Halstenbek. Wie Caroline Winter (12) einen Schreibwettbewerb für sich entschied, obwohl sie die Sprache gar nicht spricht.

Am Schrank hängen Pferdebilder, links steht ein weißes Hochbett, gegenüber der Schreibtisch: Das Zimmer von Caroline Winter ist bunt und hell. Hier schreibt die zwölfjährige Halstenbekerin ihre eigenen Geschichten. Für ihre jüngste Idee hat sie nun den „Ünner-18-Preis“ des diesjährigen plattdeutschen Schreibwettbewerbs des NDR gewonnen.

Von allen Einsendungen hat ihre Geschichte unter dem Motto „Vertell doch mal - Allens anners“ die Jury am meisten begeistert. 400 Euro Preisgeld hat die Schülerin erhalten und wurde Zuhause von einem Filmteam besucht.

NDR-Filmteam besuchte die Halstenbekerin zu Hause

Zuerst habe sie es selbst kaum fassen können: Erst der Anruf, es unter die besten 100 geschafft zu haben und dann die Nachricht, dass sie den Preis gewonnen hat. „Ich habe erst gar nicht realisiert, was das bedeutet“, sagt Caroline. Als der Überraschungsmoment vorbei war, habe sie sich sehr gefreut, so viel Anerkennung für eine selbst verfasste Geschichte zu bekommen. Auch ein Filmteam vom NDR sei da gewesen und habe einen Videoclip mit ihr gedreht.

Denn Carolines Text überzeugt mit einem sehr aktuellen Thema: Unter dem Titel „De Oortsverschuver“ macht sie auf Plattdeutsch darauf aufmerksam, dass die Menschen in Deutschland sich glücklich schätzen sollten, während der Krise in einem so privilegierten Land zu leben.

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Die Geschichte, die im Februar verschickt werden musste, handelt von einem Schulkind, das genervt von der Corona-Situation ist. Als es sich über Homeschooling und Langeweile ärgert, taucht ein unbekanntes Wesen in seinem Zimmer auf. Es hinterlässt dem Kind den „Oortsverschuver“, ein Gerät, mit dem es in unterschiedliche Länder reisen kann.

Großeltern halfen beim Übersetzen der Geschichte

Die Hauptfigur besucht dabei drei „Stationen“: Zuerst einen Friedhof in Südafrika, wo immer mehr Corona-Tote ankommen, dann eine Straße in Frankreich, wo das Haus wegen der Ausgangssperre nur mit einer Genehmigung verlassen werden darf und schließlich eine überlastete Intensivstation in Brasilien, wo viele Menschen ums Überleben kämpfen. Als die Person am Ende wieder in ihrem eigenen Zimmer landet, merkt sie, dass sie eigentlich doch ganz zufrieden mit der eigenen Situation sein sollte.

Die Idee für die Geschichte sei Caroline gekommen, als sie mit ihren Eltern die Nachrichten verfolgt habe. „Ich habe gesehen, wie schlecht es den Menschen in vielen anderen Ländern geht und dann wurde gezeigt, dass die Leute hier sich trotzdem über die Regeln beschweren oder unzufrieden sind“, sagt die Schülerin, „das fand ich sehr schade und wollte mit meiner Geschichte die Unterschiede aufzeigen“.

Zuerst sei es jedoch etwas schwierig gewesen, den Text ins Plattdeutsche zu übersetzen. Denn die Halstenbekerin spricht kein „Platt“, dafür aber ihre Großeltern. „Vor allem mein Opa hat früher mit seiner Familie Plattdeutsch gesprochen, daher kann er das ziemlich gut“, sagt sie. Auch wenn einige Wörter oder Ausdrücke nicht zu übersetzen gewesen seien, habe es letztendlich funktioniert.

Winter schreibt schon lange eigene Geschichten

Da ihre Mutter in Norwegen geboren wurde, kann Caroline auch Norwegisch sprechen. „Vielleicht ist es dadurch auch etwas leichter für sie, Plattdeutsch zu verstehen“, so Mutter Camilla Winter.

Neben dem Schreiben hat die Sechstklässlerin auch viele andere Hobbys. Wenn sie nicht gerade Hip-Hop tanzt, spielt Caroline Handball oder übt Querflöte. Trotzdem: Das Geschichten schreiben darf bei ihr nicht zu kurz kommen. Seit der Grundschule überlegt die Schülerin sich immer wieder neue Texte, die sie alleine oder mit Freundinnen aufschreibt. „Das erste Mal habe ich mir mit einer Freundin etwas ausgedacht, von mir kam die Geschichte und sie hat die Bilder gemalt“, sagt Caroline Winter. Am Ende sei dann ein richtiges Büchlein daraus geworden.

Außerdem habe sie in der Schule durch ein sogenanntes Enrichment-Programm, das besonders begabte Schülerinnen und Schüler fördern soll, weitere Texte geschrieben. Vor zwei Jahren habe sie dadurch sogar mal beim Literaturcafé in der Pinneberger Drostei eine eigene Weihnachtsgeschichte vorgetragen.

Später will die Zwölfjährige gern Lehrerin werden

„Jetzt schreibe ich einfach immer auf, was mir in den Kopf kommt“, sagt die Halstenbekerin, „manchmal ist das allerdings ganz schön viel.“

Nicht nur Kurzgeschichten, sondern auch eine „Harry-Potter-Fanfiction“, hat die Schülerin des Wolfgang-Borchert-Gymnasiums schon geschrieben. Darin spinnt sie die Handlung der bekannten Romane weiter.

Fast 100 Seiten hat das gebundene Heft, auf dessen Seiten es darum geht, wie sie selbst mit einer Freundin das bekannte Zauberinternat „Hogwarts“ aus den Büchern besucht.

Ob sie später Autorin werden möchte, weiß Caroline jedoch noch nicht genau. „Eigentlich wäre mein Berufswunsch Lehrerin, schreiben würde ich dann in meiner Freizeit“, sagt sie.

Aufgrund der Pandemie fand die geplante Gala des diesjährigen Schreibwettbewerbs im Ohnsorg-Theater nicht als Publikumsveranstaltung statt, sondern wurde nur online übertragen.

Lesung der Kurzgeschichte ist im Internet zu sehen

Neben Carolines Geschichte wurden auch die fünf besten Texte der Erwachsenen vorgetragen.

Die Gewinner selbst konnten jedoch nicht vor Ort sein, ihre Geschichten wurden von Schauspielenden des Theaters sowie der Botschafterin Ina Müller vorgetragen.

In dem „Vertell doch mal“-Buch 2021, das nun auch in Carolines Bücherregal steht, sind alle Texte zu des Wettbewerbs finden. Die Lesung von Carolines Kurzgeschichte können sich Interessierte außerdem im Internet angucken, in dem sie die Homepage des NDR anklicken und Vetell doch mal in die Suchfunktion eingeben.