Kreis Pinneberg. Kriminalstatistik 2020: Weniger Straftaten im Kreis, aber ein Anstieg bei Warenbetrug und häuslicher Gewalt.

In Zeiten der Corona-Pandemie sind die Straftäter ins Internet abgewandert. „Wir haben einen Anstieg von 23 Prozent, was den Warenbetrug im Internet angeht“, sagt Jochen Drews, Leiter der Kriminalinspektion Bad Segeberg. Er stellte am Freitag die polizeiliche Kriminalstatistik 2020 vor.

Die Zahl der im Kreis Pinneberg erfassten Straftaten geht im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurück und liegt im Vergleich mit den vergangenen zehn Jahren erstmalig unter 17.500 Straftaten. „Wir hatten es aufgrund der Corona-Pandemie mit einem besonderen Jahr zu tun, das mit den Vorjahren nur eingeschränkt zu vergleichen ist“, so Drews weiter. Die Pandemie habe die Rahmenbedingungen verändert, dies spiegele sich auch in der Kriminalität wider.

2020 wurden im Kreis Pinneberg 17.338 Straftaten aktenkundig. Dies entspricht einem Rückgang um 1214 Fälle oder 6,5 Prozent gegenüber 2019, als es noch 18.552 Straftaten gab. Die Aufklärungsquote steigt leicht auf 51,5 Prozent. Zum Vergleich: Landesweit war ein Rückgang der Straftaten um 5,2 Prozent zu verzeichnen, hier lag die Aufklärungsquote bei 55,8 Prozent.

Diebstahlsdelikte dominieren die Kreis-Statistik – mehr als jede dritte Tat (35,1 Prozent) ist hier einzuordnen. 6094 Fälle stammen aus diesem Bereich. Auffällig: Im vorigen Jahr kam es zu 515 Taschendiebstählen – 2019 waren es nur 261. „Die Täter haben ein Ausweichverhalten an den Tag gelegt“, so der Chef der Kriminalinspektion. Supermärkte seien trotz Corona immer geöffnet, und dort ergebe sich schnell eine Tatgelegenheit, etwa wenn Handtaschen offen im Einkaufswagen verstaut werden. Drews: „Häufig kam es auch zu Taten in Discountern, die über keine oder nur eine mäßige Videoüberwachung verfügen.“ Vielfach seien ältere Kunden zum Opfer der Täter geworden.

Die übrigen Kennzahlen im Diebstahlbereich sind rückläufig. So kam es 2020 etwa zu 795 Ladendiebstählen (2019: 961 Taten), die Zahl der Autodiebstähle sank von 87 in 2019 auf jetzt 58. In 412 Fällen stiegen Einbrecher in Häuser und Wohnungen ein, ein Rückgang um 85 Fälle im Vergleich zum Vorjahr. So niedrig waren die Einbruchszahlen seit zehn Jahren nicht mehr.

„Auch das hat mit Corona zu tun“, sagt Drews. Die Bürger seien im Vorjahr deutlich mehr Zuhause gewesen, viele hätten dank Homeoffice auch von dort aus gearbeitet. „Einbrecher steigen in der Regel nicht in Objekte ein, wenn dort jemand anwesend ist.“ Dass dies nicht von der Hand zu weisen ist, zeigt ein Blick auf die Einbrüche in Gewerbeobjekte. Hier kam es 2020 zu 193 Taten – im Jahr davor waren es 192.

Der Chef der Kriminalinspektion sieht den Rückgang bei den Einbruchszahlen zum Teil auch in dem Konzept der zentralisierten Bearbeitung begründet. Dafür spreche auch, dass inzwischen in 15,8 Prozent der Fälle eine Aufklärung erfolge. Drews: „Noch vor einigen Jahren hatten wir hier eine Aufklärungsquote im mittleren einstelligen Bereich.“ Im Landesvergleich weise der Kreis weiterhin eine hohe Zahl an Einbrüchen auf. In 91 Fällen (2019: 111) kamen die Einbrecher am helllichten Tag.

„Die Internetkriminalität steht immer stärker im Fokus der polizeilichen Ermittlungen“, so der 44-Jährige weiter. In 406 Fällen sei 2020 ein Warenbetrug angezeigt worden – also eine Bestellung im Internet, bei der zwar eine Bezahlung, jedoch keine Warenlieferung erfolgte. Zum Vergleich: 2019 ermittelte die Fälle in diesem Deliktbereich 329-mal. „Häufig führt die Spur ins Ausland, sodass die Ermittlungen mit großem Aufwand verbunden sind“, erläutert Drews. Immer wieder bleibe die Recherche auch ohne Erfolg. „Wenn wir nach drei Netzknoten in Russland landen, führt das ganz oft zu nichts.“ Inzwischen gebe es im Internet sehr gut gemachte Fake-Shops, deren Ersteller sehr oft im Ausland sitzen. Drews: „Leider sind viele Leute sehr leichtgläubig und lassen sich auf Vorkasse ein.“

Auch in anderen Fällen werde das Internet zum Tatmittel. Laut Drews stoße die Polizei immer häufiger auf Chatverläufe, in denen Täter über ihr Alter und ihr Geschlecht falsche Angaben machen und ihre Chatpartner dazu verleiten, sexuelle Dinge von sich preiszugeben. „Cybercrime ist ein Schwerpunkt der polizeilichen Arbeit geworden“, so der 44-Jährige weiter.

Doch auch mit den klassischen Straftaten haben die Beamten genügend zu tun. Zehn Straftaten gegen das Leben flossen 2020 in die Kriminalstatistik ein – aufgeschlüsselt in sechs Morde und vier Totschlagsdelikte, zum Teil blieb es beim Versuch. Zum Vergleich: 2019 gab es in diesem Deliktbereich sogar 23 Fälle. 37 Vergewaltigungen (2019: 34) wurden 2020 von der Polizei bearbeitet, davon konnten 90,2 Prozent aufgeklärt werden. Was die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung betrifft, flossen 243 Fälle in die Statistik ein – vier mehr als 2019. Es kam in 79 Fällen zu einem sexuellen Missbrauch, dies betraf in 48 Fällen Kinder. Die Zahlen bleiben etwa auf dem Niveau des Vorjahres.

Leicht angestiegen (plus drei Prozent) sind die Fälle von häuslicher Gewalt – dies offenbar coronabedingt. In diesem Bereich wurden 548 Taten aktenkundig. Bei den Rohheitsdelikten waren 2699 Fälle zu bearbeiten – 32 weniger als 2019. Auch bei den Raubtaten gibt es mit 101 Fällen einen leichten Rückgang (minus 14). Gestiegen ist dagegen die Zahl der Brandstiftungen. 76 derartige Fälle (2019: 63) wurden 2020 erfasst. Häufig gibt es so wenige Spuren, sodass keine Täter ermittelt werden können.