Kreis Pinneberg. Heterologe Impfung nach Erstimpfung mit Astrazeneca löse Chaos in Praxen aus. Nur eine Corona-Neuinfektion im Kreis Pinneberg.

Die Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) übt scharfe Kritik an der Ständigen Impfkommission (Stiko). Denn diese empfiehlt die heterologe Impfung nach einer Erstimpfung mit Astrazeneca. Das habe laut KVHS zu einem regelrechten Chaos in den schleswig-holsteinischen Arztpraxen geführt.

Telefone stünden nicht mehr still, Termine gerieten durcheinander, Praxisbesucher forderten das schnelle Impfen mit einem Impfstoff, der in den Mengen nicht vorhanden sei, und das Personal sehe sich mit langwierigen und schwierigen Diskussionen mit Praxisbesuchern konfrontiert.

„Es ist ein unhaltbarerer Zustand, dass diese rasanten Kurswechsel auf dem Rücken der Praxen und ihres Personals ausgetragen wird, das hätte man voraussehen können“, sagt die Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH), Dr. Monika Schliffke. Statt mit Bedacht, Ruhe und einer klaren Linie die notwendigen Schritte zu vollziehen, folge das Gremium einem Stolperpfad und wechsele mal eben die Richtung, weil man gerade neue Ergebnisse habe, die noch gar nicht zu Ende geklärt seien.

„Ständig wechselnde Vorgaben nicht mehr zumutbar“

„Mit einem verantwortlichen wissenschaftlich-strukturierten Vorgehen hat das nichts zu tun“, so Dr. Ralph Ennenbach, stellvertretender Vorsitzender der KVSH. Denn die Stiko gebe ja selbst zu, dass erst noch ein Stellungnahmeverfahren eingeleitet werden müsse, bevor eine wissenschaftliche Begründung erfolge. „Ein Hinweis auf mögliche Entwicklungen ist das eine, das spontane Hineingreifen in den Praxisalltag ohne Vorlauf und Kongruenz mit Vorgaben der EMA ist verantwortungsarm, um es diplomatisch auszudrücken“, sagt er.

Es sei dringend notwendig, dass sich das Gremium auf seine Kernkompetenz besinne: Empfehlungen dann herauszugeben, wenn sie wissenschaftlich fundiert und praktisch umsetzbar sind. „Politischer Aktionismus hilft nicht, er zerstört vielmehr – Vertrauen, Motivation und Akzeptanz“, so Schliffke. „Die Politik muss dafür sorgen, dass speziell für Praxen, die sich aktiv an Sonderaktionen zu Astrazeneca eingesetzt haben, in größeren Mengen mRNA-Impfstoff geliefert wird.“

Aufgrund der widersprüchlichen Haltungen von Stiko und EMA müsse in der Politik an einer Klärung der grundsätzlich neu auftauchenden Haftungsfrage gearbeitet werden, so die KVSH-Chefin. Die KVSH empfehle ihren Ärzten, nunmehr auf Erstimpfungen mit Astra zu verzichten. „Die Nicht-Planbarkeit durch ständig wechselnde Vorgaben ist niemandem mehr zumutbar.“

Inzidenz sinkt unter Bundesschnitt – Helgoland lockert

Auch am Freitag hat das Gesundheitsamt des Kreises Pinneberg lediglich eine einzige Corona-Neuinfektion gemeldet. Die bis vor Kurzem vergleichsweise hohe Sieben-Tage-Inzidenz fällt damit nun sogar unter den Bundesdurchschnitt. Sie liegt aktuell bei 4,7. Zurzeit gelten kreisweit noch 43 Fälle als aktiv.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung hat der Kreis die Einreisebestimmungen nach Helgoland gelockert. Tagesgäste benötigen von Montag an keinen Corona-Schnelltest mehr, um eine Fahrt auf die Insel anzutreten.

Anders sieht es bei Besuchern aus, die über Nacht bleiben möchten. Sie müssen weiterhin einen Nachweis über einen negativen Test bei sich haben. Die Testung muss vor Reiseantritt erfolgt sein und darf beim Einchecken nicht älter als 48 Stunden sein. Ebenfalls einen Test benötigen Gäste, die sich im Innenbereich eines Restaurants bewirten lassen möchten.

Von all diesen Regelungen befreit sind Geimpfte und Genesene, die ihren Status nachweisen können.