Kreis Pinneberg . Bündnis für Natur und Stadt legt hilfreiche und praktische Broschüre auf und geht in die Offensive für den Artenschutz und gegen Insektensterben.
Weil dem Insektensterben durch das Anlegen von Blühwiesen entgegen gewirkt werden kann, hat das Bündnis für Natur und Stadt jetzt eine neue, fundierte Broschüre aufgelegt, die in der Kreisverwaltung in Elmshorn und bei Umweltverbänden ausliegt und die heruntergeladen werden kann von der Homepage www.naturfreunde-sh.de.
Viel ehrenamtliche Arbeit stecke dahinter, berichtet Rainer Naujox, der als Naturschutzbeauftragter diese und zahlreiche andere Initiativen gemeinsam mit vielen Mitstreitern auf den Weg gebracht hat. Allein in Haseldorf wurde mit vereinten Kräften eine Blühwiese auf 8500 Quadratmetern angelegt, wo vorher ein Sportplatz lag, insgesamt sind innerhalb von zwei Jahren 70 neue Blühwiesen und viele weitere Kleinflächen für Insekten entstanden.
Der Kreis finanziert die Arbeit des neuen Bündnisses jetzt für zwei weitere Jahre mit 10.000 Euro. Und die neue 25-Seiten-Broschüre ist nicht nur hilfreich. Sie hat es wirklich in sich. Neben ganz konkreten Aussaat-, Pflanz-, Erhaltungs- oder Bauanleitungen für Blühwiesen oder artgerecht konstruierte Insektenhotels fassen die Autoren (die promovierte Biologin Svenja Tidow, Rainer Naujox und Matthias Gust) nämlich auch die heißen Eisen an, klären auf und räumen verbreitete Vorurteile aus dem Weg.
Wildbienen sind wichtig – und können nicht stechen
Insekten mehr Nahrung zu verschaffen sei allein schon deshalb wichtig, weil es ohne Insekten auch keine Singvögel mehr gäbe. „Das Wiederansiedeln und Erhalten von Pflanzen- und Tierpopulationen ist als privates und kommunales Ziel zu fördern und existenziell“, schreiben die Autoren. Kurz: Je mehr unterschiedliche Wildkräuter, desto besser. Sauber aufgeräumte Gärten seien also gar nicht wünschenswert, weil durch das Trimmen und Ausreißen Unmengen an Wildkräutern und Kleinlebewesen verschwänden. Zudem habe ein Garten, in dem Wildwuchs zugelassen werde, ein viel besseres Klima: „Wenn Sie einen artenreichen Garten zulassen, haben Sie die gesunde Luft direkt vor Ihrer Terrassentür und müssen nicht erst in den Wald fahren.“
Auf der anderen, nämlich der planmäßig verödeten Seite stehen die Steingärten, deren Anteil in Deutschland inzwischen auf 15 Prozent geklettert ist. „Wildbienen, Insekten und Käfer finden in Steingärten keinen Nektar, keine Pollen, keine Nahrung. Naturschützer warnen deshalb dringend vor den Auswirkungen auf die Tierwelt und das Klima“, heißt es in der Broschüre. Weder sei so ein steinerner Vorgarten langfristig pflegeleicht, denn Steine vermoosen, und in den Ritzen siedeln sich Gräser und Kräuter an. Noch sei es klimatisch sinnvoll, denn die Steine heizen sich im Sommer so auf, dass der Aufenthalt in der Nähe oft unangenehm wird.
Auch stechen die allerwenigsten Insekten, wie vielfach angenommen wird. Wildbienen haben nicht mal einen Stachel, und für das Bestäuben sind sie viel wichtiger als ihre Verwandten, die Honigbienen. Aber auch Erdhummeln, Käfer, Fliegen, Schmetterlinge und sogar Vögel bestäuben Pflanzen und unterstützen damit das Leben auf dem Planeten Erde. Eine einzige Wespe vertilgt viele Hundert Blattläuse in ihrem Leben. Deshalb wird von chemischer Schädlingsbekämpfung abgeraten.
Auch was Pestizide anrichten und für wie lange sie wo anzutreffen sind, haben die Autoren anhand von Beispielen zusammengetragen. Über Grund- und Oberflächenwasser finden sie sogar den Weg in Schutzgebiete. Deshalb raten die Autoren dringend zum Verzicht auf Pestizide, was viele Kommunen ja bereits beherzigen. Noch ein Wort zum Thema Mulch: Auf Rindenmulch soll im Garten verzichtet werden, weil er das Wachstum von Wildpflanzen unterdrücke. Dagegen sei es ökologisch sinnvoll, den Mutterboden mit Laub oder „normalem“ Pflanzenmulch zu bedecken.