Moorrege. CDU-Politikerin kommt zu Diskussion in Moorrege. Elternkritik an Digital-Verweigerern. Rektoren in der Pflicht.

Zur „härtesten Schulministerin Deutschlands“ hat sie ein Boulevardblatt gekürt, weil 2000 Lehrer der Behörde von Karin Prien (CDU) Atteste vorgelegt hatten, um nach dem Corona-Re-Start nicht unterrichten zu müssen. Doch nur 100 Atteste sind von Kiel anerkannt worden. Am Montagabend ist die Bildungsministerin auf Einladung der Moorreger CDU in die Halle An’n Himmelsbarg gekommen, um über „Neue Bildungsimpulse durch Corona?“ zu diskutieren.

Bei den Moorreger Christdemokraten gibt es mit dem neuen Bürgermeister Walter Balasus, Ex-Rektor der Realschule Uetersen, und seinem Sohn Martin, CDU-Sprecher und Lehrer am Johann-Rist-Gymnasium Wedel, eine starke Pädagogen-Fraktion. Die Einladung ist an Pädagogen, Eltern, Schüler und Politiker adressiert worden. Unter den knapp 80 Gästen befinden sich viele Lehrer in Leitungsfunktionen sowie vier Schüler.

Situation habe einige Lehrer überfordert

Die Ministerin beginnt mit einem Dank an die Lehrer: „Was Sie geleistet haben!“ Das System habe sich als „resilient gezeigt“. Die neue Situation habe aber auch „einige überfordert“, schiebt Prien nach. „Sie sind abgetaucht.“ Ihre harte Haltung rechtfertigt die Ministerin und verweist auf die nach wie vor geringen Zahlen der Neuinfektionen. Diabetes oder Bluthochdruck sind für sie kein Grund für ein Fernbleiben. „Es geht um Arbeitsschutz, nicht um Infektionsschutz.“

Erfolgreich ist der Schulbetrieb in den Augen der Ministerin nach den Sommerferien gestartet. Lediglich an einer Schule musste der Unterricht zwei Tage später beginnen. Ziel ist es, flächendeckende Schulschließungen zu vermeiden. Bei Infektionen sollte sich der Shutdown auf wenige Kohorten, also die festen Kleingruppen, beschränken. „Das wird die Normalität unter Corona sein“, so Karin Prien.

„Maskenempfehlung zu lasch

Auch verteidigte sie ihre von vielen als zu lasch empfundene „Empfehlung“, ab Klasse 7 einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen gibt es eine Maskenpflicht. Die Wissenschaftsakademie Leopoldina hatte es zumindest für ältere Schüler empfohlen. Rund 70 Prozent der Schulleiter in Schleswig-Holstein weisen aber eine Maskenpflicht an, berichtet sie. Es soll noch einmal über das Thema beraten werden, kündigt die Politikerin mit Blick auf die Reiserückkehrer und das „veränderte Freizeitverhalten“ mit neuerlichen Partys auf engem Raum an.

Digitales Lernen ist wichtig, aber keine Lösung, sagt die Ministerin. Sie zählt eine Reihe von Projekten und Initiativen auf, mit denen die Digitalisierung in den Schulen vorangetrieben werden soll. Dabei müssten auch die Lehrer mitgenommen werden. Sie erwartet einen „Change-Prozess“ – also einen langsamen Gesinnungswechsel. Bei 28.000 Lehrern könne nicht einfach der Hebel umgelegt werden, und dann läuft es.

Zehn Millionen Euro für Vertretungslehrer

Die anwesenden Rektoren und stellvertretenden Leiter hatten vor allem Fragen zu den Themen Vertretung erkrankter Lehrer und verlässlicher Unterricht. Karin Prien verwies auf ein um zehn Millionen Euro erhöhtes Budget, um Vertretungslehrer zu bezahlen. Den verlässlichen Unterricht in der Grundschule will sie „erstmal nicht aufheben“. Es ist für sie die Sache von Schulleitung und Schulamt, Lösungen zu finden.

Auch Eltern meldeten sich zu Wort. Eine Elternvertreterin beklagte, dass Lehrer immer noch mit befristeten Arbeitsverträgen leben müssten. „Was wir entfristen können, entfristen wir“, entgegnete Karin Prien. Es komme jedoch auf die richtigen Planstellen an. Viele Lehrer haben Deutsch und Englisch studiert, gesucht werden vor allem Lehrer für Mathematik und Physik.

„Mehr Standards, weniger Lust und Laune“

Eine andere Mutter lobte, wie gut ein internes Kommunikationssystem in der Schule ihres Kindes funktioniert habe. Sie kritisiert, dass einige Lehrer dieses Programm nicht oder wenig nutzen. Deren Schüler seien dann „die Verlierer“. „Wir Eltern wünschen uns mehr Standards und weniger Lust und Laune“, erklärt sie.

Die Ministerin berichtete von einem langen Diskussionsprozess mit dem Personalrat, um dazu eine Vereinbarung zu erarbeiten. Karin Prien zeigte sich optimistisch, dass das eines Tages gelinge. Eine Schulleiterin hält dagegen: Online ist zeitintensiver, es muss Entlastung für die Lehrer geschaffen werden.

Es ist im Shutdown der Kontakt zu Schülern komplett verloren gegangen, diagnostizierte die Ministerin. Das müsse in Zukunft vermieden werden. Sie sieht in der Digitalisierung eine zentrale Frage der Entwicklung der Schulen. „Das ist auch eine Führungsaufgabe“, mahnte sie in Richtung der Schulleiter.