Ellerhoop. Vor zwei Jahren war die Kasse leer, jetzt brummt das Geschäft. Hans-Dieter Warda zeigt Landrätin Elfi Heesch sein Lebenswerk.
Vor zwei Jahren sah es noch düster aus. Dem Arboretum Ellerhoop fehlte Geld. So viel Geld, dass drei Gärtner gehen mussten. Seitdem hat sich das Blatt grundlegend gewendet: 2021 ist die Norddeutsche Gartenschau zu einem Gewinner der Pandemie geworden.
Besucherzahlen des Arboretums höher als im Vorjahr
„Durch Corona haben wir das große Glück, dass die Leute sich stärker in ihrer Umgebung umgucken. Insofern sind wir die Gewinner“, sagt Parkmanagerin Urte Wurtzel vom Förderkreis. Die Besucherzahlen seien höher als im Vorjahr, „da hatten wir aber auch schon aufgeholt, weil viele Leute wegen Corona nicht in den Urlaub gefahren waren“, so Wurtzel.
Zudem kämen immer mehr Familien mit Kindern, die ja im Arboretum eine Menge über Erd- und Gesteinsgeschichte, Bewuchs und die Tierwelt lernen können. Auch habe die Teilnahme am Langen Tag der Stadtnatur in Hamburg viele neue Besucher gebracht.
Jetzt hatte sich Landrätin Elfi Heesch zum Besuch ankündigt. In so einem Fall lässt es sich Professor Hans-Dieter Warda, der sich eigentlich langsam zurückziehen möchte, nicht nehmen, sie persönlich durch das Arboretum zu führen, denn das grüne, blühende, von wertvollen, seltenen, uralten und jungen Bäumen bestandene Paradies ist wohl getrost sein Lebenswerk zu nennen.
Landrätin Heesch besucht das Arboretum
Seine Begeisterung lässt den agilen 80-Jährigen, der seit 35 Jahren auf dem Gelände wohnt, sich nach gekringelten Alpenveilchenwurzeln bücken, sich unter dem Dach der herrlichen, verdrehten Süntel-Buchen aufrichten oder in seinem geliebten Bauerngarten die Kronen der Königskerzen prüfen. „Die Freude, die wir an den Blumen haben, das ist noch ordentlich vom Paradiese her“, zitiert er den frühromantischen Maler Philipp Otto Runge.
Später folgt einige Male Goethe. Ja, Warda ist belesen, und der Bauerngarten, in dem er jetzt mit der genau zuhörenden Landrätin steht, ist in seinen Augen ein bedrohtes Kulturgut: „Bauerngärten sind lebende Denkmäler“, sagt Warda, „in Schleswig-Holstein finden Sie kaum noch authentische, ursprüngliche Bauerngärten, in denen ja Zier- und Nutzpflanzen bunt durcheinander wachsen.“
Hier aber schon, denn neben dem 350 Jahre alten Münsterhof und der ebenso alten, mächtigen Eiche wachsen Stockrosen, Zinnien, Eisenhut, Johannisbeeren und Kohlrabi. Landrätin Elfi Heesch kommt selbst vom Bauernhof in Schleswig-Holstein, erzählt sie, „als Kind musste ich dort Kartoffeln einsammeln.“ Der Besuch bei dem Pflanzenkundler und Dendrologen Warda endet nach knapp vier Stunden. Elfi Heesch hat viel echtes Interesse gezeigt und fasst jetzt eine sommerliche Fahrradtour mit ihrem Mann ins Arboretum ins Auge.
Freundeskreis Arboretum hat etwa 1000 Mitglieder
Aber zunächst geht es vorbei an der verblühten und hochgeschossenen Wiese (Warda: „Zauberwiese“), in der an die 600.000 Zwiebeln der duftenden Dichternarzissen schlummern, übers feuchte Gras, durch das viele kleine Frösche hüfen, zum Weg, an dem entlang diverse Farbpflanzungen jedes Jahr ein Feuerwerk entfachen.
Den Rosengarten habe eine Studentin entworfen, des Pilzes, der den Buchsbaum befalle, sei man einigermaßen Herr geworden, und den antiken Italien-Pavillon habe er von der Landesgartenschau aus Trier losgeeist, erzählt Warda stolz. Bis er am Lotosteich stehenbleibt, seinem Heiligtum. „Wie haben Sie die hierher bekommen?“ fragt Elfi Heesch da. Jahrelange Versuche habe es gekostet, bis sie vor gut 20 Jahren den Mut gehabt hätten, die empfindlichen Blumen hier ins Wasser zu setzen. „Jetzt ist er total übergeschnappt“, hätten die Leute gedacht.
Viele haben ihm aber die Treue gehalten, der Freundeskreis schrumpft zwar, hat aber ebenso viele Zugänge, sodass er rund 1000 Mitglieder hält, deren Beiträge die Zuwendungen vom Kreis von 155.000 Euro im Jahr gehörig aufrunden. „Wir möchten die Leute stärker animieren, sich da zu engagieren. 30 Euro Jahresbeitrag sind schließlich nicht viel“, sagt Urte Wurtzel.
Park ist auf Einnahmen aus dem Café angewiesen
Vorbei an der schulbiologischen Strecke mit zum jeweiligen Erdzeitalter passendem Gestein und Bäumen, geht es hinab zu den Sumpfzypressen, wo der Steg demnächst erneuert werden soll, denn daran hat der Zahn der Zeit genagt, ebenso wie an einer Holzbrücke nahe dem kleinen Bambuswäldchen. Das Geld dafür sei bewilligt, momentan hapere es an der Umsetzung, sagt Ute Wurtzel.
Auf dem Steg wünscht sich Warda, dass „eine urwäldliche Stimmung entsteht“. Vor 28 Jahren hätten er und seine Gärtner die ersten fingerdicken Sumpfzypressen-Stecklinge aus Florida hier im Wasser verankert und anfangs mit alten Fahrradschläuchen geschützt, „heute stehen die bombenfest!“
Jammern wolle er überhaupt nicht, sagt Warda, nur den jetzigen einladenden Eingang und die Erlaubnis, das Café zu betreiben, die will er unbedingt bewahren. Weil es schön ist und der Park auf die Gastronomie-Einnahmen angewiesen ist. Denn wie soll es sonst möglich sein, dass sein Publikum inmitten des Blütenmeeres „auf die Knie fallen“ solle, „weil es hier so schön und so romantisch ist“? Das will schließlich bezahlt werden. Elfi Heesch findet es „wunderbar, wie Sie Ihre Vision entwickelt haben, und dass dann so etwas daraus geworden ist. Ich hätte das nicht erwartet. Es ist absolut beeindruckend. Ganz anders, als wenn man in Hamburg in einen Park geht.“