Wedel. Adventskalender, Maske 18: Koordinator Sven Schaffer ist beim SC Rist Wedel. der Mann für Fragen aller Art.
Im Basketball wird der Begriff Go-to-Guy für den Spieler verwendet, der als vertrauenswürdiger Leistungsträger mit entscheidenden Aktionen sein Team auf die Siegerstraße bringen soll. Im englischen Sprachgebrauch ist es zudem ein Synonym für Ansprechpartner. Sven Schaffer pendelt als wichtiger Mitarbeiter des SC Rist Wedel irgendwo dazwischen.
Auf der Homepage des Basketballvereins ist sein Aufgabenfeld so umschrieben: Jugendkoordinator/ Spielbetrieb/ Schultour/ Marketing/ Social Media. Zudem kommentiert der 37 Jahre alte Hamburger die Heimspiele der Wedeler Zweitliga-Basketballer in der Pro B. Es ist das einzige Team im Kreis Pinneberg, das als Profimannschaft noch Sport treiben darf. Niemand wird übermäßig gern „Mädchen für alles“ genannt, vor allem wenn das Geschlecht in gendergeprägten Zeiten nicht stimmt. Aber das Bild drängt sich eben vehement auf. „Das stimmt schon. Oft heißt es: Komm, wir fragen Sven, der weiß das schon“, sagt Schaffer. Fragen, Unklarheiten, neue Landesverordnung aufgrund der Corona-Krise gab es ab März 2020 jede Menge – und ein hohes Maß an Mehrarbeit.
Doch die Nummer des hiesigen Gesundheitsamts kennt er nicht auswendig: „Da gab es einen Anruf, weil es bei uns den Corona-Fall eines Nachwuchsbundesliga-Spielers gab. Ansonsten hatten wir keinen Kontakt.“ Da war dem WG-Bewohner in Altona, der momentan größtenteils eher aus dem Homeoffice und nicht aus der Geschäftsstelle am Steinberg heraus agiert, die Telefonnummer des Kreissportverbandes Pinneberg schon geläufiger.
Schaffer kümmerte sich um die Hygienekonzepte in der Halle
„Ich habe mich über die Landesverordnungen Schleswig-Holsteins informiert und die Interpretationen des KSV auf der Homepage gelesen. Da hat sich seit März ja vieles getan. Ein Thema war zum Beispiel die Teststrategie bei den Profis in Schleswig-Holstein. Da war uns nicht immer ganz klar, wie das nun genau gehandhabt werden soll, nachdem es Pflicht wurde“, so Schaffer über die Umsetzung der teilweise unscharf formulierten Paragrafen in die Realität. Vom KSV und der Stadt Wedel „haben wir uns als Sportverein immer gut unterstützt gefühlt“, sagt Schaffer, der einst zeitgleich mit Ex-Rist-Coach Felix Banobre 2016 zum SC Rist kam und in seiner fünften Spielzeit tätig ist.
Er kümmert sich, er half mit, die Hygienekonzepte in der Steinberghalle umzusetzen, als die Lockerungen im Sommer bis zum Herbst einen regulären Basketballbetrieb mit Training und Pflichtspielen für alle möglich machten. Als Jugendkoordinator ist er der Ansprechpartner für die Trainer mit ihren insgesamt 23 Teams und jongliert mit den Hallenzeiten in den Wedeler Sportstätten. In beiden bundesweit höchsten Spielklassen, der weiblichen und männlichen Jugendbundesliga (Altersklasse U18, U16) ist der SC Rist vertreten. In der NBBL (U19) gibt es unter Federführung des Kooperationspartners Hamburg Towers ebenfalls eine gemeinsame Mannschaft.
Schaffer hat schon einige Stationen hinter sich
Die ersten Berührungspunkte mit professionellem Basketball gab es, als Schaffer Freikarten für ein Spiel der BCJ Hamburg Tigers gegen Frankfurt in der Alsterdorfer Sporthalle erhielt. Ein kurzer Blick und etwas Getippe auf dem Smartphone reicht: Es war der 21. Oktober 2000.
Schaffer, der damals Berichte für die Fußball-Vorschau geschrieben hatte, war verdutzt. Die Hamburger hatten keine Website. Die Informationslage war spärlich. Also fragte er beim damaligen Geschäftsführer Paul Larysz nach, ob er sich nicht darum kümmern könne. Schaffer durfte als ehrenamtlicher Pressesprecher mitmachen und half parallel als einer der Köpfe hinter der Basketball-Plattform schoenen-dunk.de zudem mit, dass Spieler und Trainer sich bundesweit besser vernetzen konnten. Und die Fans konnten sich in einem Diskussionsforum austauschen.
Auch im Jugendbereich des Hamburger Clubs, der einige Jahre später unter anderem dem aktuellen Bundesliga-Spieler Louis Olinde das Basketball-Ein-mal-Eins näherbrachte, sammelte Schaffer erste Einblicke in sein späteres Berufsfeld. Bei den Bremen Roosters war er dann ein Jahr Geschäftsführer, im Alter von 20 Jahren dem Aufgabenspektrum allerdings noch nicht gewachsen. Es folgten fast siebeneinhalb Jahre als Jugendkoordinator, Pressesprecher und Geschäftsführer bei den Paderborn Baskets. Innerhalb seiner Tätigkeiten für die Vereine absolvierte er eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann. Von 2013 bis 2016 arbeitete er bei Science City Jena, kehrte dann in seine Geburtsstadt Hamburg zurück und nahm zunächst eine Stelle im Marketing-Bereich der „Risters“ in Wedel an – das Aufgabenfeld und Arbeitsvolumen wuchs nach und nach im Lauf der Zeit.
„Ich bin einfach nicht der Typ, der auf der Tribüne durchdreht“
Ob er sich nicht auch hätte vorstellen können, im Fußball-Bereich zu arbeiten? „Nein. Die Sozialisation im Basketball ist weitaus angenehmer. Sowohl, was die Eltern betrifft, als auch die Sportler selbst“, meint Schaffer. Übermäßige Pöbeleien, Schlägereien oder wüste Beschimpfungen der Schiedsrichter oder untereinander gibt es quasi nicht – anders als bei des Deutschen liebstem Sportkinde. Und trotzdem hat Schaffer ein großes Fußball-Hobby, das von Corona aber gerade ausgebremst wird – vielleicht ja als emotionalen Gegenpol zum gesitteten Basketball. Der FC St. Pauli-Fan ist seit der Schulzeit Groundhopper und sieht sich europaweit Fußballspiele aus allen möglichen Ligen an. 2003 gab es mit dem Abitur des Gymnasiums Lohbrügge in der Tasche die Premiere mit Schulkollegen in Polen, als Pogon Stettin gegen Zaglebie Lubin auflief. Zuletzt war er am 20. Februar 2020 beim Euroleague-Duell von Celtic Glasgow beim FC Kopenhagen dabei und trudelte nach einem kräftezehrenden Tagestrip um fünf Uhr morgens wieder in Hamburg ein. Ein weiteres Hobby ist das wöchentliche Kino-Ritual mit Filmen, die nicht im Mainstream Beachtung finden. Ein Tipp von Schaffer ist „Kopfplatzen“ – ein Drama.
Dem Jugendkoordinator wird manchmal vorgeworfen, Basketball-Spiele eher emotionslos zu verfolgen: „Ich bin einfach nicht so der Typ, der da auf der Tribüne durchdreht. Ich bin einfach nur ganz entspannt und schaue mir das Spiel in Ruhe an.“ Sofern das mit der Ruhe überhaupt möglich ist. Denn irgendjemand hat immer irgendeine Frage an ihn.