Kreis Pinneberg. Bürgerinitiative und Landespolitiker sprechen über kurzfristige Verbesserungen im Schienenverkehr. Welche Ideen sie noch haben.
Die rund 20.000 Pendler, die täglich mit der Bahn aus dem Kreis Pinneberg nach Hamburg und zurück fahren, könnten schon bald mit besseren und schnelleren Bahnverbindungen rechnen. Das ist das Ergebnis eines Bahngipfels der Bürgerinitiative Starke Schiene im Kreis Pinneberg mit SPD-Landes- und Bundespolitikern. Auch den Autofahrern, die morgens und abends vor den sich ständig schließenden Schranken am Bahnübergang zwischen Tornesch und Prisdorf warten müssen, machen die Politiker Hoffnung. Hier soll der Bau einer neuen Bahnunterführung Entlastung bringen, kündigt der Pinneberger Landtagsabgeordnete Kai Vogel an.
Offenbar sei bei den politischen Entscheidungsträgern die Erkenntnis gereift, „dass jede Verbesserung im Schienenverkehr im Kreis Pinneberg gut für das ganze Land ist“, sagt Erhard Wasmann von der BI. „Hier ist der Engpass auf der Bahnstrecke. Das müssen wir den Verantwortlichen immer wieder klarmachen.“ Der Bundestagsabgeordnete Ernst Dieter Rossmann reagiert unterdessen mit Unverständnis auf die jüngste Entscheidung des Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer (CSU), den Ausbau der Bahnstrecke zwischen Hamburg und Elmshorn auch mit der aktuellen Liste des vordringlichen Bedarfs im Bundesverkehrswegeplan nicht aufzuwerten. Kommende Woche will sich Landrätin Elfi Heesch bei der Bürgerinitiative informieren.
Verkehrsminister sprach von Express-S-Bahn
Im September vergangenen Jahres hatte Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) in Tornesch angekündigt, dass der seit Jahrzehnten andauernde Schienenengpass zwischen Pinneberg und Elmshorn mit dem Bau des ersehnten dritten und vierten Gleises ab 2030 beseitigt werden solle. Bis Pinneberg würde dann auf den neuen Gleisen eine mit Gleichstrom betriebene Express-S-Bahn fahren, die Hamburg und die Kreisstadt sechs Minuten schneller verbindet.
Von Pinneberg soll diese neue S-Bahn-Linie 4 dann über Prisdorf und Tornesch nach Elmshorn weiterfahren. In Elmshorn wird es eine zusätzliche S-Bahn-Haltestelle in Elmshorn-Süd geben. 500 Millionen Euro soll dieser Ausbau kosten: 125 Millionen vom Land und 375 Millionen vom Bund.
Bahnübergang durch Tunnel oder Brücke ersetzen
Doch das ist noch Zukunftsmusik. Und bis dahin sollen die Bahnfahrer im Kreis Pinneberg nicht vertröstet werden, machen die SPD Landespolitiker der Initiative Mut. So könnte bereits in diesem Jahrzehnt ein drittes Gleis auf dieser überlasteten Bahnstrecke gebaut werden, das die schnelleren Züge zum Überholen der Regionalzüge nutzen könnten. Genügend freie Fläche gebe es dafür in Prisdorf, sagt Vogel. Ein Gutachten der Landesregierung hat diesen Vorschlag bereits ins Gespräch gebracht.
Parallel dazu hält es der Landespolitiker für „sinnvoll“, auch den Bahnübergang zwischen Prisdorf und Tornesch zu erneuern. Dort stauen sich die Fahrzeuge täglich im Pendlerverkehr, weil alle paar Minuten die Bahnschranken wieder geschlossen sind. Wenn dort eine Über- oder, was wahrscheinlicher sei, eine Unterquerung ermöglicht werde, würde dies auch die Autopendler erheblich schneller voranbringen.
Auf Bau der K 22 zu warten dauert zu lange
Bislang sollte diese neue Bahnquerung erst mit dem Bau der Kreisstraße 22 verbunden werden, sagt die Abgeordnete Beate Raudies. Da dieser Straßenausbau aber wegen des jüngsten Urteils des Verwaltungsgerichts wohl noch viele Jahre auf Eis liegen dürfte, müsse die Bahnquerung unabhängig von der K 22 geplant werden. „Dieser Bahnübergang ist ein tägliches Ärgernis“, sagt Raudies. Minister Buchholz habe im Juni bei einem Vor-Ort-Termin auf der L 107 anerkannt, dass nicht nur der Radweg, sondern auch die Fahrbahn marode sei und eine Sanierung dieser Landesstraße als „höchste Priorität“ einzustufen sei, so Raudies.
Als Vorbereitung für das dritte und vierte Bahngleis wird am Elmshorner Bahnhof eine vierte Bahnsteigkante gebaut werden. Dieses Vorhaben komme aber zurzeit nicht recht voran, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Ernst Dieter Rossmann und warnt: „Elmshorn muss den Fuß von der Bremse nehmen. Das betrifft die ganze Region.“ Ein Schuh, den sich Bürgermeister Volker Hatje nicht anziehen mag. „Auf der Bremse stehen wir nicht.“ Es könne allerdings nicht sein, dass die Deutsche Bahn mit ihrer Planung für den Umbau des Bahnhofs keine Rücksicht auf die Stadtentwicklungsplanung nehme oder auf dem Stand von vor zehn Jahren beharre. „Da muss die Bahn endlich zu Potte kommen.“
Nahverkehrsplan sieht bessere Verbindungen vor
Doch ganz so lange bis 2030 bräuchten die Pendler im Kreis Pinneberg nicht auf die Verbesserung der Bahnverbindungen nach Hamburg warten, sagt Kai Vogel. Auch ohne diese millionenschweren Infrastrukturprojekte, die erst nach 2026 beziehungsweise 2030 realisiert werden könnten, wird es mehr Züge von und nach Hamburg geben. Im neuen Nahverkehrsplan des Landes ist von 2022 bis 2027 eine jeweils halbstündige Verbindung abwechselnd vom Hamburger-Hauptbahnhof und Altona in Richtung Neumünster vorgesehen. „Die beiden Regional-Express-Linien RE 70 (Kiel–Hamburg) zum Hauptbahnhof und RE 7 Flensburg/Kiel–Hamburg zum Hauptbahnhof verkehren dann zwischen Neumünster und Hamburg in einem exakten halbstündlichen Rhythmus“, heißt es dazu im aktuellen Planentwurf, der noch in diesem Jahr vom Landtag beschlossen werden soll. „Zusätzlich ergänzen sich die beiden Regionalbahnlinien RB 61 und RB 71 von Itzehoe und Wrist zwischen Elmshorn und Hamburg Hauptbahnhof ebenfalls zu einem Halbstundentakt.“
Damit verdoppele sich die Zahl der direkten Regionalzüge zum Hamburger Hauptbahnhof für Tornesch und Pinneberg von einmal pro Stunde auf zweimal pro Stunde, so der neue Nahverkehrsplan. Von Elmshorn aus verbessere sich das Angebot durch die zusätzliche Regionalbahn um 25 Prozent. „In der Hauptverkehrszeit verkehren darüber hinaus weitere Regionalbahnen zwischen Elmshorn und Altona-Nord, sodass insgesamt bis zu vier schnelle Regionalbahn-Verbindungen von Tornesch und Pinneberg nach Hamburg möglich sind.“ Die Kosten von 37 Millionen Euro seien bereits eingepreist, so Vogel.
Die BI Starke Schiene würde ihrem Namen nicht gerecht werden, wenn ihr das ausreichte. „Optimal wäre für uns, wenn alle 20 Minuten ein Zug aus Tornesch nach Hamburg führe“, sagt ihr Co-Sprecher Wasmann.