Schenefeld. Jetzt auch noch Douglas: Immer mehr Geschäfte verlassen das Einkaufszentrum, Ersatz fehlt. Der Einzelhandel ist in der Krise.

Hunkemöller hat Mitte Juli seine Türen geschlossen, der erst 2019 eröffnete Herrenausstatter Classic & Co. Ende Juli. Ramelow und Intersport Ramelow ziehen sich Ende September nach dem Ausverkauf zurück, die Parfümeriekette Douglas verlässt Ende Januar 2022 das Stadtzentrum Schenefeld. Für das Einkaufszentrum, das im Oktober 30 Jahre alt wird, brechen schwere Zeiten an.

Immer weniger Geschäfte im Stadtzentrum Schenefeld

„Wir beobachten das mit Sorge, keine Frage“, sagt Schenefelds Bürgermeisterin Christiane Küchenhof. Die Stadt arbeite intensiv an einem neuen Ortskern, in dem das Einkaufszentrum ein wichtiger Bestandteil sei. Der Trend, das immer mehr Läden in dem Shopping-Center schließen, dauere jedoch schon längere Zeit an. „Die Geschäfte schwinden, es siedeln sich vermehrt Büros und Praxen an. Das ist nicht mehr mit dem Einkaufszentrum zu vergleichen, das es früher einmal war.“

Zur Eröffnung am 10. Oktober 1991 warteten Großanbieter wie Spar, Dyckhoff, Kimmich oder Sport-Gross, aber auch kleinere wie Hansen & Co, Jaeger und Mirow und Lindor auf Kunden. 200 Millionen D-Mark hatte die Philip Holzmann AG in das Einkaufszentrum mit der riesigen gläsernen Kuppel investiert, dessen Bau im August 1988 auf einem 42.000 Quadratmeter großen Areal begonnen hatte.

Zur Eröffnung standen 32.000 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung – und ein Mix aus Läden verschiedenster Branchen, dazu Gastronomiebetriebe, Arztpraxen, Fitness-Einrichtungen und Büroflächen. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde die Diskothek durch eine Spielbank ersetzt – das einzige offizielle Casino in einem Einkaufszentrum.

Medimax-Fläche steht seit bald fünf Jahren leer

30 Jahre später wird die Zahl der Ladengeschäfte immer kleiner, einige Branchen wie etwa Elektroartikelanbieter sind gar nicht mehr vertreten. So steht seit Herbst 2016 die 1200 Quadratmeter große Fläche von Medimax im ersten Stock leer, zahlreiche Ankündigungen, dass dort wieder neues Leben einziehe, konnten nicht in die Tat umgesetzt werden. Im März 2017 standen elf Mieteinheiten leer. Inzwischen dürften es deutlich mehr sein. Genaue Zahlen gibt es derzeit nicht. Einige Einheiten vor allem im ersten Stock wurden inzwischen in Büros umgewandelt, so hat etwa das Institut Proderm größere Flächen dazugenommen.

Auch die Schenefelder Bürgermeisterin Christiane Küchenhof beobachtet die derzeitige Entwicklung im Stadtzentrum mit Sorge.
Auch die Schenefelder Bürgermeisterin Christiane Küchenhof beobachtet die derzeitige Entwicklung im Stadtzentrum mit Sorge. © Arne Kolarczyk | Arne Kolarczyk

„Das Einkaufsverhalten hat sich geändert, der Online-Handel nimmt sprunghaft zu“, sagt Schenefelds Bürgermeisterin, die selbst sagt: „Ich mache das nur im Notfall, unterstütze ansonsten den lokalen Handel. Wenn alle online kaufen, müssen sie sich nicht wundern, dass viele Geschäfte nicht überleben.“ Küchenhof verweist darauf, dass sie nach der Schließungsankündigung von Douglas mit den Betriebsrätin vor Ort gesprochen und dann an die Geschäftsführung geschrieben habe. „Ich habe auch schnell eine Antwort erhalten. Die schließen einen Teil ihrer Filialen, weil sie sich mehr auf ihr Online-Geschäft konzentrieren wollen.“

Online-Handel und Corona-Pandemie mach Einzelhandel zu schaffen

Vom schnellen Wachstum des Online-Handels, das zulasten des stationären Einzelhandels geht, spricht auch Centermanagerin Songül Aksu. Dieser Herausforderung habe man sich bereits vor Corona stellen müssen. Die Einschränkungen in der Pandemie mit monatelangen Geschäftsschließungen hätten wie ein Brandbeschleuniger gewirkt. Angesichts der daraus resultierenden Insolvenzen würden sich neue Herausforderungen für die Centerbetreiber ergeben, es werde auch Veränderungen bei den Mietern im Stadtzentrum geben.

Das Centermanagement hat laut Aksu keinen Einfluss darauf, wenn Unternehmen pandemiebedingt ihre Läden schließen, strategisch entscheiden, Filialen aufzugeben oder direkt von einer Insolvenz betroffen sind. Das gehöre zur Einzelhandelslandschaft dazu. Dennoch könnten Betreiber und Centermanagement in bestimmten Bereichen Einfluss nehmen, was auch praktiziert werde. „Ganz wichtig ist der Austausch mit den Mietern, um gemeinsam zufriedenstellende wirtschaftliche Lösungen zu finden.“ Dabei könne es sich etwa am Mietanpassungen, Mieterlasse oder auch Flächenanpassungen handeln. Aksu: „Ganz wichtig sind Gespräche und Verhandlungen mit Mietinteressenten, um fehlende Konzepte zu integrieren, Flächen umzunutzen und Neues auszuprobieren.“

Besucher trauern den alten Zeiten hinterher

Die Centermanagerin verweist auf zwei Neuerungen. Zum einen den Pop-up-Store „HelcTec“, der auf modernste Sehhilfen spezialisiert ist, und zum anderen auf „Kurts Toolbox“. Dabei handele es sich um einen großen Container, der auf dem Parkplatz vor dem Parkhaus steht und im Innenraum die Möglichkeit bietet, 200 Werkzeuge für den Heimwerkerbedarf auszuleihen.

Ausgewählt wird über eine App, über das Smartphone werden die Containertür und das Fach für das Werkzeug geöffnet. Nach getaner Arbeit kommt das Werkzeug auf die gleiche Art zurück, die Abrechnung erfolgt minutengenau. Das ist laut Aksu ein Beispiel für eine neue Geschäftsidee, die am Puls der Zeit ist.

Diskussionen in den sozialen Netzwerken zeigen, dass viele Besucher den alten Zeiten im Stadtzentrum hinterhertrauern, als es noch an den Wochenenden Großveranstaltungen wie etwa Schlagerpartys gab. Andere Nutzer unken, dass es bald wohl kaum noch Geschäfte im Stadtzentrum geben werde.

Politiker appellieren an die Schenefelder

Online gestreute Gerüchte, dass mit TK Maxx einer der verbleibenden Ankermieter vor dem Absprung stehe, weist das Centermanagement entschieden zurück. Und auch der immer wieder geäußerte Vorwurf, die Mieten im Stadtzentrum seien viel zu hoch, trifft nach Abendblatt-Informationen nicht zu.

Auch die Schenefelder SPD macht sich Gedanken und hat das Gespräch mit Centermanagerin Songül Aksu gesucht. Laut Ortschef Jakob Gossler überzeugte die Centermanagerin „mit starkem Engagement, wirklich in alle Richtungen zu denken, die richtigen Weichenstellungen zu finden sowie neue Maßnahmen zu entwickeln und auf den Weg zu bringen“. Die Quintessenz des Gesprächs fasst die SPD mit einem Appell an alle Bürger der Stadt zusammen: „Kauft beim Schenefelder Einzelhandel!“