Altenmoor. Vor 30 Jahren verlor Mathias Münster sein Herz an die Clematis. Heute gehört sein Betrieb bei Elmshorn zu den größten europäischen Anbietern.
Blendend weiße Blütenblattkränze, samtig schimmernde Sterne in Rot, eisblaue Riesenblumen oder zarte, glöckchenförmige Reben – das Spektrum an weltweit kultivierten Clematissorten ist groß. In vierter Generation hat sich Mathias Münster (46) aus Altenmoor vor den Toren Elmshorns in seiner Baumschule auf die blühenden Kletterpflanzen spezialisiert, die im Deutschen auch Waldreben genannt werden. 250 Sorten vermehrt, kultiviert und verkauft er mit Unterstützung eines kleinen Teams überwiegend an Wiederverkäufer. Manchmal kommt dabei sogar eine neue Züchtung heraus, inzwischen sind es vier. Neben der Prisdorfer Baumschule Westphal gehört Münster zu den größten Anbietern von Clematissorten in Europa.
60.000 bis 70.000 Pflanzen verlassen pro Jahr die Baumschule, darüber ist Mathias Münster froh. Die Corona-Pandemie hat ihm „das beste Jahr seit ewigen Zeiten“ beschert, der Clematishandel boomt in Altenmoor von Februar bis heute, „Wahnsinn, was wir vom Hof verkauft haben“, freut sich der gelernte Gärtnermeister.
Das Grundverständnis für den Beruf hat er von seinem Vater gelernt. Schon als Kind haben Mathias Münster und seine beiden Schwestern mitgeholfen, sie mussten Etiketten an den Pflanzen festmachen oder Ware verpacken – „da ist man reingewachsen“. 2005 hat er den Betrieb von seinem Vater Klaus übernommen und mit Onkel Kurt eine GbR gegründet. Beide, Klaus und Kurt, sind längst in Rente, helfen aber weiter mit, außerdem arbeiten vier Azubis, ein Geselle, ein Meister und ein Angestellter auf dem Hof. Ein kleiner Laden mit drei Hektar Land und einem großen Wirkungskreis.
Denn Clematis kommen aus dem deutschen oder Schweizerischen Alpenraum, einige fleißig im Sommer blühende Sorten stammen aus Italien, andere aus der Mongolei, wieder völlig anders aussehende aus Texas oder von der klimatisch milden englischen Insel Guernsey. 2007, als Mathias Münster eine zehntägige Reise mit der internationalen Clematis-Gesellschaft nach Japan unternahm, kam er zurück mit neuen Sorten, die es sonst in Deutschland kaum gibt.
Nachdem sein Urgroßvater Georg Münster 1906 in Altenmoor eine Baumschule gegründet hatte, betrieb dessen Sohn, der ebenfalls Georg hieß, noch Kleintierhaltung, pflanzte einen eigenen Gemüsegarten zur Versorgung des Hofes an und pflegte ein vielfältiges Sortiment, das dann wiederum sein Sohn Klaus modernisierte. Mathias Münster wollte dann in der vierten Generation des Familienbetriebes das Clematis-Angebot verbessern und vergrößern, „weil’s davon nicht so viele gibt, und weil da kein Preis-Dumping betrieben wird.“ Mit gut 20 Sorten fing er an und steigerte sich auf mehr als 250, nebenbei laufen bis heute Gehölze, Laub- und Nadelbäume und 75 weitere Schling- und Kletterpflanzen.
Das Internet gibt ihm die Möglichkeit, das eigene Pflanzenangebot bekannter zu machen und schön zu präsentieren, seine Kunden kommen weiterhin aus Deutschland, aber mittlerweile auch aus Frankreich, der Schweiz, aus China, Norwegen oder Rumänien. Es ist aber auch schon vorgekommen, dass ein Scheich aus Dubai hundert verschiedene Clematis bei ihm bestellt hat, um seinen Palast zu bepflanzen, „die Fracht war damals teurer als die Ware“, erinnert sich Münster.
Von der Vermehrung bis zur verkaufsfertigen Pflanze dauert es durchschnittlich ein halbes Jahr. Vermehrt werden die Pflanzen im Freiland über andernorts gezogene Stecklinge, die als Lizenzware angekauft werden, oder dadurch, dass ein winziges Stückchen Ast mit Blatt auf die kleine bereits eingewurzelte Pflanze der ausgesäten Wildform aufgepfropft wird – das ist die sogenannte Veredelung.
Wie bei jeder Pflanzenaufzucht steckt also auch bei den Clematis viel Handarbeit dahinter. Die Sommerblüher im Garten müssen geschnitten werden, damit sie unten nicht verkahlen. Alle ein- oder umgetopften Pflanzen werden normal gegossen, die empfindlicheren großblumigen allerdings per Tropfbewässerung. Und bei Kletterpflanzen müssen jede Woche von Hand die Triebe fixiert werden.
Rund sieben Messen besucht Mathias Münster im Jahr, um seine blühenden Schönheiten anzubieten und bekannter zu machen. Manche, von denen er weiß, dass sie besonders begehrt sind, stellt er nur in kleinen Mengen hin, „sonst sind sie zu schnell weg“.
Dazu gehört auch die eigene Zufallszüchtung, eine rosarote, gefüllte Clematis namens Imke. Und wenn er dann mal wieder gefragt wird, warum er sich seit nunmehr fast 30 Jahren am liebsten mit Clematis beschäftigt, dann kommt wie aus der Pistole geschossen: „Aus Liebe zur Waldrebe“.
Clematis-Pflegetipps vom Fachmann
Clematis sind im Allgemeinen Flachwurzler und Starkzehrer. Sie mögen kalkhaltigen Boden und Feuchtigkeit, aber keine Staunässe. Zum Einpflanzen ein 40 mal 40 Zentimeter großes Loch ausheben, Hornspäne unter die Erde mischen und eine Handvoll Kalk pro Zehn-Liter-Eimer. Ist die Erde im Topf trocken, Pflanze vorher gut durchwässern, beim Rausziehen verschlungene Wurzeln vorsichtig herausdrehen und herunterhängen lassen. Der Wurzelhals wird 10 Zentimeter unter der Bodenoberfläche eingepflanzt. Jungpflanzen bis auf 20 Zentimeter Höhe herunterschneiden, das fördert kräftigen Neutrieb und größere Blüten.
Clematis sollten im Sommer mindestens zweimal durchdringend gewässert werden. Sie mögen einen kühlen „Fuß“ und einen warmen „Kopf“, deshalb ist es ratsam, ringsum Polsterpflanzen zu setzen. Jeden Herbst sollten sie mit Kompost, Hornspänen oder verrottetem Stalldung bestreut werden. Sommer- und Herbstblüher werden im Februar auf 30 bis 50 Zentimeter zurückgeschnitten.
Die Münster Baumschule ist in Kürze auch auf dem Pflanzenmarkt am Freilichtmuseum Kiekeberg im Landkreis Harburg vertreten: am Sa/So 29./30.8., 10–18 Uhr, Freilichtmuseum Kiekeberg, Am Kiekeberg 1, Rosengarten-Ehestorf.