Uetersen. Grünen-Chef besucht in Uetersen einen Einzelhändler, der der Corona-Krise getrotzt hat – und spricht über Chancen.
Mit neuen, kreativen Ideen und kundenfreundlichen Angeboten kann es dem Einzelhandel gelingen, gut durch die Corona-Krise zu kommen. Das hat Robert Habeck bei einem Besuch in Uetersen erfahren. Der Bundesvorsitzende der Grünen und ehemalige schleswig-holsteinische Umweltminister sprach dort mit den Inhabern eines der ältesten Ladengeschäfte in der Rosenstadt: Thorsten und Karsten Vietheer, die in fünfter Generation das Familienunternehmen Lavorenz leiten. 1882 hatte ihr Ur-Ur-Großvater Ferdinand Lavorenz, ein Fotograf und Buchbinder, das Geschäft gegründet, das heute an zwei Standorten in Uetersen 30 Mitarbeiter beschäftigt und Bücher, Geschenkartikel, Fotos und Bürobedarf anbietet.
„Wir sind gut durch die Corona-Krise gekommen und sehen Licht am Ende des Tunnels“, sagt Karsten Vietheer. Das sei vor allem dadurch geglückt, indem „wir vom ersten Tag an unseren Kunden neue Serviceangebote gemacht haben“, ergänzt sein Zwillingsbruder Karsten Vietheer. So seien zwar während der fünfwöchigen Schließung des Geschäfts durch den Corona-Lockdown die meisten Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt worden. Aber die Kunden sollten weiter bedient werden.
Der Bringdienst brachte in der Corona-Krise den Erfolg
Von heute auf morgen hätten sie einen Bringdienst auf die Beine gestellt, der den Kunden die über das Internet oder telefonisch bestellten Waren nach Hause brachte. Für den näheren Umkreis bis Tornesch, Moorrege, Heidgraben und Groß Nordende sei dieser Service kostenlos gewesen. „Die ersten Tage haben wir die bestellte Ware noch selbst ausgefahren“, berichten die Geschäftsinhaber. Oft hätten die Kunden die Sachen noch am selben Tag erhalten. Bei einem Supermarkt hätten sie auch zeitweise einen Abholservice für bestellte Waren eingerichtet, den sie aber wegen behördlicher Auflagen wieder schließen mussten. „Für DHL-Pakete galt das Verbot allerdings nicht“, wundert sich Thorsten Vietheer. Diese Art der Kundenbindung in einer Krise sei bei ihren vielen Stammkunden sehr gut angekommen, sagt Thorsten Vietheer. Im Laufe der Zeit seien immer neue hinzugekommen. „Die regionale Bindung hat in der Corona-Krise zugenommen“, sagt er. „Gerade neue und auch alte Kunden haben gesagt, dass sie lieber hier vor Ort als bei einem großen Geschäft einkauften.“
Attraktivität des öffentlichen Raums sei wichtig
Diese Nähe und Vertrautheit zum Kunden sei der große Vorteil, den inhabergeführte Geschäfte verstärkt nutzen sollten, rät Habeck. Das biete Einzelhändlern eine gute Chance, gegen den großen Internethandel zu bestehen. Wer das Internet geschickt für sich und seinen lokalen Markt nutze, könne erfolgreich sein. „Es ist die Anonymisierung, die die Innenstädte veröden lässt“, sagte Habeck. Die Menschen legten beim Einkaufsbummel auf persönliche Beratung, Ansprechpartner, das Eingehen auf ihre Wünsche und Verlässlichkeit Wert. „Es ist auch die Attraktivität des öffentlichen Raumes, die hierbei wichtig ist“, ist Habeck überzeugt. „Die Kunden wollen ihre Innenstadt erleben. Dann sind sie gern da.“
Den Lieferservice bietet Lavorenz immer noch an, auch wenn inzwischen die meisten Kunden wieder in die Geschäfte kämen. „Die kaufen nicht nur nach Bedarf. Die wollen jetzt nach dem Lockdown auch gern wieder shoppen“, hat Karsten Vietheer festgestellt. Auf nur noch etwa zehn bis 20 Prozent schätzt er den Rückgang der Laufkundschaft im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit. Dass wegen der behördlichen Auflagen eine Maskenpflicht besteht, hält er für vertretbar. Den meisten Menschen sei es zuzumuten, für die fünf bis 20 Minuten ihres Einkaufs einen Mund-und-Nasenschutz zu tragen. „Schlimmer wäre es doch, wenn die Infektionszahlen wieder hochgehen und die Kunden deshalb wegblieben würden.“ Da waren sich alle Beteiligten einig, auch Grünen-Chef Habeck zog sofort beim Betreten des Geschäfts seine Maske auf.