Pinneberg. Viele Politiker und Pinnebergs Bürgermeisterin blicken dem Umbau zum Kulturzentrum optimistisch entgegen.
Früher übten die Arbeiter aus dem Wupperman-Emaillewerk hier Rumpfbeugen und turnten am Reck, später erwarben sich die feurigen Amateure des Forum Theaters in der ausgedienten Turnhalle an der Pinneberger Lindenstraße ihren Ruf als die Schauspieltruppe, die sich mit Begeisterung jeder neuen Herausforderung stellt. Jetzt endlich hat die Ernst-Paasch-Halle mit der schmucken Fassade wieder eine Zukunftsaussicht: Der Bund hat am Mittwoch aus dem Sanierungsprogramm kommunaler Einrichtungen in Sport, Jugend und Kultur 590.000 Euro für deren Umbau zum Kulturzentrum lockergemacht.
„Eine grandiose Unterstützung ist das. Ich bin sehr froh, dass der Bund unsere Bemühungen anerkannt hat und danke allen, die sich dafür eingesetzt haben“, sagt Bürgermeisterin Urte Steinberg. „Der jahrelange Einsatz in Berlin hat sich gelohnt“, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Ernst Dieter Rossmann. „Gerade für die Kulturszene, die stark unter der Corona-Pandemie leidet, kann das ein Lichtblick in schwieriger Zeit werden.“ Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael von Abercron hat das Projekt gern unterstützt: „Solche Kulturprojekte bilden als Treff- und Veranstaltungsorte die Grundlagen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens. Daher freut es mich sehr, dass der Bund dieses Projekt mit einer so hohen Summe fördert.“ Dietrich Drechsler (CDU), Mitglied im Pinneberger Kulturausschuss, sagt: „Die Stadt wird davon sehr profitieren. Nun ist es an der Verwaltung, schnellstens die benötigten Gelder bereitzustellen.“ Auch Joachim Dreher (Grüne & Unabhängige) freut sich: „Ich finde das sehr gut. Das ist ein wichtiger Schritt für die Entwicklung der Innenstadt. Auch wird damit ein schönes historisches Gebäude erhalten, das Teil der Pinneberger Kultur ist.“
Fertiger Plan in der Schublade hat den Ausschlag gegeben
Die Neuigkeit, die erst am Nachmittag bekannt wurde, wirkt jetzt wie ein kleines Wunder am Ende des niederdrückenden Corona-Winters, wie ein Aufbruchssignal für die gebeutelten Kulturschaffenden der Stadt, dass es doch irgendwie weitergehen soll mit Konzerten, Theatervorstellungen, Lesungen und Ausstellungen.
Möglich wurde die Entscheidung, weil die Ratsversammlung im vergangenen Jahr 100.000 Euro für eine fertige Planung bewilligt hatte. Diese konnte Bürgermeisterin Urte Steinberg jetzt aus der Schublade ziehen, womit die baldigen Realisierung ein Stück näher rückt. Oder doch nicht? Da die großen Fraktionen hinter dem Umbau der historischen Halle aus dem Jahre 1891 stehen, stehen die Zeichen günstig. Das Fördergeld ist nicht auf das Jahr 2021 befristet, sagt Bürgermeisterin Steinberg. „Die Verwaltung erarbeitet jetzt Vorschläge für die Politik, wie die fehlenden 720.000 Euro gedeckt werden können, eventuell über einen Nachtragshaushalt“, so Steinberg. Kritisch sieht das der FDP-Fraktionschef Werner Mende: „Ich achte auf den Eigenanteil der Stadt. Wie soll der kompensiert werden, wo soll das Geld dafür herkommen? Und wenn jetzt 720.000 Euro freigeschaufelt werden können, war der Haushalt überhaupt seriös?“
Architekten sind spezialisiert auf denkmalgeschützte Hallen
Das Architekturbüro Butzlaff + Tewes ist darauf spezialisiert, denkmalgeschützte Gebäude wie die Ernst-Paasch-Halle zu sanieren oder umzubauen. Nach dessen Konzept soll die einstige Turnhalle künftig statt 200 nur noch 150 Sitzplätze in Form einer Kino- oder Theaterbestuhlung haben, eingebaut wird zudem eine Guckkastenbühne. Davor sind Stehtische und eine kleine Gastronomie-Insel geplant, am Eingang die Garderoben. Im ersten Stock bleibt weiter Platz für Fundus und Requisiten.
Die Halle war 2016 geschlossen worden, weil sie sich damals laut Verwaltung auch nach einem Teilumbau aus energetischen Gründen nicht als Kulturzentrum eigne und bei Zuwiderhandlung die Rückzahlung von gut drei Millionen Euro fällig würde, die die neue Turnhalle des Johannes-Brahms-Gymnasiums gekostet hat. Aber mittlerweile ist auch dafür eine Lösung erdacht worden.
Mitglieder des Forum Theaters freuen sich
Wird die Halle wiederbelebt, werden zuallererst Andreas Hettwer und seine Mit-Mimen vom Forum Theater jubeln: „Das ist ja ganz große Klasse, dass es jetzt nach langen Jahren des Wartens ein Licht am Horizont gibt“, freut er sich. Der Ratssitzungssaal, den sie zwischenzeitlich für Aufführungen nutzen durften, ist dafür nicht wirklich geeignet.
Dass die Ernst-Paasch-Halle nicht längst von den Tagesordnungen des Kulturausschusses verschwunden ist, hat vor allem mit einem Namen zu tun: Herbert Hoffmann. Der inzwischen verstorbene Pinneberger SPD-Politiker hat sich jahrelang hingebungsvoll für deren Umbau engagiert, nebenbei war er auch noch die treibende Kraft hinter dem allseits beliebten Jazzfest. Wer in der Halle spielen werde, müsse eine Arbeitsgruppe beschließen, hatte Hoffmann im vergangenen Jahr gesagt. Und viele sollten darin auftreten: Theatertruppen, Musikbands, Autoren, Klassik-Ensembles.
„Wir müssen alles Menschenmögliche tun, dass wir das gewuppt kriegen“, sagt sein Nachfolger, der Kulturausschussvorsitzende Felix Hennig (SPD). „Es freut mich, dass hier überparteilich an einem Strang gezogen wurde. Allen Kulturschaffenden der Stadt eine Heimat bieten zu können muss eine hohe Priorität haben.“