdient haben die Janssens mit der Imkerei noch keinen Cent. Vor allem zu Beginn überstiegen die Ausgaben die Einnahmen weit. Aber, da sind sie sich einig: „Wir machen das aus Überzeugung.“