Uetersen. Archivarin Ute Harms hat in den neuen Räumen dreimal so viel Platz wie zuvor im Jugendtreff. Was im Archiv lagert.
Das Stadtarchiv Uetersen hat neue Räume bezogen, etwas versteckt zwischen einem Wohnhaus und einer Werkstatt mit Adresse Kleiner Sand 23. Seit November 2017 war das neu gegründete Stadtarchiv Uetersen in einem einzigen Raum im ehemaligen Jugendzentrum in der Berliner Straße 17 untergebracht – auf 27 Quadratmetern. Nun gibt es dreimal so viel Platz für historische Dokumente.
Altes Archiv hatte nicht genug Platz für alle Dokumente
Archivarin Ute Harms war im bisherigen Archiv räumlich schnell an ihre Grenzen gestoßen. Sie konnte historisches Material von Uetersenern nicht mehr annehmen, weil schlichtweg der Platz fehlte, um es zu verwahren. Nach Einschätzung des Landesarchives Schleswig-Holstein, das den kommunalen Archiven beratend zur Seite steht und auch mit Uetersen einen Beratervertrag hat, hatte der Raum ganz klar nicht die archivfachlichen Standards erfüllt. Demnach sollten Lesesaal, Magazintrakt und Büroräume getrennt voneinander sein, damit das Archivgut nicht unter klimatischen Schwankungen leidet. Diese Trennung ist nun möglich.
Auch Publikumsverkehr war in den beengten Verhältnissen bislang kaum möglich. Nun kann die Historikerin im Büro sogar einen zweiten Arbeitsplatz einrichten – für ehrenamtliche Mitarbeiter und auch Besucher, die im Archiv etwas zur Geschichte der Stadt recherchieren möchten.
Wo früher Arbeiter duschten, lagern heute Dokumente
In dem Gebäude war zuvor eine Werkstätte untergebracht. Von den alten Werkduschen sind nur die gekachelten Räume geblieben. Über den Archivräumen befindet sich noch eine private Wohnung. Während zwei Mitarbeiter des städtischen Bauhofes im Magazin vier Meter lange Metallregale aufbauen, packt Ute Harms Kisten aus. „Die Regale wurden in Österreich gefertigt. Leider gab es bei der Lieferung einige Probleme“, berichtet sie.
Die Spedition habe sich nicht an den vereinbarten Liefertermin gehalten und das Material einfach in dem Innenhof abgelegt – was tagelang unbemerkt blieb, weil sie selbst im Urlaub war. Zudem fehlten Böden, weil die gar nicht mitgeliefert worden waren. „Am Ende musste der Hersteller die Regale neu produzieren und noch einmal schicken“, sagt Harms.
Stadtarchiv an zwei Tagen in der Woche für Besucher geöffnet
Derweil ist ihr Arbeitsplatz schon eingerichtet, der PC läuft. Ein Festnetzanschluss ist beantragt, sodass das Archiv demnächst auch telefonisch erreichbar ist. Die Öffnungstage bleiben Donnerstag und Freitag. „Draußen müssen auch noch Schilder mit dem Hinweis auf das Stadtarchiv angebracht werden, damit wir auch gefunden werden.“ Über die Zufahrt Meßtorfstraße stehen auch einige Parkplätze zur Verfügung.
Seit 2018 sortiert Ute Harms, die mit einer 14-Stunden-Woche im Archiv arbeitet und an den anderen Tagen das Museum Langes Tannen führt, Aktenbestände. In den Kartons, die mit A I beschriftet sind, werden die ältesten historischen Dokumente aus der Zeit verwahrt, ehe Uetersen die Stadtrechte verliehen wurden. Alles zwischen Stadtwerdung im Jahr 1870 und dem Jahr 1950 findet sich unter A II.
„Bis hierhin wird nichts entsorgt“, sagt Harms. Für alles nach 1950 muss sie eine Auswahl treffen. Nur etwa fünf bis zehn Prozent der Rathausakten sind für das Archiv relevant. Daneben baut sie ein Fotoarchiv auf, sammelt Pläne, digitalisiert alles und sichert Nachlässe aus Familien. Zum Schluss musste sie das allerdings zurückstellen, weil schlichtweg Platz fehlte.
Privates Material für das Uetersener Stadtarchiv
Die Ratsversammlung in Uetersen hatte dem Umzug bereits am 29. März einstimmig zugestimmt. Zuvor war im Hauptausschuss im nicht öffentlichen Teil beschlossen worden, die Räumlichkeiten am Kleinen Sand von Privat anzumieten. Die Stadt trägt die monatliche Miete und Unterhaltungskosten. Für 2021 fallen damit laut Ausschussunterlagen Kosten in Höhe von 16.145 Euro und ab 2022 jährlich rund 15.100 Euro an.
„Bislang wurde lediglich ein Teil der städtischen Akten archiviert. Außerdem ist es für die Darstellung der Geschichte Uetersens wichtig, Archivgut aus dem privaten Bereich zu sichten und gegebenenfalls dem Archiv zuzuführen“, heißt es in der Begründung. Und weiter: Unterlagen von Firmen, Vereinen und anderen Institutionen sowie Privatpersonen könnten wesentlich für die Dokumentation sein.
Uetersener Schülern fiel auf, dass es kein Archiv gab
Eine Einsicht, die spät erfolgte. Denn Uetersen hatte viele Jahre gar kein Archiv, obwohl Städte und Kommunen dazu verpflichtet sind. Verwaltungen sollen transparent arbeiten, das ist ohne Archiv schlecht möglich. Rechtlich ist die Kommunalaufsicht dafür zuständig, dass das Archivgesetz durchgesetzt wird. Die wird aber nicht immer aktiv.
Allerdings müssen Kommunen auch nicht zwangsläufig selbst archivieren, sondern könnten sich einem Gemeinschaftsarchiv anschließen oder die Unterlagen an andere Archive abgeben. Eine Übernahme des archivwürdigen Schriftgutes der Stadt Uetersen hatte das Landesarchiv abgelehnt. Das sei aus Gründen von Verfügbarkeit und Recherchen „nicht zweckdienlich“, hieß es damals in der Begründung.
Aufgekommen war die Diskussion um ein Stadtarchiv, weil 2016 Schüler des Ludwig-Meyn-Gymnasiums auf einer Liste mit Ehrenbürgern der Stadt den Namen Adolf Hitler gefunden hatten. Sie begannen zu recherchieren, suchten nach schriftlichen Quellen, hakten nach bei Politikern, Historikern und Rechtsexperten und bekamen widersprüchliche Antworten. So fiel auf, dass Uetersen bis dato kein Archiv unterhielt.