Elmshorn. Wer die Initiatoren sind, was genau sie planen, wann und wo ihr Geschäft eröffnet werden soll – und warum es nicht längst da ist.
Wer unverpackte Lebensmittel einkaufen und dadurch Verpackungsmüll sparen möchte, bekommt in Elmshorn bald einen neuen Lieblingsladen. Direkt in der Innenstadt gelegen, in der Nähe des Wochenmarktes und der Königstraße, planen Katja Antal, Barbara Slomka, Jens Herrndorff, Peter Lüders-Bahlmann und Jannes Meyer, Anfang Mai ihren Unverpackt-Laden zu eröffnen. Der „Simpel Unverpacktladen“ ist der erste seiner Art in der Krückaustadt. Ursprünglich wollte das Team bereits im Sommer 2020 starten – das hat Corona verhindert.
Der „Simpel Unverpacktladen“ hat sich auf die Fahne geschrieben, den Verpackungsmüll zu reduzieren. Plastik ist zwar vielseitig, leicht und praktisch, aber es ist eines der größten Umweltprobleme unserer Zeit. Gerade bei der Produktion von Plastikmüll ist Deutschland Spitzenreiter in der EU. 18,9 Millionen Tonnen Verpackungsabfall sind in Deutschland laut Umweltbundesamt (UBA) angefallen. Das sind mehr als
227 Kilogramm pro Kopf und Jahr, von denen rund 108 Kilogramm auf private Endverbraucher entfallen. Wie sich die Corona-Krise auf den Verpackungsverbrauch ausgewirkt haben könnte, spiegeln die Daten des UBA momentan noch nicht wider – die neuesten offiziellen Zahlen gelten für das Jahr 2018.
Selbst Duschgel gibt’s ohne Verpackung
Das Konzept des Ladens ist einfach, eben simpel: Viele der Produkte werden in großen Spendern aufbewahrt, so dass man sich die Ware selbst abfüllen kann. Und das funktioniert selbst mit Duschgel oder Waschmittel. Die Kunden bringen von zu Hause Vorratsdosen, Papiertüten oder Schraubgläser mit. Im Laden wird das Leergewicht abgezogen. Bezahlt wird nur der Inhalt. Wer keine eigenen Behälter hat, kann im Geschäft welche erwerben oder ausleihen. So fördert das Konzept auch den bedarfsgerechten Einkauf, denn man nimmt nur mit, was man tatsächlich benötigt, wodurch auch Lebensmittelabfälle vermieden werden.
Auf Plastik zu verzichten ist nicht gerade einfach, aber es klappt. Bioläden, Hofläden oder Wochenmärkte sind eine gute Anlaufstelle für den Kauf von unverpackten Waren, dort gibt es Obst, Gemüse, Feinkost, Fisch und Fleisch ohne unnötige Verpackung. Genau diese Einkäufe haben Barbara Slomka auf die Idee gebracht. „Da ich Kinder habe, ist es mir nicht nur wichtig, dass Produkte nachhaltig erzeugt und verpackungsarm transportiert werden, sondern dass sie auch alltagstauglich und praktisch angeboten werden“, sagt die Betriebswirtin.
Verkaufsfläche soll 120 Quadratmeter messen
Slomka beginnt, sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen, liest Artikel über die ersten verpackungsfreien Lebensmittelgeschäfte in Deutschland und wird Kundin solcher Läden in Hamburg. In den sozialen Medien lernt Slomka vor zwei Jahren Katja Antal kennen. Die Studienrätin, die ihren Schülern Nachhaltigkeit auch in der Praxis näherbringt, bedauert dort, dass es keinen verpackungsfreien Supermarkt in der näheren Umgebung gibt. Es kommt eins zum anderen: Innerhalb weniger Wochen finden sich die fünf engagierten Elmshorner mit dem Wunsch zusammen, einen Unverpacktladen in der Stadt zu eröffnen.
Eineinhalb Jahre sammeln sie Ideen und planen, jetzt biegen die Macher auf die Zielgerade ein. Auf 120 Quadratmetern finden sich im neuen Geschäft eine Auswahl an Molkereiprodukten, Getreide, Reis, Flocken, Gewürze, Backzutaten, Öl und Essig, aber auch Süßes und Salziges sowie Hygiene- und Reinigungsartikel, Naturkosmetik und Literatur zum Thema Nachhaltigkeit.
Wochenmärkten keine Konkurrenz machen
Obst und Gemüse sind nicht im Sortiment. „Da wollen wir nicht reingrätschen, zumal der Wochenmarkt in der Nähe ist“, erklärt Slomka. Die biologisch erzeugten Lebensmittel stammen überwiegend aus der Region. Der Kaffee kommt von den Röstlich Coffee Brothers aus Uetersen, Milchprodukte von De Öko Melkburen aus Lentföhrden, die Naturkosmetik von der Rheinländischen Kräutermagie. Doch damit nicht genug: „Wir wollen auch Veranstaltungen und Projekte anbieten, wie etwa Kochworkshops oder Vorträge rund um einen nachhaltigen Lebensstil“, sagt Slomka.
Das Investitionsvolumen liegt bei 90.000 Euro. Ein bei den Unverpackt Läden bewährtes Prinzip ist das Crowdfunding. Zahlreiche Läden konnten nicht zuletzt durch Crowdfunding-Kampagnen realisiert werden. Auch das Elmshorner Gründungsteam bittet über die Plattform Startnest im Rahmen eines Crowdfundings um finanzielle Unterstützung. Mit dem Fundingziel von
5000 Euro wird die Ladenausstattung finanziert. Mit weiteren 15.000 Euro sollen die ersten Bestellungen an Neukunden realisiert werden. Wer das Projekt unterstützen möchte, kann noch bis zum 21. Februar einen Betrag spenden und erwirbt für den Gegenwert Einkaufsgutscheine, Produkte aus dem Laden oder ein Pre-Shopping.
368 Unverpacktläden deutschlandweit
2014 ging das erste deutsche Geschäft mit ausschließlich losen Waren in Kiel an den Start. Seit 2016 schwappt eine ganze Welle an Unverpacktläden über Deutschland. Dem Berufsverband der Unverpackt-Läden zufolge gibt es 368 Geschäfte, die lose Ware verkaufen, meist in Großstädten. Und weitere 236 Läden seien in der Planung.
Wer sich vorab ein Bild machen möchte, wie plastikfreies Einkaufen funktioniert, kann Jana Riedel auf dem Wochenmarkt in Elmshorn besuchen. In ihrer kleinen „Bohnentanke“ bietet die Hamburgerin ein breites Sortiment an abfüllbaren Lebensmitteln an. Insgesamt sind es etwa 100 Produkte. Darunter Nüsse und Samen wie Cashews, Haselnusskerne und Leinsamen sowie Gewürze wie Anis, Curry, Kurkuma und Lebkuchengewürz. Außerdem füllt sie Tee, Kaffee, Süßigkeiten, Reis, Nudeln, Bulgur, Dinkelmehl und Haferflocken, Deo, Seife oder Spülmittel in mitgebrachte Behälter ab.