Elmshorn/Itzehoe. Der Angeklagte Dionis A. (29) hat Angriff in Elmshorner Großraumdisco eingeräumt. Er steht derzeit wegen versuchten Mordes vor dem Landgericht.
Erst Fun & Lollipop, dann Funhouse, jetzt Duplex: Die Großraumdisco an der Elmshorner Kurt-Wagener-Straße hat schon einige Namenswechsel hinter sich. „Ich habe mich gewundert, wie leer es dort war“, sagt Kathrin P., die am 29. Juni 2019 zum ersten Mal im Duplex war. Und wohl auch zum letzten Mal: Denn gegen 3.30 Uhr wird einer ihrer Freunde dort zum Opfer einer brutalen Messerattacke.
Zugestochen haben soll Dionis A., ein 29 Jahre alter Deutscher. Er stammt ursprünglich aus dem Kosovo und sitzt am Freitag auf der Anklagebank im Saal 11 des Landgerichts Itzehoe. Versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung wirft ihm die Anklage vor. Was genau in der Tatnacht in der Disco passiert ist, versucht die Schwurgerichtskammer derzeit zu klären. Eine wichtige Zeugin ist Kathrin P. Sie war mit ihrem Freund und einem befreundeten Paar im Duplex.
„Wir haben ein kleines Kind, wollten an diesem Abend mit Freunden mal wieder feiern gehen“, sagt die 31-Jährige. Mehrfach seien sie zwischen Tanzfläche und Tresen hin und her gewechselt. Dann sei Ewgeni P., der Freund ihrer Bekannten Emilia S., auf die Toilette gegangen. „Emilia war dabei. Bei der Rückkehr berichtete er von einer Auseinandersetzung mit einem Gast.“ Es sei einer von vier oder fünf Männern gewesen, die in einer Sitzgruppe in der Nähe saßen und ihnen in der Folge immer wieder Blicke zugeworfen hätten. „Es war für uns eine unangenehme Situation, sodass wir beschlossen, auszutrinken und zu gehen.“
Vorher habe Ewgeni noch einmal auf die Toilette gehen wollen. „Mein Freund hat ihn begleitet.“ Als die beiden an dem Tisch der jungen Männer vorbeigingen, habe einer von ihnen Ewgeni von hinten attackiert. „Ich sehe noch sein Gesicht vor mir, er hatte erschrockene, weit aufgerissene Augen.“ Sie sei dann dazwischengegangen. „Plötzlich rief Emilia: Verschwinde, der hat ein Messer! Ich selber habe das nicht gesehen.“
Sie erinnere sich dann noch, dass der Betreiber der Disco zum Täter gesagt habe, es sei schon das zweite Mal, dass er in seinem Laden Unruhe stifte. „Seine Freunde haben den Angreifer eingehakt und weggezogen, er war immer noch voller Tatendrang.“ Die Verantwortlichen der Disco hätten keine Polizei rufen wollen. „Die sagten, dass ist nur ein Kratzer. Ich habe sofort zu meinem Freund gesagt, er soll die Polizei benachrichtigen, das ist mehr als ein Kratzer.“
Emilia S. (40), die Freundin des Opfers, schildert die Tatnacht ähnlich. Sie habe bereits nach der ersten Attacke Angst gehabt. Als ihr Freund dann zum zweiten Mal zur Toilette ging, „hatte ich ein ganz komisches Gefühl“. Plötzlich sei der Angreifer regelrecht auf ihren Freund drauf gesprungen. „Dann habe ich gesehen, wie er hingefallen ist.“ Sie habe dann von der Bar ein Handtuch geholt und auf die Wunde am Hals gepresst. „Ich habe nach einem Krankenwagen geschrien. Aber der Eigentümer sagte, dass ist nur ein Kratzer.“
20 Zentimeter lang war die Schnittwunde an der rechten Halsseite. „Es war eine eher oberflächliche Verletzung, sie war nur wenige Millimeter tief“, so die Rechtsmedizinerin Daniela Fröb (36) vom UKE. Weil keine Eröffnung der darunterliegenden Blutgefäße erfolgt sei, habe keine Lebensgefahr bestanden.
„Ich stand ganz in der Nähe, aber die Verletzung habe ich nicht mitbekommen“, sagt Zakaria A. (27). Er war mit dem Angeklagten Dionis A. in der Disco und hat ihn nach der Auseinandersetzung weggezogen. „Nach großem Streit hat sich das nicht angefühlt.“ Zakaria A. behauptet, dass spätere Opfer habe die Gruppe nach dem ersten Zwischenfall mehrfach durch Gesten provoziert. Und Dionis A. sei in dieser Nacht volltrunken gewesen. Die Messerattacke traue er ihm aber nicht zu. „Ich kenne ihn schon lange, ich kann mir das nicht vorstellen.“
Zu Prozessbeginn hat Dionis A. eben diese Attacke jedoch eingeräumt, nachdem sein Verteidiger Andrija Pancic zuvor mit Gericht und Staatsanwaltschaft eine Vereinbarung geschlossen hatte. Im Gegenzug für sein Geständnis sagte ihm das Gericht einen Strafrahmen zu, der zwischen 42 und 51 Monaten Haft liegt. Eine solche Verständigung ist durchaus üblich, unter anderem um den Prozess abkürzen zu können.
Auch das Opfer Ewgeni P. (36) hat bereits ausgesagt. Er hatte zur Tatzeit 1,1 Promille, seine Erinnerungen sind lückenhaft. Er sei auf dem Weg zur Toilette unvermittelt von hinten angegriffen worden und habe gespürt, wie jemand an seiner Halskette zog. Dann sei ihm ein brennender Schmerz am Hals aufgefallen. Der Prozess wird fortgesetzt.