Pinneberg. Ein Markt, eine Brauerei mit Biergarten und ein Innovationspark: Noch ist es nur eine Idee zweier Pinneberger Politikerinnen.

Durch die Abrisswut in den 1960er/70er-Jahren hat Pinneberg den größten Teil seines Charakters verloren. Doch noch immer schlummern in der einen oder anderen Gegend Hinterlassenschaften oder Grundstücke mit besonderer Ausstrahlung, über deren Zukunft nachzudenken sich lohnt, sofern die Politik gewillt ist, neue Ideen in den Prozess ihrer Entscheidungsfindung einzubeziehen.

Für die Wuppermanschen Hallen haben die beiden Pinnebergerinnen Nikoline Jonas und Birgit Wunder ein erstes Konzept entworfen und niedergeschrieben. Birgit Wunder ist stellvertretendes bürgerliches Mitglied der Grünen & Unabhängigen im Stadtentwicklungsausschuss.

Markthalle, Brauerei und ein Innovationspark

Ihr Vorschlag: Eine der schönen, großen Hallen könne zur Markthalle à la Elmshorner Buttermarkt umgestaltet werden, wo lokale Lebensmittel, Blumen und Pflanzen Absatz fänden. Auch eine Brauerei sei für den Standort ideal, ebenso eine Kaffeerösterei mit Gastronomie.

In der Halle daneben könnten lokale Produkte und Handwerkskunst einziehen, abends könnten einige Hallen in Räume für Ausstellungen, Konzerte, Theater und Vorträge verwandelt werden, es könne ein Dokumentationszentrum und eine Eventlocation eingebaut werden. Und vielleicht ein kleines Kino.

Im südlichen Teil des Areals, wo weitere, eher minderwertige Hallen stehen, könne ein Innovationspark entstehen, für den möglicherweise das noch einigermaßen gut erhaltene ehemalige Bürogebäude nutzbar sei. Hier sei auch genügend Platz für moderate Wohnbebauung.

Konzept ist vorerst nur eine Ideensammlung

„Wünschenswert sind Bauformen, die einen Richtungswechsel hin zu Qualität, auch Lebensqualität signalisieren“, so die Initiatorinnen. Der Verkehr dürfe dann nicht durch die seit Eröffnung der Westumgehung ruhiger gewordene Wupperman-Siedlung geführt werden, sondern hinten herum über den Parkplatz unter der Hochbrücke.

Das Wupperman-Denkmal in der Siedlung, die der Unternehmer seinerzeit für seine Arbeiter hat bauen lassen.
Das Wupperman-Denkmal in der Siedlung, die der Unternehmer seinerzeit für seine Arbeiter hat bauen lassen. © Katja Engler | Katja Engler

In der vergangenen Ausschusssitzung, die online verlief, war der ehrenamtlichen Politikerin noch nicht die Zeit eingeräumt worden, ihr Konzept genauer vorzustellen. Vorerst ist es „nur“ eine Ideensammlung. Aber was wäre eine moderne, zeitgemäße Stadtplanung ohne Ideen?

Jedenfalls verstehen Nikoline Jonas und sie darunter mehr, als ein weiteres Angebot bezahlbarer Schlafstätten zu schaffen: „Die Gesundheit des Einzelnen als auch der Gesellschaft hängt maßgeblich von sozialen, kulturellen und naturnahen Räumen, von Begegnungsstätten ab, in denen zwischenmenschlicher Austausch möglich ist“, sagen sie. Für das betreffende Areal existiert bislang weder ein Bebauungsplan, noch gibt es anderweitige Beschlüsse. Der Raum, Ideen zu bewegen, ist also da.

„Zukunftsweisende Form von innerstädtischem Leben“

Und die Wuppermanschen Hallen, die im Privatbesitz von Winfried Grabitz sind, der sie verkaufen möchte, sind ein herausragendes Industriedenkmal. Bis jetzt ist dort nichts passiert, weil die Rahmenbedingungen nicht feststehen.

Größere Städte wie Hamburg, London oder Kopenhagen haben solche Bauensembles aus der Boomzeit des aufstrebenden Industriezeitalters längst kreativ und zugleich wirtschaftlich tragfähig aufgewertet – warum sollte so eine Vision nicht auch in Pinneberg realisierbar sein, wo die Kaufkraft hoch ist?

Mannshoch war früher im Metallgewerbe eine Sackkarre. Hohe Gewichte wurden mit ihr umhergewuchtet.
Mannshoch war früher im Metallgewerbe eine Sackkarre. Hohe Gewichte wurden mit ihr umhergewuchtet. © Katja Engler | Katja Engler

Das mögen sich Nikoline Jonas und Birgit Wunder gefragt haben, als sie begannen, Ideen für das von Wildblumen und Jungbäumen überwucherte, für Kreative extrem spannende Areal zu entwickeln. Grundsätzlich wünschen sich die beiden Frauen, dass das gesamte innenstadtnahe Gebiet aufgewertet, belebt und stärker an die City angebunden wird.

Sie sprechen deshalb von einer „neuen, zukunftsweisenden Form von innerstädtischem Leben, Wohnen und Arbeiten“, statt einer verödeten Innenstadt. Das Areal an der Hermannstraße sei „in seiner architektonischen Struktur für Pinneberg einzigartig und stellt ein räumliches Ensemble von historischen Industriehallen dar, die in dieser Form nicht nur charakteristisch und erhaltenswert sind, ungeahntes Potenzial in sich bergen, sondern in ähnlicher Form kaum mehr gebaut werden würden.“

Konzept Thema im Stadtentwicklungsausschuss

Pragmatisch sagen sie: „Reine Schlafstädte bieten keinerlei Perspektiven. Ebenso wenig generiert Wohnbau allein hinreichend Steuern für die angespannten kommunalen Finanzen.“ Sie wissen also, dass Gewerbe her muss.

Dass im Stadtentwicklungsausschuss wieder über die Zukunft des Geländes geredet wird, über Abriss und den Bau von Reihenhäusern, wissen die Anwohner in der angrenzenden Wupperman-Siedlung nicht. Entschieden hat die Politik aber, wie gesagt, noch nichts.

Nikoline Jonas und Birgit Wunder möchten, dass über die Umgestaltung des Gebietes offen und unter Einbeziehung der benachbarten Bürgerinnen und Bürger gesprochen wird: „Wir planen einen Flyer, den wir an die Anwohner verteilen wollen. Darin werden wir eine Zoom-Konferenz zum Thema ankündigen, möglichst noch im Juli.“