Kreis Pinneberg. Bedrückende Bilder, schwierige Bedingungen: Pinneberger Feuerwehrmann Stefan Hellmichhalf in der Katastrophenregion.

Die Bilder, die Stefan Hellmich in der Katastrophenregion im Kreis Ahrweiler gesehen hat – sie werden ihn lange beschäftigen. „Man sieht eine Freifläche und hört von den Menschen vor Ort, dass da drei Häuser gestanden haben. Von denen ist nichts übrig, nicht mal eine Grundmauer.“

Erfahrungsberichte von Helfern aus den Katastrophengebieten

Der 32-Jährige, der seit seinem 16. Lebensjahr Mitglied der Feuerwehr Pinneberg ist, gehörte zu den 39 Einsatzkräften der Wehren aus dem Kreis, die als Teil des Landeskontingents in den Flutgebieten geholfen haben. Am vergangenen Dienstag waren die Helfer in ihren Spezialfahrzeugen nach Rheinland-Pfalz aufgebrochen, am Sonntag wurden sie durch frische Kräfte abgelöst.

Der Einsatz – er begann für die 700 Helfer aus Schleswig-Holstein, die mit 192 Fahrzeugen von Neumünster aus in die betroffene Region gefahren waren, mit einem frustrierenden Erlebnis. „Wir sind um 18 Uhr am Dienstag losgefahren und sollten am Mittwoch um 7 Uhr am Nürburgring eintreffen. Doch noch in der Nacht erfuhren wir, dass dort kein Platz für uns ist.“ Das gesamte Kontingent habe daraufhin in Windhagen, einem 4500-Einwohner-Ort nahe Koblenz, Station gemacht.

„Als der Bürgermeister um 3 Uhr nachts erfahren hat, dass wir kommen, hat er mal eben Verpflegung für alle organisiert, eine Hochzeit verschoben und uns das Gemeindehaus zur Verfügung gestellt.“ Am späten Nachmittag sei das Kontingent dann von der lokalen Einsatzleitung zum Nürburgring beordert und, dort eingetroffen, mangels Platz wieder weggeschickt worden. Hellmich: „Wir sind wieder zurück nach Windhagen und haben eineinhalb Tage verloren, an denen wir hätten helfen können.“

„Das waren kriegsähnliche Zustände“

Fluthelfer Stefan Hellmich von der Feuerwehr Pinneberg
Fluthelfer Stefan Hellmich von der Feuerwehr Pinneberg © FFW | FFW

Erst am Donnerstagnachmittag bekamen die Helfer ihre Einsatzgebiete zugewiesen. Die Mitglieder der Kreisbereitschaft aus Pinneberg wurden nach Insul entsandt, einem 700-Einwohner-Ort an der Ahr im Landkreis Ahrweiler. Parallel dazu musste im Nachbarort Schuld der Brandschutz sichergestellt werden, weil die dortige Feuerwehr nicht mehr einsatzbereit war. „Untergebracht waren wir in der Nähe in Adenau in der Realschule. In Adenau war alles in Ordnung, in Insul sah das völlig anders aus. Das waren kriegsähnliche Zustände.“

Dort gab es keinen Strom, kein Wasser. „Alle paar Hundert Meter standen Kanister mit Brauchwasser, die von uns befüllt wurden. Da haben sich die Bewohner bedient, um ihre Toiletten spülen zu können.“ Hellmich erzählt von mobilen Lichtanlagen, die nachts etwas Helligkeit spendeten – und dieselbetriebenen Notstromaggregaten, um Elektrizität in den Ort zu bekommen.

Laut dem 32-Jährigen seien Kräfte der Bundeswehr vor ihnen vor Ort gewesen, um eine Behelfsbrücke über die Ahr zu errichten, weil die eigentliche Brücke von den Wassermassen zerstört worden sei. Aber nicht nur die. „Wir sind über die Brücke gefahren und haben am Fluss eine Freifläche gesehen. Hinterher haben wir erfahren, dass dort Häuser gestanden hatten.“ Bewohner erzählten, dass einige Gebäude von der Flut regelrecht an ihren eigenen Häusern vorbeigespült worden seien. „Mir kam es wie ein großes Wunder vor, dass in Insul niemand getötet oder verletzt worden ist.“

Keller auspumpen, Straßen freispülen

Daniel Dähn von der Feuerwehr Quickborn vor einem beschädigten Haus.
Daniel Dähn von der Feuerwehr Quickborn vor einem beschädigten Haus. © FFW | FFW

Die Häuser, die noch stehen, seien zum Teil stark beschädigt. „Wenn man die sieht, kann man sich nicht vorstellen, dass da überhaupt noch einmal jemand einziehen wird.“ Von den Häusern, die nicht erhöht stehen, seien in der Regel der Keller und das Erdgeschoss geflutet worden. „Der Putz bröckelt von den Wänden, die Tapete fällt herunter, der Fußboden ist aufgequollen, aus den Steckdosen kommt Wasser.“ Inzwischen seien viele Gebäude entrümpelt. „Da war ein Müllplatz mit zerstörtem Inventar, der war 30 mal 50 Meter groß.“

Die Aufgabe der Feuerwehrleute bestand am ersten Tag darin, die Straßen freizuspülen. „Der Schlamm, den das Wasser mitgebracht hatte, war getrocknet. Alles war voller Staub, und der war gesundheitsschädlich.“ In Schutzkleidung und mit FFP2-Masken hätten sie bis 3 Uhr morgens mit Strahlrohren die Straßen gereinigt.

Am Freitag habe dann der Auftrag gelautet, Keller vom Schlamm zu befreien. Auch hätten defekte Heizöltanks vor Ort demontiert und entsorgt werden müssen. „In den Kellern befanden sich häufig Ölschlämme, die wir nicht rausgepumpt haben, weil es dadurch draußen zu weiteren Umweltschäden gekommen wäre“, so Hellmich.

Giftiger Ölschlamm konnte nirgendwo entsorgt werden

Die Entscheidung der Einsatzkräfte, in einigen Fällen die giftige Brühe zunächst in den Kellern zu belassen, habe teilweise zu Wut und Unverständnis unter den Betroffenen geführt. „Als Hauseigentümer kann ich das verstehen“, sagt der 32-Jährige. Doch es habe schlicht keine Möglichkeit der Entsorgung gegeben.

Am Sonnabend, dem letzten Tag in Insul, seien die Straßen verstopft gewesen von freiwilligen Helfern, die vor Ort mit anpacken wollten. „Das ging zu wie im Ameisenhaufen“, berichtet Hellmich. Weil für diesen Tag Starkregen vorausgesagt worden sei, habe die Wehr Teile ihrer Geräte wieder abbauen müssen. „Man konnte den Leuten die Angst regelrecht ansehen“, sagt Hellmich. Lautsprecherfahrzeuge der Bundeswehr seien durch die Straßen gefahren und hätten die Bevölkerung gewarnt. Zum Glück sei der Regen ausgeblieben.

Am Sonntagvormittag übergaben die Helfer ihre Fahrzeuge an die Kräfte, die aus dem Kreis zur Ablösung eingetroffen waren. Dann ging es zurück nach Hause, wo Stefan Hellmich um 21.30 Uhr eintraf. Montag nahm er seine Arbeit bei der Stadt Pinneberg wieder auf. Sein Fazit: „Wir hätten mehr tun können, wenn man uns gelassen hätte.“