Kreis Pinneberg. 21 neue Covid-19-Fälle gemeldet. Höchste Infektionsrate in Schleswig-Holstein. Zwei Personen in einem Rellinger Seniorenheim infiziert.

Die Zahl der bestätigten Coronavirusinfektionen im Kreis Pinneberg ist auch am Donnerstag unaufhörlich gestiegen. Binnen 24 Stunden sind dem Gesundheitsamt kreisweit 21 neue Covid-19-Fälle gemeldet worden. Damit stieg die Gesamtzahl der Erkrankten seit dem Beginn der Epidemie auf 271. Insgesamt müssen oder mussten 42 Menschen wegen der Lungenerkrankung im Krankenhaus behandelt werden, zwei Frauen (81 und 87 Jahre) sind an der Virusinfektion bisher gestorben.

Der Kreis hat die höchste Infektionszahl in ganz Schleswig-Holstein, landesweit sind inzwischen 1343 Fälle gemeldet. Zuletzt stieg die Zahl um 91 im Vergleich zum Vortag. Seit Beginn der Epidemie mussten 182 Schleswig-Holsteiner klinisch behandelt werden, 51 von ihnen sind mittlerweile wieder aus dem Krankenhaus entlassen, 131 Menschen befinden sich noch in ärztlicher Obhut. Aktuell wurden den Landesbehörden zwölf Todesfälle gemeldet, die mit der Viruserkrankung in Zusammenhang gebracht werden.

Ernste Situation in einem Altenheim in Tornesch

Weiterhin ernst ist die Situation für Bewohner und Personal in einem Altenheim in Tornesch. Wie berichtet, war dort das Virus in der vergangenen Woche unkontrolliert ausgebrochen. Die beiden Todesfälle im Kreis sind darauf zurückzuführen, die älteren Frauen waren Bewohnerinnen der Residenz.

Nachdem zwischenzeitlich sieben von 16 Mitarbeitern und neun weitere Bewohner positiv auf das Coronavirus getestet wurden, haben sich inzwischen alle Bewohner des betroffenen Heims einem Test unterzogen. Sehr viele zeigten in den vergangenen Tagen grippeähnliche Symptome. Mit den Ergebnissen wird am heutigen Freitag gerechnet. Zwei Bewohner mussten bereits ins Krankenhaus, alle Senioren sind isoliert und werden vom Personal in Vollschutz versorgt.

Auch die Lage in einem Altenheim in Rellingen spitzt sich zu

Auch im zweiten, von einer Coronavirusinfektion betroffenen Altenheim des Kreises in Rellingen hat sich die Lage zugespitzt. Nachdem am Mittwoch ein Bewohner positiv auf die Infektion getestet wurde, ist am Donnerstag ein zweiter Fall der DRK-Einrichtung bestätigt worden. Der Mann sei bereits ins Krankenhaus verlegt worden, sagte Kreissprecher Oliver Carstens.

Der erste betroffene Bewohner in Rellingen steht mit seiner ebenfalls im Appartement lebenden Ehefrau weiter unter Quarantäne. Alle Bewohnerinnen und Bewohner des betroffenen Bereiches sind isoliert und wurden inzwischen ebenso wie die Mitarbeiter getestet. Mit den Ergebnissen wird ebenfalls am heutigen Freitag gerechnet. Für alle Mitarbeiter gilt seit dem ersten Fall Schutzmasken-Pflicht, die Versorgung mit der nötigen Schutzausrüstung sei in Rellingen gesichert.

Antrag auf Soforthilfe jetzt per Online-Formular

Das Wirtschaftsministerium in Kiel hat die Antragstellung für Soforthilfe wegen der Coronakrise vereinfacht. Ab sofort können Anträge nicht mehr per E-Mail, sondern über ein Online-Formular eingereicht werden. Das soll den Prozess auch erheblich beschleunigen. Laut Minister Bernd Buchholz wurden bis Donnerstag bereits 41.475 Anträge auf Zuschüsse gestellt – davon sind 270 Anträge schon über das neue Online-Formular eingegangen. Den Angaben zufolge wurden 3075 Anträge bereits bewilligt und 26,8 Millionen Euro zur Auszahlung angewiesen.

Neue Anträge sollen nun nicht mehr per E-Mail über ein Funktions-Postfach bei der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) eingereicht werden, sondern nur noch direkt über das neue Online-Formular unter der Internetadresse www.ib-sh.de/antragsupload. Alle bisher gestellten Anträge sollen aber nach wie vor „mit Hochdruck“ weiterbearbeitet werden. Laut Wirtschaftsminister Buchholz und dem Vorstandsvorsitzenden der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH), Erk Westermann-Lammers, berücksichtigt das neue Online-Antragsformular unter anderem die jüngsten Ergänzungen des Zuschussprogramms. So könnten nun auch alle jungen Unternehmen einen Zuschuss beantragen, auch der Bezug von Arbeitslosengeld von Gewerbetreibenden sei inzwischen kein Ausschlusskriterium mehr.

Rellinger Turnverein übt sich in Zuversicht

Trotz Coronakrise und damit verbundenem Stillstand des Vereinslebens stemmt sich der Rellinger Turnverein gegen die entstandene Leere. Damit für die Mitglieder nach der Lockerung der Beschränkungen der Sportbetrieb wieder starten kann, werde momentan geputzt, gewienert, gegärtnert und aufgeräumt. Einige Trainer würden Mitglieder privat mit Übungen versorgen, andere helfen im Büro oder übernehmen Renovierungsarbeiten.

Am Turnerheim stiftet die Botschaft von Julia und Mutter Meike Schröckert Mut: „Alles wird gut!“
Am Turnerheim stiftet die Botschaft von Julia und Mutter Meike Schröckert Mut: „Alles wird gut!“ © HA -Ausriss | Meike Schröckert

Damit auch äußerlich wenigstens etwas österlicher, zuversichtlich stimmender Glanz entsteht, haben Sportlehrerin Meike Schröckert und ihre Kinder ein großes Regenbogenbild gemalt und die Korkenzieherweide am Turnerheim mit Ostereiern dekoriert.

Zudem halte die Reha-Sport-Trainerin Rita Nickel telefonischen Kontakt zu den Senioren, für die es momentan wohl am schwierigsten ist, Gesellschaft zu pflegen. Sie dürften die gemeinschaftlichen Aktivitäten im Sportverein besonders vermissen.

Um den Kontakt zu erleichtern, ist die Geschäftsstelle von Montag bis Freitag telefonisch von 9 bis 12 Uhr zu erreichen. Unter dem Hashtag #rellingerturnverein postet der RTV auf Instagram und Facebook auch aktuelle Aktionen und Informationen. Wie fast alle Vereine im Kreis bittet auch der RTV um die Treue seiner Mitglieder. „Bitte bleiben Sie Ihrem Verein treu!“ Der Verein hoffe, alle Sportbegeisterten bald wiederzusehen, so Geschäftsführer Dirk Feierbach. „Genießen sie trotz allem die Ostertage!“

Halstenbek zieht Kita-Gebühren nicht ein

Die schleswig-holsteinische Landesregierung hat vorige Woche beschlossen, angesichts der am 16. März erfolgten Kita-Schließungen infolge der Coronakrise die Elternbeiträge für den Kita-Besuch und die Kindertagespflege für zwei Monate zu erstatten. Eine Richtlinie dazu erarbeitet das Land derzeit.

Soweit die Ausgangsposition. Die beiden Nachbarkommunen Schenefeld und Halstenbek gehen mit der Situation unterschiedlich um. „Um die Familien in diesen schwierigen Zeiten schnellstmöglich und unbürokratisch finanziell zu entlasten, hat sich Halstenbek dazu entschieden, die Elternbeiträge und das Essensgeld für den April in allen sieben Kindertagesstätten in Halstenbek nicht einzuziehen. Die Einrichtungsträger werden das Notwendige veranlassen“, heißt es dazu aus dem Rathaus. Für den zweiten Monat könne es einen Beitragserlass für Mai oder eine Rückerstattung der März-Beiträge geben, heißt es weiter.

Schenefeld dagegen verweist auf die noch nicht vorliegende Richtlinie des Landes und wird die Kita-Beiträge für April von den Kita-Trägern einziehen lassen. Eltern mit geringen Einkommen, die von der Coronakrise betroffen sind, können sich an die Stadt wenden.

Schutzschirm für Köche und Kellner?

„Die Arbeitgeber des Gastgewerbes bekommen vom Staat Hilfen in Milliardenhöhe, entziehen sich aber ihrer sozialen Verantwortung und lassen ihre Beschäftigten im Regen stehen.“ Finn Petersen, stellvertretender Landesbezirksvorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) im Landesbezirk Nord, erhebt Vorwürfe gegen den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Dehoga in Schleswig-Holstein, weil der angesichts der Coronapandemie keinen Tarifvertrag über Kurzarbeit mit der NGG abschließen wolle.

Systemgastronomen haben bessere Regeln

Der andere große Arbeitgeberverband der Branche, der Bundesverband der Systemgastronomie (BdS), der Unternehmen wie McDonald’s, Burger King, Starbucks oder Pizza Hut vertritt, habe gezeigt, was möglich ist. Mit dem BdS habe die NGG in der vorigen Woche einen Tarifvertrag zur Kurzarbeit abgeschlossen, mit Aufstockung auf 90 Prozent des Nettogehaltes und Kündigungsschutz von zwei Monaten nach der Kurzarbeit.

„Die Beschäftigten der Gastronomie brauchen jetzt einen Schutzschirm. Wer im Service einer Gaststätte, am Empfang oder in der Küche eines Hotels nur knapp über dem Mindestlohn verdient, kommt mit 60 Prozent Kurzarbeitergeld nicht über die Runden. Der wird seine Miete nicht zahlen und seine Familie davon nicht ernähren können“, befürchtet Petersen. Seit Jahren würden die Beschäftigten des Hotel- und Gaststättengewerbes aufgrund des Fachkräftemangels und chronischer Unterbesetzung am Limit arbeiten.

Der Hotel- und Gaststättenverband weist die Vorwürfe der Gewerkschaft zurück: „In dieser schwierigen Situation einen Tarifvertrag zu verlangen ist äußerst unsensibel und für uns nicht nachvollziehbar“, sagt Stefan Scholtis, Hauptgeschäftsführer des Dehoga in Schleswig-Holstein.

Die Betriebe kämpften um ihre Existenz und bräuchten jetzt keine Grundsatzdiskussion über den Tarifvertrag, in dem Kurzarbeit nie ein Thema gewesen sei, weil in der Branche, im Unterschied beispielsweise zum wetterabhängigen Baugewerbe, immer voll gearbeitet werde.

Kurzarbeitergeld aufzustocken sei unrealistisch

„Unabhängig vom Tarifvertrag melden natürlich jetzt auch Gastronomen und Hoteliers Kurzarbeit an, weil sie ihre Mitarbeiter für die Zeit nach den Einschränkungen durch die Coronakrise halten wollen“, sagt Scholtis. Die Forderung der Gewerkschaft, das Kurzarbeitergeld auf 90 Prozent des Nettogehalts aufzustocken, sei aber unrealistisch: „Arbeitgeber, die das leisten können, brauchen keine staatliche Hilfe.“ Die Aussage der NGG, die Gastrobranche werde mit Milliardenbeträgen gefördert, sei nicht haltbar.