Kreis Pinneberg. Der formale Entscheid fehlt noch. Kritiker werfen Verwaltung und Politik vor, auf Zeit zu spielen, um Kosten zu sparen.

Der Kreis Pinneberg will Menschen über 80 Jahre mit dem Taxi zum Impfzentrum fahren. Das hat, wie berichtet, der zuständige Sozialausschuss mit großer Mehrheit entschieden. Doch umgesetzt ist dieser Beschluss noch nicht. Weil es sich dabei um eine zusätzliche freiwillige finanzielle Leistung des Kreises handele, müsse formal der Kreistag darüber entscheiden, erklärt Kreispräsident Helmuth Ahrens (CDU). Das soll jetzt am kommenden Mittwoch, 10. März, nachgeholt werden.

Während der Hauptausschusssitzung in der vorigen Woche, die per Videoschalte stattfand, regte sich Unmut darüber. Warum so lange warten, wenn inzwischen die Impfung der Hauptrisikogruppe bereits fortgeschritten sei. Der Kreis könnte so unnötig Vertrauen in der Bevölkerung verspielen, warnte ein Mitglied seine Kollegen im Hauptausschuss. So könnte der Vorwurf im Raum stehen, dass der Kreis Pinneberg hier auf Zeit spiele, um die Kosten zu senken. Andere wiederum pochten auf die fehlende Rechtssicherheit, die ansonsten den Beschluss anfechtbar machen könnte, und setzten sich schließlich durch.

22.000 Menschen kommen infrag

Rund 22.000 Menschen über 80 Jahre kämen infrage, von denen aber rund 3500 Bewohner in den 50 Alten- und Pflegeheimen im Kreis Pinneberg bereits geimpft sind. Da jeder von ihnen zweimal geimpft werden soll, rechnet die Kreisverwaltung im Höchstfalle mit Kosten von bis zu 1,8 Millionen Euro für die Übernahme der Taxifahrten.

Dabei ist aber nicht berücksichtigt, wie viele in dieser Altersgruppe noch selbst Auto fahren oder sich von Freunden und Verwandten chauffieren lassen. Zudem scheiden diejenigen, die bereits ein- oder zweimal geimpft sind, ebenfalls aus. Sofern sie ein Taxi aus eigener Tasche bezahlt haben, bleiben sie wohl auf den Kosten sitzen. Die SPD habe sich zwar dafür einsetzen wolle, dass der Kreistagsbeschluss rückwirkend gelten soll, wie Fraktionschef Hannes Birke erklärt. Doch womöglich wäre auch das nicht rechtssicher.

Gespräche mit Taxiunternehmen dauern an

Zum Ablauf der Kostenübernahme hat die Verwaltung Gespräche mit den Taxiunternehmen im Kreis geführt. Die meisten angesprochenen Unternehmen seien grundsätzlich bereit, mitzumachen. Sie sollen die Rechnungen ihrer Impftermin-Kunden in der Kreisverwaltung einreichen und erstattet bekommen. Sie würden damit praktisch in Vorleistung gehen und dürften natürlich nur den vorgeschriebenen Tarif abrechnen, so die Verwaltung über das Prozedere. Der ältere Fahrgast wiederum müsste sich erkundigen, ob das Taxiunternehmen bei der Aktion mitmacht, bevor er es bestellt, damit es nicht zu unnötigem Ärger kommt.

Für Kreispräsident Helmuth Ahrens, der die erste Video-Kreistagssitzung aller Zeiten am Mittwoch, 10. März, leiten wird, ist wichtig, dass diese Entscheidung für die alten Menschen im Kreis „so schnell und transparent und sauber wie möglich“ getroffen wird. Darum habe er zu dieser Sondersitzung in der nächsten Woche eingeladen. Wegen der Einladungsfristen sei ein früherer Termin nicht möglich gewesen, so Ahrens, auch wenn sich fast alle Fraktionen in dieser Frage einig seien.

Bis auf die AfD. Die lehnt die Übernahme der Kosten für die Impftaxis ab, wie ihr Fraktionschef Bernhard Noack sagt. „Das ist nur ein Wahlgeschenk der anderen Fraktionen. Wir brauchen das Geld dringender für andere Dinge.“ Zumal es sich hier um Rentner handelt, die diese Kosten selber tragen könnten, meint der 77 Jahre alte Abgeordnete. „Über 80-Jährige gehören nicht zu den ärmsten Menschen. Sie erhalten während der Corona-Krise weiterhin ihre volle Rente oder Pension.“