Kreis Pinneberg. Nur rund 50 Prozent legen bei der Einreise einen negativen Test beim Kreis vor. Bei Nichtbeachten der Quarantäne-Bestimmungen drohen Strafen
Drei Wochen lang war der Kreis Pinneberg bereits frei von Corona-Infektionen. Doch mit den Lockerungen, Grenzöffnungen und dem Ferienbeginn zog es viele in die Ferne – auch in vom Robert-Koch-Institut als Risikogebiete eingestufte Regionen. Mit den ersten Rückkehren kehrte jedoch auch das Virus in den Kreis zurück. Welche Regeln müssen Reiserückkehrer beachten? In welchen Gebieten im Kreis wurden bislang die meisten Infektionen registriert und muss mit einer zweiten Infektionswelle gerechnet werden? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wie viele Personen im Kreis sind aktuell mit dem Coronavirus infiziert?
Nach der dreiwöchigen Corona-freien Zeit wurden am 7. Juli zwei neue Coronavirus-Infektionen im Kreis Pinneberg registriert. Die davor zuletzt nachgewiesene Neuinfektion gab es am 19. Mai. Vom 16. Juni an war der Kreis dann frei von Corona. Seit dem 7. Juli gab es insgesamt 25 Neuinfektionen – davon allein 17 in der vergangenen Woche. Von den 25 Infizierten sind fünf inzwischen wieder genesen. Aktuell sind im Kreis demnach 20 Personen mit dem Coronavirus infiziert. Die Gesamtzahl aller bisher nachgewiesenen Infizierten im Kreis steigt damit auf 626. Am Donnerstag wurden zwei Neuinfektionen bestätigt.
Sind die Infektionen alle durch Reiserückkehrer ausgelöst worden?
„In der Tat ist der überwiegende Teil der Infektionen durch Reiserückkehrer entstanden“, sagt Kreissprecher Oliver Carstens. Damit sind sowohl direkte Infektion von Personen im Ausland als auch indirekte Übertragungen durch Reiserückkehrer gemeint. So wurden einige Infektionen im Rahmen von sogenannten Umgebungsuntersuchungen von bereits bekannten positiven Fällen entdeckt.
Welche Städte und Gemeinden im Kreis verzeichnen insgesamt die höchsten Infektionszahlen?
120 und damit die meisten Infektionen mit dem Coronavirus wurden in Pinneberg registriert. Dahinter folgen Rellingen mit 106 registrierten Fällen sowie dicht beieinander Tornesch (69), Wedel (64) und Elmshorn (63). Laut Kreissprecher Carstens liegen Pinneberg, Wedel und Elmshorn aufgrund der Bevölkerungsdichte vorne, Rellingen und Tornesch waren durch hohe Infektionszahlen in Altenheimen stark betroffen.
Welche Länder werden derzeit als Risikogebiete eingestuft?
Das Robert-Koch-Institut weist aktuell 130 Staaten als Gebiete aus, in denen ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit SARS-CoV-2 besteht. In Europa gelten Albanien, Bosnien und Herzegowina, der Kosovo, Luxemburg, Montenegro, Nordmazedonien, Moldawien, die Türkei und die Ukraine als Risikogebiete. International zählen zum Beispiel die USA, Südafrika und Russland zu den stark betroffenen Ländern. Das Auswärtige Amt hat zudem die weltweite Reisewarnung für alle Länder außerhalb der EU und des Schengen-Gebiets bis einschließlich 31. August verlängert.
Was müssen Reiserückkehrer aus Risikogebieten beachten?
Die genauen Bestimmungen legen die einzelnen Bundesländer fest. In Schleswig-Holstein gilt, dass Personen, die auf dem Land-, See-, oder Luftweg in das Bundesland einreisen und sich zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb von 14 Tagen vor Einreise in einem Risikogebiet aufgehalten haben, verpflichtet sind, sich nach der Einreise auf direktem Weg in eine 14-tägige häusliche Quarantäne zu begeben. Das kann das eigene Zuhause, aber auch eine andere geeignete Unterkunft sein. Darüber hinaus sind die Rückkehrer verpflichtet, sich unverzüglich beim Gesundheitsamt des Kreises oder der kreisfreien Stadt, in der die Quarantäne vollzogen wird, zu melden.
Davon ausgenommen ist, wer der zuständigen Gesundheitsbehörde einen negativen Corona-Test vorweisen kann. Wichtig ist, dass zwischen Einreise und Testergebnis nicht mehr als 48 Stunden vergangen sind. Wer sich nicht an die Quarantäne-Bestimmungen hält, dem drohen Bußgelder zwischen 500 und 10.000 Euro. Am Mittwoch beriet die Gesundheitsministerkonferenz von Bund und Ländern über verpflichtende Tests an Flughäfen, die unmittelbar nach der Rückkehrer aus Risikogebieten durchgeführt werden sollen. Dazu sollen an Flughäfen Teststellen eingerichtet werden. Am heutigen Freitag wird ein endgültiger Beschluss erwartet.
Wie viele Reiserückkehrer aus Risikogebieten haben sich bislang beim Gesundheitsamt gemeldet?
Seit dem 1. Juli haben sich insgesamt 252 Reise-Rückkehrer aus Risikogebieten beim Gesundheitsamt des Kreises Pinneberg gemeldet. Die meistbesuchten Risikogebiete waren die Türkei, Bosnien und Herzegowina sowie Nordmazedonien. „Und bis letzte Woche kamen auch noch sehr viele Menschen aus Schweden zurück“, ergänzt Kreissprecher Carstens. Bis zum 13. Juli galt auch Schweden noch als Risikogebiet. Rund 50 Prozent aller Reiserückkehrer würden einen negativen Corona-Test vorlegen und müssen daher nicht in die 14-tägige Quarantäne. Aktuell gibt es den Fall einer türkischstämmigen Pflegekraft aus dem Kreis Pinneberg, die ihre Familie in der Türkei besucht hat und dort zwei Mal auf Corona getestet wurde. Der erste Test sei positiv gewesen, der zweite negativ, so Carstens. Die örtlichen Behörden erteilten daraufhin eine Reiseerlaubnis. Nach ihrer Rückkehr soll sie am Freitag erneut getestet werden.
Hat das Gesundheitsamt derzeit einen höheren Arbeitsaufwand zu bewältigen?
„Im Vergleich zu der Hochzeit der Pandemie ist das Arbeitsaufkommen deutlich rückläufig. Die Zeit konnte dafür genutzt werden, den Infektionsschutz strukturell und personell auf einen erneuten Anstieg der Fallzahlen vorzubereiten und Aufgaben zu erledigen, die in Folge der Pandemie vernachlässigt oder nicht erfüllt wurden“, so Carstens.
Droht dem Kreis eine zweite Infektionswelle?
„Ob uns tatsächlich eine zweite Welle bevorsteht, kann sicherlich niemand mit Sicherheit vorhersagen. Die momentan ansteigenden Infektionszahlen im Kreisgebiet sprechen aber eine deutliche Sprache. Es handelt sich fast ausnahmslos um Reiserückkehrer“, sagt Landrat Oliver Stolz. „Es ist zu befürchten, dass diese bei Nichteinhaltung der geltenden Bestimmungen zur Selbstisolation in Kombination mit den vielen Erleichterungen und dem bevorstehenden Schulbeginn für ein diffuses Ausbreitungsgeschehen sorgen.“ Sowohl die Quarantänepflicht, als auch die konsequente Einhaltung der Kontaktminimierung und der Maskenpflicht seien gerade jetzt notwendig, „wenn wir einschneidende erneute Lockdown-Maßnahmen vermeiden wollen“. Der Grenzwert für den Kreis liegt bei 157 Neuinfektionen binnen einer Woche.