Elmshorn. Für die Stadtwerke soll das Auto alle Straßen digitalisieren. Auch Fassaden und Vorgärten werden erfasst. Die Details.
Das besondere an dem Ford Fiesta ist der Aufbau auf dem Dachgepäckträger. Dort befindet sich eine Spezialkamera nebst Laserscanner, mit deren Hilfe 360-Grad-Panoramabilder und Laserscandaten erstellt werden können.
Die Fahrzeuge der Firma Cyclomedia sind im August und im September in Elmshorn sowie in sechs Umlandgemeinden unterwegs und fahren jede Straße ab. Auftraggeber sind die Stadtwerke Elmshorn, die dafür eine Genehmigung der schleswig-holsteinischen Datenschutzbehörde haben.
Netzgebiet der Stadtwerke soll digitalisiert werden
„Wir werden unser gesamtes Netzgebiet digitalisieren“, kündigt Olaf Deich, Bereichsleiter der Stadtwerke, an. Das Unternehmen lasse sich die Aktion einen fünfstelligen Betrag kosten. „Das ist gut angelegtes Geld“, so der Technikchef. Das habe ein Pilotprojekt gezeigt, das in den vergangenen Monaten in Kölln-Reisiek, Seeth-Ekholt und Klein Nordende erfolgt sei.
In diesen drei Gemeinden, die ebenfalls zum Netzgebiet der Stadtwerke Elmshorn gehören, hatte Cyclomedia bereits im vergangenen Jahr alle Straßen mit den Kamerawagen abgefahren und die Daten an die Stadtwerke geliefert. Deich: „Wir haben ein halbes Jahr mit den Daten gearbeitet, sie bedeuten für uns einen echten Mehrwert.“
Nach dem erfolgreichen Abschluss der Pilotphase habe das Unternehmen nun den Auftrag erteilt, die übrigen Kommunen des Versorgungsgebietes mit einzubeziehen. Es handelt sich um die Stadt Elmshorn sowie die Gemeinden Seester, Seestermühe, Ellerhoop, Altenmoor, Neuendorf und Klein Offenseth-Sparrieshoop. Die Fahrzeuge der Firma Cyclomedia Deutschland kommen zwischen dem 2. August und Ende September. Wann sie wo im Einsatz sind, können die Stadtwerke nicht sagen.
Kameras erfassen auch Vorgärten und Hausfassaden
Alle Kunden im betroffenen Gebiet haben bereits eine Postwurfsendung von den Stadtwerken erhalten. Darin ist auch aufgeführt, dass die Kameras nicht nur den öffentlichen Straßenraum erfassen, sondern auch angrenzende Vorgärten sowie gegebenenfalls Hausfassaden, Garagen oder Carports. „Eventuelle Abbildungen von Personen sowie Autokennzeichen werden von Cyclomedia unkenntlich gemacht“, betont Deich. Dies erfolge durch eine Verpixelung, wofür eine spezielle Software eingesetzt wird.
Die Aufnahmen selbst sind, anders als etwa bei Google Streetview oder Google Earth, nicht öffentlich einsehbar. „Sie stehen nur den Mitarbeitern der Stadtwerke zur Verfügung und verlassen das Haus nicht“, betont der Technikchef. Das Datenmaterial spare den Mitarbeitern Zeit – und damit dem Unternehmen Geld. „Wir können auf Ortstermine verzichten und die Kunden viel besser am Telefon beraten“, so Deich weiter.
Wenn sich etwa ein Kunde bei den Stadtwerken melde und einen Gashausanschluss beantragen wolle, sei bisher ein Ortstermin unumgänglich gewesen. Künftig können dank des Datenmaterials vom Büro aus die örtliche Situation angeschaut und erste Ideen für den Verlauf der Leitung entwickelt werden.
Datenmaterial soll regelmäßig erneuert werden
Deich: „Wir haben auch die Möglichkeit, den Verkauf unserer vorhandenen Leitungen und unserer Trafostationen in das Bild- und Datenmaterial einzublenden.“ Dadurch könne das Unternehmen schneller und effektiver auf Störungen reagieren und notwendige Reparaturarbeiten besser vorplanen. Auch die Vorplanungen für größere Sanierungen würden erleichtert. „Wir können bereits im Büro das Planmaterial anfertigen und es dann später vor Ort noch einmal abgleichen.“ Dies vereinfache auch die notwendigen Ausschreibungen.
Laut Deich ist geplant, das Datenmaterial alle drei bis fünf Jahre zu erneuern, um veränderten Gegebenheiten vor Ort Rechnung zu tragen. Doch zunächst muss erst einmal die Ersterfassung erfolgen. „Die Daten, die wir erhalten, ermöglichen uns einen Rundumblick durch die jeweiligen Straßen“, so der Technikchef.
Gesammelte Daten sind nicht öffentlich einsehbar
Es sei möglich, nach rechts und links zu scrollen, um andere Perspektiven betrachten zu können. Anhand der Bilder sei es außerdem möglich, Flächen zu vermessen, etwa um die Höhe eines Kantsteins festzustellen. Für die Stadtwerke vereinfache es die Arbeit – und für den Bürger erhöhe es die Versorgungssicherheit, betont der Stadtwerkemitarbeiter.
Jeder Bürger habe das Recht, Widerspruch gegen die Nutzung der Daten einzulegen, wenn er ein Haus im Netzgebiet der Stadtwerke bewohnt. In den drei Pilotgemeinden gab es laut Deich „um die zehn Widersprüche“. Viele seien jedoch zurückgezogen worden, nachdem eine Aufklärung erfolgt sei, wozu die Daten benutzt würden und dass sie nicht öffentlich einsehbar sind. „Wir haben vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz die schriftliche Freigabe für das Projekt erhalten“, betont der Technikchef der Stadtwerke.