Wedel. Wahl des Seniorenbeirats steht auf der Kippe: Es gibt zu wenige Bewerber. Welche Folgen eine Verschiebung der Wahl hätte.

Bruno Helms, Vorsitzender des Wedeler Seniorenbeirats, ist besorgt: Bislang haben sich noch nicht einmal zehn Kandidaten für den neuen Seniorenbeirat aufstellen lassen, der zwischen 25. Oktober und 15. November für vier Jahre per Briefwahl neu gewählt werden soll. Finden sich nicht genügend Bewerber, droht eine Verschiebung dieser Urwahl, an der alle Wedeler über 60 Jahre teilnehmen können. Wir haben mit Helms über die Aufgaben, Ziele und Ergebnisse dieses Gremiums gesprochen – und über die Folgen einer Verschiebung der Wahl.

Herr Helms, wie viele Bewerber wären für die Wahl des Seniorenbeirats mindestens erforderlich oder wünschenswert?

Bruno Helms Wir brauchen elf Mitglieder. Zusätzlich werden noch sechs Stellvertreter bestimmt, die auch an den Sitzungen teilnehmen. Das ist wichtig: In der vergangenen Periode mussten einige Seniorenbeiräte ihre Aufgabe niederlegen – aus gesundheitlichen Gründen oder weil sie politische Ämter übernommen haben. Wir bräuchten also eigentlich mindestens um die 20 Kandidaten.

Was passiert denn, wenn sich bis zum Stichtag am 5. Oktober nicht ausreichend Bewerber finden?

Der Seniorenbeirat ist beschlussfähig, wenn sechs Mitglieder anwesend sind. Insofern könnte der Bürgermeister in seiner Funktion als Wahlaufsichtsbehörde entscheiden, dass die Wahl auch mit weniger als elf Bewerbern stattfinden kann. Er kann sie aber auch um drei Monate verschieben.

Wäre das so dramatisch?

Ja. Der jetzige Seniorenbeirat muss definitiv seine Arbeit Ende Oktober niederlegen, das ist gesetzlich so geregelt. Problematisch dabei ist, dass im Dezember der Haushalt für 2021 verabschiedet wird. Alle Themen, die Geld kosten, fallen also im kommenden Jahr flach, wenn es keinen Seniorenbeirat gibt, der sich für diese Anliegen stark macht. Es wäre ein verlorenes Jahr für die Generation 60plus. Und das wäre ausgesprochen schade.

Und warum stellen sich dieses Jahr ihrer Meinung nach so wenige Wedeler zur Wahl?

Ich glaube, es ist vor allem in Anbetracht der aktuellen Pandemie schwierig, jemanden zu gewinnen. Die älteren Menschen gehören häufig zur Risikogruppe und verkriechen sich im Augenblick sehr.

Wie wird die Sicherheit der Seniorenbeiräte bei den monatlichen Sitzungen gewährleistet? Sehen Sie da Risiken für die Teilnehmer?

In der Vergangenheit hatten wir immer ein volles Haus, das stimmt. Aber selbstverständlich hat die Stadt Hygienekonzepte entwickelt. Wir tagen im Rathaus und werden dort auch durch das Seniorenbüro begleitet. Da sehe ich überhaupt kein Problem.

Warum ist der Seniorenbeirat überhaupt so wichtig für Wedel?

In Wedel ist ein Drittel der Bevölkerung über 60 Jahre alt. Die Interessen dieser älteren Menschen sind sehr vielfältig – hochbetagte Mitbürger, die sich nicht mehr wirklich wehren können, haben ganz andere Bedürfnisse und Anliegen als Menschen, die kurz vor der Rente stehen. Doch sie alle tragen dazu bei, dass die Stadt lebenswert ist. Und ich meine, das müssen wir in der Politik verdeutlichen. Es gibt in dieser Stadt noch eine ganze Menge im Sinne der Senioren zu verbessern.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel die Bahnhofstraße. Oder die Wohnungsnot: Nicht zahlungskräftige Menschen – und das sind ja vielfach Rentner – haben große Schwierigkeiten, sich auf dem Wohnungsmarkt zu etablieren. Die Zahl der Pflegeplätze ist insgesamt nicht ausreichend. Dabei wollen auch wir keine großen Pflegeheime haben, sondern wünschen uns eine dezentrale Versorgung. Es müssen Bedingungen geschaffen werden, die die wohnortnahe Begleitung durch Verwandte besser ermöglichen. Auch die Frage der Barrierearmut oder -freiheit ist einer der ganz wichtigen Punkte. Und die Sicherung der Nahversorgung, gerade in der Moorwegsiedlung, wo sehr viele ältere Menschen wohnen und wo zuletzt viele mehrere Lebensmittelgeschäfte geschlossen haben.

Was ist Ihr Anliegen für die Bahnhofstraße?

Das ist ohne Frage eine vitale Straße, und das ist auch gut so. Aber die verschiedenen Verkehrsteilnehmer haben ständig Konflikte miteinander, gerade im nördlichen Bereich kommt es ständig zu Beinahe-Unfällen zwischen Fußgängern und Radfahrern. Wir haben diverse Lösungen präsentiert, doch die sind bislang gescheitert.

Woran?

Vermutlich am Geld. Aber nicht nur. Auch am Willen der Politik, das kurzfristig zu ändern.

Was konnte der Seniorenbeirat erfolgreich umsetzen?

Das Seniorenbüro, unserer Meinung nach eine der wichtigsten Einrichtungen der Stadt für ältere Menschen, sollte nach dem Willen der Parlamentarier auf eine halbe Stelle reduziert werden. Das haben wir durch eine Unterschriftensammlung verhindert. Außerdem gab es diverse öffentliche Veranstaltungen, die sehr großen Anklang fanden, zum Beispiel zum Thema Sicherheit für Senioren. Wir konnten mit dem Sozialverband interessierte Wedeler zum Thema Sterbebegleitung weiterbilden. Und ein paar Bänke wurden aufgestellt, hier und da eine Lampe an einer dunklen Ecke.

Und was ist nicht gelungen?

Die Sparkassen-Zweigstelle in der Moorwegsiedlung wurde trotz all unserer Bemühungen letztendlich geschlossen. Und uns ist es zwar gelungen, die Umsteigezeiten am Bahnhof von der S-Bahn zu den Bussen in die Moorwegsiedlung zu strecken, um auch denjenigen, die nicht im Dauerlauf zum Bus rennen können, ein Umsteigen ohne lange Wartezeiten zu ermöglichen. Allerdings nur um maximal eine Minute, da hätten wir uns mehr gewünscht.

Wie fühlen Sie sich generell von der Stadt als Senioren wahrgenommen oder wertgeschätzt?

(längere Pause) Die Stadt akzeptiert, wenn wir auf Dinge aufmerksam machen, die nicht so viel Geld kosten. Bei größeren Sachen kommen wir längst nicht immer mit unseren Anliegen durch. Aber ich glaube: Man hört mittlerweile zumindest zu.

Wie könnte die Arbeit des Seniorenbeirats noch effizienter werden?

Ich denke, es wäre essenziell, dass wir früher eingebunden werden. Wenn ein Thema in einem Ausschuss landet, ist die Meinungsbildung innerhalb der Fraktionen in der Regel schon abgeschlossen, und es ist schwer, daran im Nachhinein noch zu rütteln und die Belange der älteren Menschen wirkungsvoll in die Entscheidung einfließen zu lassen. Ich muss allerdings selbstkritisch zugeben, dass der Seniorenbeirat sich nicht ganz so aufgestellt hatte, dass er Themen immer rechtzeitig reflektieren konnte. Wir müssen zusehen, dass wir eigene Anträge stellen und eigene Themen besetzen. Ansonsten sind wir darauf angewiesen, dass uns die Fraktionen rechtzeitig informieren und zu unserem Standpunkt befragen. Und das ist in der Vergangenheit häufig nicht ganz so glücklich gelaufen. Das ist meiner Ansicht nach eine der wichtigsten Aufgaben des neuen Seniorenbeirats.

Sollte der Seniorenbeirat vielleicht genau wie die Fraktionen besser wöchentlich tagen?

Ich glaube eigentlich nicht, dass das notwendig wäre. Monatliche Sitzungen wären ausreichend, wenn wir rechtzeitig an die Themen herankämen. Entsprechende Vereinbarungen mit den Fraktionsvorsitzenden beispielsweise wären gewiss hilfreich.

Das sollte doch eigentlich im Sinne der Politik sein? Bei einem Drittel Senioren in der Stadt geht es schließlich auch um sehr, sehr viele Stimmen…

(lacht) So ist es. Eigentlich schon.

Werden Sie selbst denn wieder kandidieren?

Wenn es ausreichend Bewerber gibt, werde ich das nicht tun. Ich werde jetzt 75 und würde mir wünschen, dass es jüngere, vitale Menschen gibt, die sich im Seniorenbeirat einbringen wollen.

Kandidieren: So geht’s

Wedeler, die sich für die Wahl zum Seniorenbeirat aufstellen lassen wollen, können ihre Bewerbung im Rathaus abgeben. Voraussetzung: Sie müssen mindestens 60 Jahre alt sein und seit mindestens drei Monaten in der Stadt wohnen. Weitere Auskünfte im Seniorenbüro während der Sprechzeiten im Zimmer 48 des Rathauses, Tel. 04103/70 72 68.