Uetersen. Die geschützten Tiere breiten sich immer mehr aus, wühlen verstärkt die Sportplätze um. Nun greift die Stadt zu drastischen Mitteln.
Sie sind hübsch anzusehen, clever, nützlich – aber sie treiben in Uetersen die Sportvereine in den Wahnsinn. Denn dort haben sich Maulwürfe auf den Trainingsplätzen ausgebreitet. Dabei sind die geschützten Erdbewohner Einzelgänger, die ihre großen Reviere vehement verteidigen. Doch die Sportanlagen werden von mehr als nur einem Maulwurf durchwühlt.
Maulwürfe fühlen sich auf Sportplätzen wohl
Denn zuletzt fanden die Insektenfresser auf den Sportplätzen ideale Lebensbedingungen vor. Die waren coronabedingt monatelang gesperrt. Das ruhige Umfeld hat den Maulwürfen offenbar gut gefallen. Denn naturgemäß fühlen sie sich durch Geräusche und Erschütterungen gestört. So traten in vergangenen Jahren immer mal am Rand der Plätze Maulwurfshügel hervor, doch nie so flächendeckend wie jetzt. Nun suchen der TSV Uetersen und der Verein Rasensport Uetersen Hilfe bei Verwaltung und Politik. Denn ihre Bemühungen, die Insektenfresser vom Rasenplatz zu verscheuchen, sind bislang fehlgeschlagen.
Nun können Sportler seit geraumer Zeit wieder trainieren. Doch die Maulwürfe lassen sich von Lärm und Erschütterungen nicht vergrämen. Ganz im Gegenteil, die Hügel und Gänge weiten sich flächenmäßig aus, wie es in einem Bericht der Verwaltung heißt.
Als sich im Juni die Vereine mit ihrem Problem schriftlich an die Verwaltung wandten, beschränkten sich die Hügel und Gänge auf einen Torraum und Randbereiche. Der Trainingsbetrieb war gerade erst angelaufen und die Verwaltung noch zuversichtlich, der zunehmende Betrieb auf dem Feld würde den Maulwurf schon vertreiben. Da der Europäische Maulwurf nach dem Bundesnaturschutzgesetz und der Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt ist, dürfen die Tiere weder gefangen, verletzt noch getötet werden. Nur eine Vergrämung ist erlaubt.
Vereine warnen vor Verletzungsgefahr
Die Vereine, die insgesamt bis zu 20 Mannschaften mit mehr als 300 Fußballern stellen, sorgen sich um ihre Sportler. Besonders tückisch seien die oberflächennahen, nicht sichtbaren Gänge, in die die Spieler einzusacken drohen. „Ein Spieler hat sich schon einen Bänderriss zugezogen“, sagt Rasensport-Vorsitzender Carsten Vater. Mannschaften zogen bereits in Erwägung nicht mehr zu trainieren, aus Angst, jemand verletzte sich.
„Im Landesliga-Bereich könnte es sein, dass der Schiedsrichter das Spiel nicht anpfeift, weil er die Spieler nicht guten Gewissens auf den Platz lassen kann.“ Auf Bitten der Vereine hat die Verwaltung zugesagt, den Platzwarten stundenweise einen Mitarbeiter des Baubetriebs zur Seite zu stellen, der beim Zuschaufeln der Gänge und beim Abtragen der Hügel hilft. Aufgrund eines personellen Engpasses im Betriebshof konnte diese Zusage aber noch nicht eingehalten werden.
So müssen die Platzwarte zunächst allein den Spaten in die Hand nehmen. Durchschnittlich anderthalb Stunden wenden sie laut Verwaltung auf, um den Platz bespielbar zu machen. Und dann sind die Mühen auch nur von kurzem Erfolg: „Die Arbeit des Vormittags ist teilweise am Nachmittag wieder durch die nächsten Aktivitäten der Maulwürfe zunichte gemacht“, sagt Vater.
Stadt ergreift drastische Mittel gegen Maulwürfe
Die Verwaltung hat sich mit Platzpflegefirmen, anderen Kommunen und mit dem Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) beraten. Schonende und zugleich effektive Lösungen konnte keine Stelle nennen. Und es kommt noch schlimmer: Ein konsultierter Schädlingsbekämpfer hat neben dem Aufkommen von Maulwürfen auch Hinweise auf Schermäuse und Rötelmäuse entdeckt. Und er hat bestätigt, dass Vergrämungsmethoden wie das Verbreiten von Gerüchen von Lebensmitteln, Pflanzen oder Exkrementen flächendeckend genauso wenig Abhilfe schaffen wie Erdstäbe mit Schallsignalen. Auf Köder fallen die schlauen Maulwürfe nicht rein.
Aus Sicht der Verwaltung bleibt nur ein drastisches Mittel: Der Maulwurf soll in seinem Gangsystem vergast werden. Der Sozial-und Umweltausschuss hat dem zugestimmt. Nun prüft das LLUR, ob eine einmalige Sondergenehmigung zur Bekämpfung gegeben werden kann. „Das hängt davon ab, ob auch geeignete Maßnahmen ergriffen werden, die ein erneutes Aufkommen von Maulwürfen für diese Bereiche ausschließt“, sagt Rüdiger Albrecht, Dezernent für artenschutzrechtliche Fragen.
Maulwurf-Bestand in Uetersen nicht gefährdet
Dafür braucht es sogenannte Maulwurfsperren. Sie werden rund um den Platz bis zu einer Tiefe von einem Meter in die Erde eingegraben. „Bei neueren Anlagen werden die gleich schon eingebaut.“ Auch wenn der Maulwurf unter Schutz stehe, wäre der Bestand nicht gefährdet. Es gehe um den grundsätzlichen Schutz von Säugetieren. „Der Maulwurf ist eine häufig vorkommende Art“, so der Experte. Zahlen liegen dem LLUR jedoch nicht vor.
Doch so einfach ist das mit dem nachträglichen Einbau der Maulwurfssperre nicht. Handelsübliche Gitter aus Kunststoff können von Mäusen durchgenagt werden. Die Schlupflöcher könnten von Maulwürfen genutzt werden. Das Graben in die Tiefe zum Einbringen des Gitters ist aufgrund der Altlasten im Boden ohnehin nicht möglich, merkt die Verwaltung an. Alternativ hat sie die Kosten einer Vertikalsperre aus Stahl angefragt. Vorteil: Sie können in den Boden gepresst und nicht durchgenagt werden. Nachteil: Die Stahlpreise sind exorbitant gestiegen. Grob geschätzt wäre mit rund 200.000 Euro pro Platz zu rechnen.