Elmshorn. Lange war der Flyer als Lageplan für diesen originellen Stadtrundgang vergriffen. Nun wurde er neu aufgelegt.

Einwohner, die endlich mal wissen wollen, in welcher geschichtsträchtigen Stadt sie eigentlich leben oder einfach mehr über die Vergangenheit Elmshorns erfahren möchten, können sich jetzt per Flyer an den „Rückblicktafeln“ orientieren. „Historischer Rundgang entlang der Krückau“ steht dort. Der vorgeschlagene Stadtrundgang dauert nur 34 Gehminuten. Neun sogenannte Rückblicktafeln würzen den informativen den Spaziergang mit Geschichte(n).

Los geht es an der Oberau am nördlichen Zugang zum Steindammpark, wo einst die Wassermühle Piening für gemahlenes Korn sorgte. Gleich nebenan befand sich das beliebte Ausflugslokal „Zur alten Mühle“. An weiteren Stopps vermitteln die Rückblicktafeln Eindrücke der für Elmshorn folgenreichsten Sturmflut von 1962, dem ehemaligen Verlauf der Krückau, dem Elmshorner Hafen oder auch dem Schiffbau vor Ort.

Spaziergang mit Bildung verknüpfen

Der Flyer war zuletzt so beliebt, dass es schnell vergriffen war. Nun wurde er neu aufgelegt. Entstanden ist er in Zusammenarbeit mit der Elmshorner Künstlerin Ruth Alice Kosnick. Er liegt im Rathaus oder der Touristinformation aus. „Gerade in Zeiten von Corona-Beschränkungen eignet sich der Rundgang auch dazu, einen Spaziergang mit etwas Bildung zu verknüpfen“, sagt Stadtrat Dirk Moritz.

Die Rückblicktafeln sind ein Teil des Gezeiten-Parks Elmshorn, den Ruth Alice Kosnick im Zuge eines Wettbewerbs für Kunst im öffentlichen Raum 1998 entwarf. Die Krückau, durch die Elmshorn zum drittgrößten Getreideumschlagplatz des Deutschen Reiches wurde, hat heute noch einen Tidenhub von zwei Metern im Innenstadtbereich. „Mein Grundgedanke war es, die Tidenabhängigkeit der Krückau, der früher die Lebensader der Stadt darstellte, mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu holen“, so die studierte Architektin. Ebbe und Flut, mitten in der Stadt, „das ist sehr besonders“ und „der Fluss hat seit jeher die Geschichte der Stadt geprägt“.

Als die gebürtige Hamburgerin 1994 nach Elmshorn zieht, fällt ihr der stiefmütterliche Umgang mit dem Marschengewässer auf. „Am Ufer stand eine Parkbank mit dem Rücken zum Fluss und der Aussicht auf Autos auf dem Parkplatz“, erinnert sie sich. Kosnicks „Gezeiten-Park“ gewinnt zwar nicht, kommt aber in die engere Auswahl und wird Teil einer Wanderausstellung. 2001 konnte sie mit der gewonnenen Aufmerksamkeit ihr erstes Projekt, die „Rückblicktafeln“, verwirklichen.

Auch die Klappbrücke geht auf Kosnicks Konto

Kosnick besucht das Stadtarchiv, sucht historische Motive der Krückau ebenso wie geeignete Standorte für die Tafeln. Die 58-Jährige schreibt Erläuterungen, entwirft und baut auch die Schaukästen für die Bilder. „Da half mein Architekturstudium“, erklärte die freischaffende Künstlerin. Etwa ein Jahr arbeitet sie an neun Tafeln. Sie werden so aufgestellt, dass Betrachter die Perspektive der damaligen Fotografen einnehmen. So sieht man das Früher und Heute im Vergleich. Erläuterungen oder Karten ergänzen das jeweilige Thema. Zudem entwirft Kosnick einen Wegeplan mit allen Informationen zu den Tafeln, den sie in öffentlichen Gebäuden auslegt. Gefördert vom Stadtmarketing Elmshorn erscheinen so die ersten Rundgangs-Flyer.

Außer den „Rückblick-Tafeln“ hat die zweifache Mutter bisher vier weitere Teilprojekte aus dem Gezeiten-Projekt umgesetzt. Die „Gezeiten-Fische“ an der Wedenkampbrücke und am Industriemuseum, eine Wasserstandsanzeige mit sieben Fisch-Skulpturen heimischer Fischarten wird 2004 fertiggestellt. 2013, nach der Fertigstellung der Klappbrücke, werden die „Sturmflut-Dalben” am neuen Hafenplatz westlich der Klappbrücke errichtet. In Anlehnung an die historische Hochwassermarke, die Vormstegen 20 und Sandhöhe 15-17 angebracht sind, entwirft die Künstlerin ein Jahr später ähnliche „Sturmflutmarken“ an der Fassade der Volksbank in der Königstraße.

2019, mittlerweile mit dem Kulturpreis der Stadt Elmshorn ausgezeichnet, realisiert die Künstlerin das fünfte Gezeiten-Projekt: In den Fußweg der Krückau vom Damm bis zum Torhaus werden 74 von Hand gegossene Steine eingelassen. Zwölf heimische Fischarten und eine Kröte liegen im Steinpflaster. Auch die Käpten-Jürs-Klappbrücke geht auf Kosnicks Konto: Sie warb bei der Stadt dafür, da sie auf die Rückkehr von Segelschiffen in den Elmshorner Hafen und auf eine Belebung der Krückau hoffte.