Schenefeld. Von Allwörden übernimmt acht Filialen des insolventen Schenefelder Betriebes. Auch die hochmoderne Produktionsstätte ist verkauft.

Zwei Monate nach der Insolvenz der Stadtbäckerei Drave aus Schenefeld gibt es für die meisten der 97 Mitarbeiter eine Perspektive. Die Großbäckerei von Allwörden übernimmt acht der elf verbliebenen Drave-Filialen, für zwei weitere steht ebenfalls eine Lösung bevor. Auch die Produktionsstätte in Schenefeld wurde verkauft – allerdings offenbar ohne die Mitarbeiter.

Die Corona-Krise hatte letztlich das einstige Familienunternehmen, das 2012 zu 100 Prozent von der Vermögensverwaltungsgesellschaft Roggenbuck übernommen worden war, in die Knie gezwungen. Durch die lange andauernde Schließung der Cafés brach so viel Umsatz weg, dass sich die Drave-Geschäftsführung am 6. Mai gezwungen sah, wegen Zahlungsunfähigkeit Insolvenz anzumelden. Bereits die April-Gehälter waren nicht mehr an die 97 Mitarbeiter ausgezahlt worden.

Sanierungsspezialist stand vor kniffligen Aufgaben

Das Amtsgericht Pinneberg setzte den Sanierungsspezialisten Gideon Böhm als Insolvenzverwalter ein. Er stand vor dem Problem, dass die Ende 2012 für 2,5 Millionen Euro errichtete, hochmoderne Backstube am Dannenkamp nicht zum Betriebsvermögen der insolventen Bäckerei gehörte, sondern Gebäude und Maschinen sich im Besitz des Drave-Gesellschafters befanden. Die 18 Mitarbeiter in der Produktion und Auslieferung wiederum waren bei der insolventen Stadtbäckerei Friedrich Drave GmbH angestellt.

„Es ist nicht gelungen, die Filialen und die Produktionsstätte als Einheit zu verkaufen“, erläutert Böhm. So habe die Vermögensverwaltungsgesellschaft die Produktionsstätte inklusive Maschinen meistbietend an eine in Hamburg ansässige Bäckerei verkauft, die jedoch die dort beschäftigten Mitarbeiter nicht übernehmen wolle. Dies gelte auch für die vier Mitarbeiter, die bisher in der Verwaltung der Stadtbäckerei Drave tätig waren.

Allwörden übernimmt acht der elf Drave-Filialen

Für die 73 Mitarbeiter in den zum Zeitpunkt der Insolvenzanmeldung noch verbliebenen elf Filialen – sieben im Kreis Pinneberg, drei in Hamburg und eine in Ellerau im Kreis Segeberg – hat Böhm eine Lösung gefunden. Mit fünf Interessenten für eine Übernahme hat der Sanierungsexperte konkret verhandelt. Den Zuschlag erhielt Mitte dieser Woche die Großbäckerei von Allwörden mit Sitz in Mölln, die im Norden unter eigenem Namen 200 Filialen und auch in Rellingen einen eigenen Produktionsstandort betreibt.

Laut dem Insolvenzverwalter Böhm übernimmt von Allwörden im Rahmen einer übertragenen Sanierung acht der elf Drave-Filialen inklusive des Inventars, darunter sämtliche Filialen in Schenefeld, Pinneberg und Hamburg. Noch während der Insolvenz geschlossen wurde die Filiale an der Heinrich-Christiansen-Straße im Pinneberger Stadtteil Quellental, die Mitarbeiter wurden jedoch auf die anderen Filialen verteilt und werden ebenfalls von dem Erwerber übernommen.

Die Geschäfte an der Bahnhofstraße in Quickborn und in Bönningstedt sind nicht Bestandteil des Vertrages, eventuell jedoch das in Quickborn beschäftigte Personal. Ein Unternehmer aus Uetersen, der dort eine kleine Bäckerei betreibt, hat Interesse an der Übernahme der Bönningstedter sowie eventuell auch der Quickborner Filiale bekundet. Die Verhandlungen sind jedoch noch nicht beendet, auch die Eigentümer der Geschäftsräume haben dort noch ein Mitspracherecht.

„Wir haben eine gute Lösung hinbekommen“, sagt Insolvenzverwalter Böhm, der insbesondere die Interessen der Gläubiger vertritt. Das Personal sei am Mittwoch durch einen Betriebsübergang auf den Erwerber übergegangen. Von Allwörden habe zudem auch den Markennamen Stadtbäckerei Schenefeld Friedrich Drave GmbH erworben. Ob die Drave-Filialen unter dem bisherigen Namen weiterbetrieben oder auf von Allwörden umgeflaggt werden, müsse der Erwerber entscheiden.

Nach der am 6. Mai erfolgten vorläufigen Insolvenzanmeldung hat das Amtsgericht Pinneberg das Verfahren offiziell zum 1. Juli eröffnet. Mit der Übernahme der Filialen ist nun ein entscheidender Schritt gelungen, die Gläubiger der Stadtbäckerei befriedigen zu können. Die war vor 120 Jahren gegründet worden. Im Januar 1900 kaufte Diedrich Meyer eine Bäckerei am Sülldorfer Weg von dem Müller Lohse. Zusammen mit einem Gesellen produzierte Meyer nachts das Brot und fuhr es tagsüber mit Pferd und Wagen in Schenefeld, Blankenese und Nienstedten aus. 1942 übernahm Schwiegersohn Friedrich Drave die Geschicke des Familienunternehmens und gab ihm seinen Namen.

Die von Allwörden-Gruppe mit Hauptsitz in Mölln ist Deutschlands viertgrößter Bäckerei-Filialist. Neben den Filialen, die unter dem eigenen Namen firmieren, gehören auch Geschäfte der Marken Nur Hier und Knaack zur Gruppe, die knapp 400 Filialen umfasst und auch als Franchisegeber tätig ist.

Ende 2018 war von Allwörden eine Geschäftsbeziehung mit der Edeka Nord eingegangen. Edeka brachte ihre Backwarensparte, die unter den Namen Dallmeyers Backhus operiert, in die von Allwörden-Gruppe ein, an der Edeka eine Minderheitsbeteiligung übernahm. Auf diese Weise stießen 103 Dallmeyer-Filialen dazu. In Rellingen gehört die an der Adlerstraße ansässige Hanse Frisch GmbH zur Gruppe, die Snacks und kleine Speisen für die eigenen Bäckereien und externe Abnehmer produziert.