Pinneberg. Die Meldungen aus dem Stadtgebiet häufen sich. Verwaltung beobachtet das mit Sorge und appelliert an Grundeigentümer.

In wenig besuchten Ecken stehen die länglichen dunkelgrünen Behälter. Hinter der Hypo-Vereinsbank im Wendehammer der Tiefgarage etwa oder hinter Mäuerchen an der Friedrich-Ebert-Straße oder auch in der Nähe von Imbissen und Müllplätzen: Rattenköder sind immer wieder in Pinneberg im Einsatz. Doch jetzt scheint sich eine Rattenplage anzubahnen: „Wir haben seit Anfang des Jahres vermehrt Rattenmeldungen erhalten, die das ganze Stadtgebiet betreffen“, bestätigt Stadtsprecherin Maren Uschkurat. „Auch aktuell haben wir wieder mehrere Fälle.“ Das zeigt auch ein Blick in die sozialen Netzwerke.

Bei Facebook etwa tauschen sich zurzeit viele Pinneberger darüber aus und geben sich gegenseitig Ratschläge. Ergebnis: Ratten wurden gesichtet in der Schöneberger Straße, der Flensburger Straße, der Elmshorner Straße, der Ottostraße, am Osterloher Weg, an der Mühlenstraße, der Bismarckstraße, der Schillerstraße, An der Raa, der Schulstraße, am Osterloher Weg und im Quellental ganz allgemein. In der Vogelsiedlung, aber auch in Waldenau und Halstenbek wurden die Leute auf die hungrigen Nagern aufmerksam, manchmal sogar auf deren Nachwuchs.

Mieter und Eigentümer sind zuständig

Für die Bekämpfung der Nager sind die Grundstückseigentümer oder Mieter zuständig: „Wenn uns ein Fall gemeldet wird, wird die Meldung mittels Außendienst oder Beweisfotos überprüft“, sagt Maren Uschkurat. Im Anschluss würden dann die Grundstückseigentümer aus der Nachbarschaft angeschrieben und über die aufgetauchten Ratten informiert. „Wir erinnern dann an die Pflicht zur Bekämpfung und kontrollieren die Durchführung der Bekämpfungsmaßnahmen“, so die Sprecherin. Es müssen nämlich Nachweise vorgelegt werden, dass etwas unternommen wurde.

Ob die Rattenplage mit der Corona-Pandemie zusammenhängt, kann die Rathaussprecherin nicht bestätigen: „Der letzte Winter war sehr mild, dies könnte auch eine Ursache dafür sein. Aber das können Experten sicherlich besser beurteilen“, sagt Maren Uschkurat. Einer davon hat in der Nachbarstadt Hamburg einen verstärkten Rattenbefall festgestellt: „Es ist auffällig, dass wir in der ganzen Stadt analog zu Corona eine Ratten- und Mäuseplage haben“, sagte Daniel Weiß dieser Zeitung. Der Inhaber der Firma Renotec Schädlingsbekämpfung: „Das fing im März an, und der Bezug zum Shutdown ist ganz deutlich zu sehen“, so Weiß.

Kammerjäger: „Es ist Hochsaison“

Antonia Likata von der Fürst-Schädlingsbekämpfung, die auch in Pinneberg im Einsatz ist, gibt eine allgemeine Auskunft: „Wir bekämpfen Schädlinge in ganz Deutschland. Befall ist überall. Und zur Zeit haben wir Hochsaison.“ Das bestätigen auch andere Kammerjäger.

Bei Daniel Weiß hatten sich in den vergangenen Wochen Menschen gemeldet, die gleich drei oder vier Ratten auf einmal gesehen hatten, „das ist schon sehr ungewöhnlich“, sagt Weiß. Auffällig sei, dass sich in letzter Zeit auch Anrufer aus Wohnvierteln meldeten, vermehrt aus Gegenden mit Einzelhausbebauung. Das liege unter anderem daran, dass die Restaurants so lange geschlossen gewesen seien und die Tiere in deren Umfeld weniger zu Essen gefunden hätten.

Dagegen sei festzustellen, dass viel mehr Hamburger wieder zuhause kochten, weshalb auch mehr Reste weggeworfen würden: „Gerade Komposthaufen sind viel voller als früher“, sagt Weiß, „und dort landen viele Essensreste, die eigentlich in den Hausmüll gehören.“

Das wird auch auf die Pinneberger zutreffen: Marktleute haben die gestiegene Kochfreudigkeit und damit den vermehrten Absatz von Obst und Gemüse bestätigt. Dass Ratten mehr Hunger haben und sich deshalb leichter zeigen als sonst, liegt auch daran, dass in den Mülleimern generell weniger Essensreste liegen. Denn es sind weniger Menschen auf den Straßen unterwegs, weil sie verstärkt zuhause im Homeoffice arbeiten.

Stadtwerke legen Köder aus

Sind öffentliche Areale von einem Rattenbefall betroffen, werden Bauhof und Stadtwerke aktiv. Diese überprüfen den Nagerbefall in der Kanalisation und stellen ihn wenn möglich ab. Dort wird das Ausmaß der Ratten-Ausbreitung übrigens anders wahrgenommen als im Rathaus: „Aktuell stellen wir pandemiebedingt kein besonderes Aufkommen fest“, sagt Danny Clausen-Holm, Sprecher der Pinneberger Stadtwerke. Würden Schadnager entdeckt, werde das Ordnungsamt informiert. Das wende sich dann an den Abwasserbetrieb und einen Schädlingsbekämpfer.

„Darüber hinaus wird die Kanalisation inspiziert und zunächst mit einem Köder ohne Gift präpariert, um herauszufinden, ob Fraßspuren später festgestellt werden“, so der Stadtwerke-Sprecher. „Ist dem so, wird so lange ein Giftköder ausgelegt, bis keine Bissspuren mehr festzustellen sind.“ Manche verwechseln übrigens Ratten mit Mäusen. Auch die sind nach dem milden Winter nicht weniger geworden, im Gegenteil.