Pinneberg. Jens Imbeck-Schlegel aus Pinneberg hat einen Kampf gewonnen. Aber einen Stammzellspender benötigt er noch immer dringend.

Es war nur ein einfacher Bluttest. Eine Routineuntersuchung. Ein bisschen schlapp habe er sich gefühlt, sagt Andrea Schlegel in Gedanken an diese Zeit über ihren Mann. Die Zeit vor rund drei Monaten, bevor sich das Leben ihrer Familie schlagartig in einen Albtraum verwandelte. In einen Albtraum, der mit einer niederschmetternden Diagnose begann: Leukämie.

Am 8. März, nur drei Tage nach der Blutuntersuchung, wird Jens Imbeck-Schlegel auf die onkologische Station des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) gebracht. „Es ging alles sehr schnell“, erinnert sich seine Frau. Doch auf den ersten Schock folgt nur kurze Zeit später der zweite: Der Familienvater infiziert sich auf der Krebsstation mit dem Coronavirus. Vorsorglich wird er auf die Intensivstation verlegt.

Krebspatient mit Corona infiziert: "Hatte Todesangst"

„Als ich positiv auf Corona getestet wurde, habe ich gedacht, jetzt sterbe ich“, sagt Imbeck-Schlegel dem Abendblatt. „Ich hatte Todesangst. Meine Blutwerte waren nach der Chemotherapie ja im Keller.“ Die Covid-19-Erkrankung geht bei dem geschwächten Patienten mit schweren Symptomen wie Fieber und Atemnot einher. „Ich musste aber nicht intubiert werden.“ Die Zugabe von Sauerstoff habe ausgereicht.

Familie Schlegel vor der Leukämie-Diagnose von Vater Jens Imbeck-Schlegel im Irland-Urlaub 2018.
Familie Schlegel vor der Leukämie-Diagnose von Vater Jens Imbeck-Schlegel im Irland-Urlaub 2018. © Privat | Familie Schlegel

Auf einige kritische Tage voller Hoffen und Bangen folgt nach einer Woche Entwarnung: Der 60-Jährige hat das Coronavirus besiegt. „Mein Körper hat es schnell geschafft“, sagt der Diplom-Psychologe. Ein erstes Wunder, auf das hoffentlich bald ein zweites folgt. Denn obwohl der Pinneberger bereits einen lebensbedrohlichen Kampf gewonnen hat, kämpft er noch immer um nicht weniger als sein Leben.

Krebspatient hat bereits einen genetischen Zwilling

Damit er auch den Krebs besiegen kann, ist er auf eine Stammzellspende angewiesen. Um die Suche für ihn und andere Patienten zu unterstützen, rufen Familie Schlegel und Freunde gemeinsam mit der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) dazu auf, sich als potenzielle Stammzellspender zu registrieren. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie findet die Registrierungsaktion nicht wie üblich an einem zentralen Veranstaltungsort statt, sondern erfolgt ausschließlich online.

Jens Imbeck-Schlegel ist auf einen Menschen mit nahezu gleichen Gewebemerkmalen angewiesen, der zur Stammzellspende bereit ist. Besonders tragisch: Der 60-Jährige hat bereits einen genetischen Zwilling – seinen eineiigen Zwillingsbruder Jörg. Da die Genmerkmale der beiden Brüder jedoch nahezu einhundertprozentig identisch sind, würde der Körper die Stammzellen vom Zwilling nicht als „neue Stammzellen“ erkennen, erläutert die DKMS. Die Übereinstimmung von Spender und Empfänger sollten bei 80 bis 95 Prozent liegen.

In Jens Imbeck-Schlegels Zimmer hängen Kalender von seiner Familie – einer für jeden Monat im Krankenhaus.
In Jens Imbeck-Schlegels Zimmer hängen Kalender von seiner Familie – einer für jeden Monat im Krankenhaus. © Privat | Familie Schlegel

Auch die anderen Familienmitglieder kommen als Spender nicht infrage. Sohn Rasmus sei mit seinen 16 Jahren noch zu jung, sagt Andrea Schlegel, die bereits bei der DKMS registriert ist. Die 19 Jahre alte Tochter Lea würde zwar sofort spenden, weise jedoch nur eine 50-prozentige Übereinstimmung der Gewebemerkmale mit ihrem Vater auf. Gleiches gelte für Schlegel-Imbecks Nichte.

Familie leidet unter fehlendem persönlichen Kontakt

Da die weltweite Suche nach einem „genetischen Zwilling“ bislang erfolglos war, ist es umso wichtiger, dass sich möglichst viele Menschen bei der DKMS registrieren. Dazu ruft auch Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg auf: „Ich habe heute von der schlimmen Erkrankung erfahren und fungiere gern als Schirmherrin“, sagte sie am Montag. „Natürlich werde ich mich auch registrieren lassen und bitte die Bürgerinnen und Bürger, dies ebenfalls zu tun.“

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Neben der permanenten Angst hat die Familie noch eine weitere Herausforderung zu meistern: den fehlenden persönlichen Kontakt. „Wir haben uns seit drei Monaten nicht gesehen“, sagt Schlegel. Denn noch immer befindet sich ihr Mann auf einer Quarantäne-Station für Onkologie-Patienten, die am Coronavirus erkrankt waren. „Es ist eine schlimme Zeit.“

Heute hat das Paar seinen 20. Hochzeitstag, der ebenso nur per Telefon gefeiert werden kann wie Imbeck-Schlegels 60. Geburtstag am 13. April, an dem er sich noch auf der Intensivstation befand. Und auch Andrea Schlegel musste an ihrem 50. Geburtstag bereits auf die Anwesenheit ihres Mannes verzichten. „Eigentlich wollten wir alle drei Ereignisse Ende des Monats im Rellinger Sportlerheim groß feiern.“

Dass er das Coronavirus trotz seiner Krebserkrankung besiegt hat, habe ihn jedoch auch gestärkt, sagt Imbeck-Schlegel. „Jetzt hoffe ich, dass ein Spender gefunden wird.“ Denn das Ziel sei klar: „Die Feier wollen wir im nächsten Jahr groß nachholen.“ Und dann käme noch ein weiteres Ereignis hinzu: „Mein zweiter Geburtstag.“

So können Sie helfen

Wer gesund und zwischen 17 und 55 Jahre alt ist, kann Jens Imbeck-Schlegel und anderen Patienten helfen und sich online unter www.dkms.de/Jens die Registrierungsunterlagen nach Hause bestellen.

Die Registrierung geht einfach und schnell: Mithilfe dreier medizinischer Wattestäbchen und einer genauen Anleitung sowie einer Einverständniserklärung kann jeder nach Erhalt des Sets selbst einen Wangenschleimhautabstrich vornehmen und per Post zurücksenden.

Mehr Informationen zur Aktion finden sich auch bei Facebook unter www.facebook.com/Stammzellspendefuerjens.

Auch Geldspenden können helfen, Leben zu retten, da der DKMS für die Neuaufnahme jedes Spenders Kosten entstehen. DKMS-Spendenkonto: DE64 641 500 200 000 255 556; Verwendungszweck: LPS 268.