Seestermühe. Land Schleswig-Holstein gibt kein Geld für Allee-Pflege. Wie die Sanierung in Seestermühe trotzdem gelungen ist.
Es war ein langer Weg, doch am Ende ging alles ganz schnell, und das Ergebnis stellt alle Akteure zufrieden: Die historische Lindenallee von Seestermühe ist gerettet. Das haben die dafür Verantwortlichen am Sonntag gefeiert.
2010 war die Lindenallee vom Schleswig-Holsteinischem Heimatbund als schönste Allee in privatem Besitz gekürt. Auf 700 Meter Länge stehen fast 600 Bäume in zwei Doppelreihen. Zugleich wurde der Jury schon damals deutlich, dass die historische Allee in ihrem Bestand gefährdet war. 2015 nahm sich der Förderverein Kulturlandschaft Pinneberger Baumschulland der Allee an und initiierte einen runden Tisch mit allen für den Erhalt relevanten Akteuren.
Lindenallee in zwei Abschnitten saniert
Ein 2016 mit Förderung durch das Landesamt für Denkmalpflege beauftragtes baumpflegerisches Fachgutachten bestätigte, dass der Bestand akut gefährdet war. Dem runden Tisch gelang es schließlich, in fünf Jahren mehr als 200.000 Euro Fördermittel einzuwerben und damit in zwei Abschnitten 2019 und 2020 die Allee zu sanieren.
Der Erfolg des Projektes wurde am Sonntag in Seestermühe mit einer Feierstunde gewürdigt. Kreispräsident Helmut Ahrens, Bürgermeister Thorsten Rockel und Eigentümer Graf Alexander von Kielmansegg zeigten sich erleichtert und dankten dem Förderverein für seine Initiative, Durchhaltevermögen und den Erfolg des Projektes.
Längste Lindenallee in Schleswig-Holstein
Margita Meyer vom Landesschutz für Denkmalschutz in Kiel betonte die landeskulturelle Bedeutung der barocken Linden-Doppelallee: „Es dürfte die längste in Schleswig-Holstein sein.“ Vergleichbare Anlagen gebe es noch in Jersbek (Kreis Stormarn), wo sich zum Erhalt der historischen Sehenswürdigkeit ebenfalls ein Förderverein gegründet habe, sowie in Wensin (Kreis Segeberg), wobei der Garten dort nicht in französischer Manier sei wie in Seestermühe. Sie plädierte für eine jährliche Pflege der Lindenallee, deren Kosten sie auf 10.000 Euro pro Jahr schätzte.
„Die historische Sehenswürdigkeit ist gerettet. Die notwendigen Baumpflegearbeiten und Neupflanzungen konnten durchgeführt werden“, sagt Frank Schoppa, Vorsitzender des Fördervereins Kulturlandschaft Pinneberger Baumschulland und Initiator des runden Tisches. Dieser kam über fünf Jahre immer wieder im Gutshaus zusammen, um über Rettung und Finanzierung zu beraten. „Das Konzept, alle am Erhalt der Allee interessierten Akteure zusammenzuführen, war erfolgreich. Es ist auch gelungen, mit einem neuen, nur für die Allee und ihren Erhalt zuständigen Förderverein nachhaltige Aktivität für Pflege und Erhaltung zu sichern.“
Baumschul-Chef fordert Fördermittel von Land und Bund
Schoppa wies darauf hin, dass Alleen keine Lobby hätten. „Ohne Geld der Umweltlotterie Bingo für die Baumpflege wäre die Sanierung nicht gelungen, denn Fördermittel für Allee-Pflege gibt es in Schleswig-Holstein nicht“, sagt Schoppa. „Gesetzlicher Schutz ohne Mittel zur Bestandspflege – das geht nicht zusammen. Die Baumpflege in Alleen ist aus fachlicher Sicht unverzichtbar. Hier sind Land und Bund gefordert, Fördermittel bereitzustellen.“ Mecklenburg-Vorpommern und zum Teil auch Niedersachsen böten Beispiel und Vorbild.
Die Umweltlotterie hatte 80.000 Euro zur Verfügung gestellt und war damit größter Geldgeber. Aber auch die Gemeinde und Familie von Kielmansegg beteiligten sich mit jeweils 12.000 Euro. Der Förderverein Kulturlandschaft Pinneberger Baumschulland und der Kreis Pinneberg gaben 11.500 und 10.000 Euro. Die Gesellschaft zum Erhalt Historischer Gärten in Schleswig-Holstein spendete 7500 und die Firma Peter Kölln 5000 Euro. So kamen allein im Jahr 2020 insgesamt 138.000 Euro zusammen, in den Jahren zuvor weitere 64.250 Euro aus verschiedenen Töpfen.
Genetisches Gutachten klärt Ursprung der Linden
Seit 2005 steht die Gutsanlage samt Allee unter Natur- und Denkmalschutz. Als Teil der um 1700 angelegten barocken Gartenanlage des Gutes Seestermühe wurden die Bäume regelmäßig in Kandelaber-Form geschnitten, um die symmetrische Ausrichtung zwischen Guts- und Teehaus zu betonen. Die Familie von Kielmansegg geriet angesichts der aufwendigen Pflege der Allee allerdings zusehends unter Druck. Zum Zeitpunkt des Alleenwettbewerbs waren die Bäume schon gut 300 Jahre alt. Für freiwachsende Linden, die bis zu 1000 Jahre alt werden können, ist das kein Problem. Im Formschnitt erzogene Bäume bedürfen jedoch ständiger Pflege.
Ein 2016 in Auftrag gegebenes baumpflegerisches Fachgutachtenbestätigte die Befürchtung, dass durch nicht fachgerechte Kappungen viele Bäume stark geschädigt waren, ausgehöhlt und von Pilzen befallen waren. Statt 600 wurden nur 572 Bäume vorgefunden.
Das Gutachten empfahl als Sanierungskonzept die Entnahme weiterer stark geschädigter Bäume und einen raschen fachgerechten Pflegeschnitt. Für Nachpflanzungen wurde 2017 zusätzlich ein genetisches Gutachten zum Ursprung der Linden erstellt. Wie vermutet, wurde die Allee mit einem Klon der Holländischen Linde – einer Kreuzung aus Sommer- und Winterlinde – begründet.