Pinneberg. Per Anwalt wehrt sich Dom-Schausteller Karl-Ernst Hartkopf gegen die Vorwürfe. Das sind die Details.

Die behördlichen Maßnahmen seien völlig „absurd“, wenn überhaupt, dann habe es nur eine einzelne Verfehlung eines Mitarbeiters gegeben: Nachdem die Staatsanwaltschaft Itzehoe seit Mittwoch offiziell gegen die Betreiber des Pinneberger Testzentrums am Westring wegen Betrugsverdachts ermittelt, meldet sich nun noch einmal der verantwortliche Pinneberger Unternehmer Karl-Ernst Hartkopf per Anwalt zu Wort. Ihm und zwei Co-Betreibern aus der Veranstaltungsbranche wird vorgeworfen, Testergebnisse ohne Test ausgehändigt zu haben. Auch wegen Abrechnungsbetrug wird ermittelt.

Schon am Mittwoch hatte Hartkopf gegenüber dem Abendblatt seine Unschuld beteuert und die Ermittlungen als unverhältnismäßig gegeißelt. Über die Hamburger Anwaltskanzlei Granzin lässt er jetzt ausrichten, dass er „von dem überraschenden behördlichen Handeln überrumpelt“ wurde und „über die Vorwürfe erschrocken“ sei. Das Gesundheitsamt des Kreises hatte die Ermittlungen ins Rollen gebracht.

Corona: Aufbau und Tests erfolgten „nach Gesetz“

„Die Schließung des Testzentrums und die polizeilichen Maßnahmen haben uns völlig kalt erwischt“, so Hartkopf (47) in dem Schreiben. Bekanntlich ist der Schausteller aus Pinneberg mit seiner Ehefrau Marylin Fackler und Schwiegermutter Edith Heidmann eine Institution im Norden. Sie gelten als „Dom-Dynastie aus Pinneberg“. Die Pandemie habe für Hartkopf den Quereinstieg ins Corona-Testgewerbe als zweites Standbein nötig gemacht. 250.000 Euro haben Aufbau und Organisation des Testverfahrens an der Drive-in-Station gekostet. Alles sei „streng nach Gesetz und der gültigen Verordnungslage“ erfolgt.

Für Hartkopf sei die sofort per Mitteilung hergestellte Öffentlichkeit seitens der Ermittlungsbehörden nicht nachzuvollziehen. „Es ist unverständlich, dass seitens des Landkreises auf öffentlichkeitswirksame Showeffekte gesetzt wurde, anstatt seriöse Sachaufklärung zu betreiben und im Interesse der Bürger die Testungen fortzusetzen“, heißt es in dem Anwaltsschreiben.

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Amt will Fehlerquelle nicht nennen

Andererseits sei ein konkreter Hinweis an die Betreiber ausgeblieben. „Da wollte nach den Fehlern der Vergangenheit wohl jemand auf unsere Kosten den starken Mann markieren. Wenn wir mit einer potenziellen Fehlerquelle konfrontiert worden wären, dann wären wir dem nachgegangen und hätten das abgestellt“, rechtfertigt sich Hartkopf. Nicht grundlos beklage sein Mandant, so Anwalt Heiko Granzin, insbesondere mangelnde Transparenz.

Eine Erklärung für das Einleiten des Verdachtsverfahrens habe Hartkopf nicht, nur eine vage Vermutung: „Wir arbeiten mit einem Personaldienstleister zusammen. Angeblich soll einer der dort Beschäftigten einem Bürger einen Test ohne Einhaltung der vorgegebenen Standards angeboten haben“, so der Schausteller aus Pinneberg. „Auch auf Nachfrage hat man uns weder den Namen des Bürgers noch den des vermeintlich verantwortlichen Mitarbeiters genannt. Wie sollen wir uns gegen eine solche Geheimniskrämerei zur Wehr setzen?“

Hat ein Mitarbeiter einen Fehler gemacht?

Nachdem Beamte des Kriminaldauerdienstes nicht nur das Testzentrum, sondern auch die Privatanschriften der Tatverdächtigen durchsucht hatten – neben Hartkopf wird gegen einen 64-Jährigen aus dem Landkreis Harburg sowie einen 54-Jährigen aus dem Kreis Segeberg ermittelt –, stellten sie eigenen Angabe zufolge „umfangreiches Beweismaterial“ sicher. Hartkopf kündigt nun wiederholt „hundertprozentige Offenheit und Mitarbeit“ an. „Wir haben sofort alle Daten, Aufzeichnungen und Datenträger zur Verfügung gestellt“, sagt er über seinen Anwalt.

Und weiter: „Es wurden unzählige ordnungsgemäße Testungen durchgeführt und damit ein wesentlicher Beitrag zur Normalisierung des Alltags geleistet. Wir hoffen, dass wir die Vorwürfe schnellstmöglich aufklären und die Testungen zugunsten der hier lebenden Menschen wieder aufnehmen können.“

Die wichtigsten Varianten des Coronavirus im Überblick

Nach Anregung der Weltgesundheitsorganisation WHO werden die Varianten des Coronavirus seit Mai 2021 nicht mehr nach den Staaten benannt, in denen sie zuerst nachgewiesen wurden, sondern nach den Buchstaben des griechischen Alphabets. So soll eine Stigmatisierung beispielsweise von Ländern verhindert werden, in denen besonders ansteckende Virusmutationen zuerst nachgewiesen wurden.

Derzeit gelten fünf Formen des Coronavirus als besorgniserregend ("Variants of Concern"):

  • Alpha: Die im September 2020 zuerst in Großbritannien nachgewiesene Variante B.1.1.7, die das ursprüngliche Coronavirus fast vollständig verdrängt hatte, bevor sie ihrerseits von der Delta-Variante verdrängt wurde
  • Beta: Eine Form des Coronavirus, die im Mai 2020 in Südafrika entdeckt wurde, wissenschaftliche Bezeichung: B.1.351, B.1.351.2, B.1.351.3
  • Gamma: Die zunächst in Brasilien im November 2020 nachgewiesene Mutation P.1 und ihre Subformen P.1.1 und P.1.2
  • Delta: Die Corona-Variante B.1.617.2 (und ihre Subformen AY.1, AY.2, AY.3), zuerst im Oktober 2020 in Indien gefunden
  • Omikron: Die Corona-Variante B.1.1.529 wurde im November 2021 in mehreren afrikanischen Ländern nachgewiesen und verbreitet sich

Außerdem beobachtet die WHO weitere vier Mutationen als bedeutsame "Variants of Interest" :

  • Lambda: C.37, im Dezember 2020 in Peru entdeckt
  • Mu: B.1.621, im Januar 2021 erstmals in Kolumbien nachgewiesen

„Sind keine betrügerische Test-Bude“

Was den Betrugsvorwurf anbelangt, sei er persönlich gelassen: „Die Maßnahmen sind völlig absurd. Weil eventuell ein fauler Apfel mit im Korb lag, werden wir mit betrügerisch agierenden Test-Buden in Berlin-Neukölln oder sonst wo in einen Topf geworfen“, so Hartkopf. Der Fall liege hier erkennbar anders. „Es wurde und wird nicht ein einziger durchgeführter Test abgerechnet, der nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde.“

Kreisverwaltung und Staatsanwaltschaft wollten mit Verweis auf das laufende Verfahren keine weiteren Angaben zu dem Verdachtsfall machen. Offen ist nach wie vor, in welcher Größenordnung und über welchen Zeitraum Unregelmäßigkeiten im Testzentrum aufgetreten sein sollen. Seit dem Start am 12. April seien etwa 27.000 Tests an der Station gemacht worden, das Gesundheitsamt habe die Abläufe abgenommen. Vorerst ist die Station nun geschlossen.