Kreis Pinneberg. Vertreter aller Schulformen bemängeln das Konzept von Karien Prien unter Corona-Bedingungen. Sie fühlen sich allein gelassen.
In knapp zweieinhalb Wochen startet in Schleswig-Holstein der reguläre Schulbetrieb. Nach Monaten geschlossener Klassenzimmer und Homeschooling ein erster Schritt Richtung Normalität in Corona-Zeiten. Aber eben nur ein Schritt. Denn die Rückkehr in den Lehrbetrieb geht nur unter strengen Auflagen – und wird von Kritik der Eltern begleitet.
Vor den Sommerferien hat das schleswig-holsteinische Bildungsministerium ein Rahmenkonzept für das Schuljahr 2020/21 unter dem Titel „Ein Schuljahr im Corona-Regel-Betrieb“ vorgestellt. Dieses wurde jetzt von der Arbeitsgemeinschaft der Landeselternbeiräte in Schleswig-Holstein scharf kritisiert.
Elternvertreter kritisieren Ministeriumsplan in offenem Brief
In einem offenen Brief erklären Vertreter der Grundschulen und Förderzentren, Gemeinschaftsschulen, Gymnasien sowie der Berufsbildenden Schulen, dass das Konzept die Mindesterwartungen der Landeselternbeiräte nicht erfülle. Zu vieles bleibe unklar, so der Vorwurf.
Die letzten Monate hätten die Schere bezüglich Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit weiter aufklappen lassen, heißt es in dem Schreiben. „Unser Wunsch, diese zumindest hinsichtlich Ausstattung wieder zu reduzieren, wird wohl ein solcher bleiben, denn dazu benötigen alle Schülerinnen und Schüler gleichwertige Endgeräte und gleichwertige Internetzugänge.“ Gute digitale Ausstattung werde zwar im Rahmenkonzept des Ministeriums erwähnt, aber nicht konkret genug beschrieben.
Verbindliche Konzepte von der Regierung gefordert
Im Ministeriumspapier heißt es dazu: „Die Landesregierung stellt den Schulträgern über das Sofortausstattungsprogramm in Ergänzung des DigitalPakt Schule und über das Programm zur Förderung des digitalen Lernens an Schulen ein Kontingent zur Beschaffung von digitalen Endgeräten zur Verfügung.“ Die Schulen ermöglichten damit unversorgten Schülerinnen und Schülern bei Bedarf den Zugang zu einem digitalen Endgerät, so dass allen Schülerinnen und Schülern unabhängig vom sozioökonomischen Hintergrund eine Teilhabe ermöglicht werde.
Hier setzt die Kritik der Elternbeiräte an: „Die alleinige Bereitstellung von finanziellen Mitteln greift zu kurz, es müssen verbindliche Konzepte zur Beschaffung und Verteilung etabliert werden.“ Auch werde eine einheitliche Lernplattform für alle Schulen zwar versprochen, doch die Aussagen bezüglich eines Einführungstermins und zur Umsetzung seien so vage und unverbindlich, „dass befürchtet werden muss, dass wir noch weit ins neue Schuljahr hinein ohne eine solche Plattform werden leben müssen“.
Hygienemaßnahmen stoßen bei Eltern auf Kritik
Ebenso würden verbindliche Mindeststandards sowie Regelerwartungen zur Realisierung des Präsenzunterrichts und des Distanzlernens unter Corona-Bedingungen fehlen. Dies sei insbesondere hinsichtlich der Qualität und des Umfangs der Fall.
Die vom Ministerium dargelegten Hygienemaßnahmen stoßen bei den Landeselternbeiräten ebenfalls auf Kritik. Insbesondere das Kohortenprinzip, das an die Stelle des durchgängig einzuhaltenden Abstandsgebots treten soll. „Durch die Definition von Gruppen in fester Zusammensetzung (Kohorten) lassen sich im Infektionsfall die Kontakte und Infektionswege wirksam nachverfolgen“, heißt es im Rahmenkonzept.
„Schulen werden vom Ministerium allein gelassen“
Innerhalb einer Kohorte werde die Verpflichtung zum Abstandsgebot unter den Schülern aufgehoben. Für die Elternbeiräte sei jedoch unklar, wie Hygienemaßnahmen „bei Kohorten-übergreifenden Nutzungen von Fachräumen greifen sollen“. Zudem scheine es nicht schlüssig, wie das Prinzip in der Schule einzuhalten sei, es aber außerhalb des Schulbetriebs durchbrochen werde, wie zum Beispiel im Öffentlichen Personennahverkehr. „Gerade hier werden Schulen und Schulträger vom Ministerium allein gelassen.“
Im kommenden Schuljahr sollte zudem eine besondere Aufmerksamkeit für Abschlussklassen aller Schularten gelten, da die Prüfungen in diesem Jahr unter teilweise erheblichen Beeinträchtigungen stattfanden. „Ebenso sollten Schülerinnen und Schüler mit besonderem Unterstützungsbedarf entsprechend stark gefördert werden.“ Auch hierzu würden konkrete und verbindliche Aussagen fehlen, schreiben die Vertreter der Landeselternbeiräte.
Keine Einbeziehung von Verbänden bei Konzeptentwicklung
Überdies sei der Zeitraum zwischen der Anhörungsfassung und der endgültigen Fassung des Ministeriumsplans „vollkommen unzureichend, um Änderungsvorschläge von über 50 anzuhörenden Verbänden inhaltlich angemessen zu prüfen“.
Zumindest die direkt an Schulen beteiligten Vertretungen hätten frühzeitig bei der Konzeptentwicklung einbezogen werden können. „Insgesamt fehlt uns Landeselternbeiräten ein für Schule klares, konkretes und verbindliches Rahmenkonzept.“