Pinneberg. Corona-Krise: Pinnebergs hoffnungsvoll gestartete Gastronomie-Neugründungen sind in Not. Wie ihre Betreiber die Lage empfinden.

Sie leben ihren Traum vom eigenen Restaurant. Sie haben sich Geld geliehen, viel Liebe und Herzblut investiert. Und sie haben Pinnebergs brach liegender Gastroszene einen tüchtigen Schubs gegeben. Die Betreiber von „Opposti“, „Frau Miller“ und dem Brauhaus namens „Ida“ sind Ende 2019 gestartet. Es lief prima. Dann kam Corona.

Von einem Tag auf den anderen stehen Pinnebergs junge Gastrogründer vor dem Aus. Zeit, Rücklagen zu bilden, hatten sie nicht. Kredite müssen abbezahlt werden. Das Abendblatt hat sich bei den Chefs umgehört. Es gibt Existenzängste, aber auch Hoffnung auf staatliche Hilfe. Beispiel „Opposti“: Iman Khosravi hat das zuvor im szenigen Hamburg-Ottensen beheimatete Restaurant in die Stadt geholt. Und ist mit seinem Restaurant an der Bismarckstraße binnen kürzester Zeit zu einem neuen Stern am Pinneberger Gastrohimmel aufgestiegen. Das altbackene Ambiente der ehemaligen „Scheune“ hat er mächtig auf Vordermann gebracht, im Oktober 2019 eröffnet. „Ja, wir haben viel investiert“, sagt er. „Und dann leben Gastronomen oft eine Zeit lang von der Hand in den Mund.“ Jetzt ist die Hand leer. Ob er Angst um seine Existenz hat? „Na klar, uns wird ja gerade der Boden unter den Füßen weggerissen.“ Im „Opposti“ sind 40 Menschen beschäftigt. Drei Mitarbeiter hat Khosravi schon kündigen müssen. Ansonsten hat er auf Kurzarbeit umgestellt. „Aber mit 60 Prozent vom Netto kommen unsere Leute nicht weit.“ Es dürfe niemand vergessen, dass für in der Gastronomie Beschäftigte das Trinkgeld oft ein entscheidender Faktor sei. „Und das fällt komplett weg. Wir brauchen mehr Hilfe von Staat.“

Seine eigenen Kosten beziffert Iman Khosravi auf um die 30.000 Euro. „Am 1. April wird vieles abgebucht“, blickt er voraus. Vom Vermieter der 350 Quadratmeter großen Fläche im Anbau des Pinneberger Rathauses hat er noch nichts gehört. Aber so etwas wie Mieterlass erwartet er von der AVW, der das Gebäude gehört, auch gar nicht. „Die haben doch jetzt selbst Probleme.“ Der Staat sei gefragt, Gastronomen zu helfen. Er setze darauf, dass auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes Mieten übernommen werden. „Aber im Moment ist da vieles nur Gerücht.“

Clemens und Torben Wolpers von der Ida-Brauerei mit Oma Ida, der Namensgeberin.
Clemens und Torben Wolpers von der Ida-Brauerei mit Oma Ida, der Namensgeberin. © Privat | Privat

Beispiel „Ida“: Im November 2019 haben die Brüder Clemens und Torben Wolpers ihr kleines Brauhaus mit Küche an der Oeltingsallee eröffnet. Mit großen Hoffnungen. Und nach satten drei Jahren Planung. 300.000 Euro und jede Menge Eigenarbeit hat es gekostet, ein runtergerocktes Ladengeschäft zur gemütlichen Wirtschaft umzubauen. Entstanden ist ein 40 Quadratmeter großer Gastraum mit 28 Sitzplätzen plus Terrasse. 15.000 Liter Bier können in Pinnebergs erstem Brauhaus pro Jahr durch die Zapfhähne fließen.

Die sind jetzt auf unbestimmte Zeit trockengelegt. „Der Laden lief sehr gut an“, sagt Clemens Wolpers. Er lebt eng mit seiner 100 Jahre alten Großmutter Ida, Namensgeberin des Brauhauses, zusammen. Auch darum sei schon vor behördlicher Anordnung am 12. März geschlossen worden. „Wir wollen da absolut kein Risiko eingehen.“

In der Brauerei arbeiten neben den beiden Brüdern ein festangestellter Koch und fünf Servicekräfte. Geht es nach den Betreibern, wird um die Existenz gekämpft: „Wir wollen auf jeden Fall weitermachen, aber das Problem ist ja, dass wir nicht wissen, wann wir gefahrlos wieder aufmachen können“, skizziert Clemens die Ungewissheit.

Das Wichtigste sei aktuell, über Kurzarbeit Mitarbeiter zu halten. „Wir hoffen unbedingt, dass es zu den geplanten Soforthilfen für Gastronomien kommt.“ Der Glaube, auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes Geld zu bekommen, hält sich bei Clemens Wolpers hingegen in Grenzen. „Das greift ja nur bei verordneter Quarantäne und orientiert sich obendrein an den Einnahmen des letzten Jahres.“

Besorgt: Benjamin Gadow und Madeleine Winkler, die Wirte von „Frau Miller“.
Besorgt: Benjamin Gadow und Madeleine Winkler, die Wirte von „Frau Miller“. © HA | Ha

Beispiel „Frau Miller“: Im Oktober eröffnet, hat sich das kleine Restaurant in den Räumen der ehemaligen Kultkneipe „Marktgraf“ in der Nähe des Marktplatzes an der Elmshorner Straße zügig den Ruf einer Gastro-Perle erworben. Corona hat die Betreiber Madeleine Winkler und Benjamin Gadow kalt erwischt. „Das ist eine große Katastrophe und kann für uns ohne Frage das Aus bedeuten“, sagt Gadow, der sogar doppelt getroffen ist. Denn mit der Begas-Bar ist auch seine Kneipe im Quellental auf behördliche Anordnung dicht.

„Wir waren auf einem richtig guten Weg und gerade dabei, den Sommergarten herzurichten, hatten auch auf Einnahmen durch die Fußball-EM gehofft“, sagt der junge Wirt, der mit der Begas-Bar, einer waschechten Fußballkneipe, zudem auf Bundesliga-Übertragungen angewiesen ist. „Es muss jetzt schnelle Hilfe vom Staat her, ein Rettungsschirm ist ja versprochen worden.“ Geld sei dank der bis gerade noch erfreulichen wirtschaftlichen Lage und hoher Steuereinnahmen schließlich da.

Aber Gadow bleibt auch selbst nicht untätig. Seine Gäste können „Frau Miller“ mit dem Kauf von Gutscheinen unterstützen. Die gibt es auf der Webseite des Restaurants. „Wir zahlen keine Zinsen, aber es gibt von uns Freigetränke on top“, verspricht Gadow für die Zeit nach dem Virus-Shutdown.

Drei Gründer. Drei Gastronomen, die Pinneberg aufgewertet haben. Ob und wie es weitergehen wird, ist bei allen unklar. Der „Opposti“-Wirt will sich jedenfalls nicht so einfach geschlagen geben. Ganz im Gegenteil strahlt er Zuversicht aus, dass alles schon bald wieder besser aussehen könnte. „Wir können das alle zusammen schaffen“, sagt Iman Khosravi. Und glaubt, dass seine Gäste erst recht kommen, wenn der Corona-Spuk vorbei ist. „Wir müssen und werden dann schnell wieder in den Umsatz kommen.“