Wedel. Auf Hof Schmietendorf nimmt die Verunsicherung zu: Die Erntehelfer aus Polen und Rumänien sagen ab. Wedeler Hof kein Einzelfall.
Die Dämme sind bereits gezogen, die ersten Folien verlegt, dennoch wurden die notwendigen Vorarbeiten für die kurz bevorstehende Spargelsaison auf dem Spargelhof Schmietendorf in Wedel nun abgebrochen. Der Grund? „Wir wissen nicht, ob überhaupt Erntehelfer zu uns kommen“, sagt Harm Schmietendorf, Spargelbauer und Betriebsleiter des gleichnamigen Spargelhofs.
30 Erntehelfer beschäftigt Schmietendorf während der Saison auf seinem Hof. 2o kommen aus Polen, zehn aus Rumänien. Aufgrund der Grenzschließungen infolge der Corona-Krise könnte es jedoch passieren, dass sie zum Saisonstart Anfang April nicht einreisen können – oder wollen. Sechs polnische Helfer, die für die Vorarbeiten bereits auf dem Hof waren, seien sogar schon abgereist. „Sie wollten nach Hause, weil sie Angst hatten, dass ihnen die Einreise später verweigert wird oder sie in Polen in Quarantäne müssen.“
Im schlimmsten Fall kann der Spargel nicht geerntet werden
Die Saisonhelfer, die für die rund dreimonatige Erntezeit auf dem Wedeler Spargelhof beschäftigt sind, seien in jedem Jahr dieselben. „Ich habe bereits mit allen telefoniert. Von unseren polnischen Helfern will die Hälfte sogar kommen“, so Schmietendorf. Die übrigen hätten Angst, sich anzustecken. „Aber kommen die dann überhaupt rein?“ Bei den rumänischen Erntehelfern ist der Spargelbauer diesbezüglich sogar noch skeptischer, da einige der Länder, die sie für die Einreise nach Deutschland passieren müssen, ihre Grenzen bereits dichtgemacht haben.
„Ich weiß also nicht, ob ich in diesem Jahr überhaupt Erntehelfer haben werde. Im schlimmsten Fall können wir überhaupt keinen Spargel ernten“, sagt der 48-Jährige. Eine Katastrophe für den Spargelbauern: „Wir sind ein reiner Spargelerzeugerbetrieb. Von Anfang April bis zum 24. Juni muss ich mein Geld für das ganze Jahr verdienen.“
Noch besteht die Möglichkeit, dass zumindest die zehn polnischen Erntehelfer einreisen können, die sich bereiterklärt hätten, während der Spargelsaison auf dem Wedeler Hof zu arbeiten. „Aber wir müssen warten und gucken, wer am 1. April da ist.“ Mit zehn Helfern könnte auch nur ein Drittel der üblichen Ernte eingebracht werden – was ebenfalls mit deutlichen Umsatzeinbußen verbunden wäre. Was eine nicht erfolgte Ernte für den Spargel bedeutet? „Die Spargelpflanze nimmt keinen Schaden. Im nächsten Jahr kann wieder normal geerntet werden.“
Viele Bauern fürchten Verdienstausfall
Doch wie mit dem Verdienstausfall umzugehen ist, weiß der Bauer nicht. Und damit ist er nicht allein. Mehrere Kollegen hätten sich bereits bei Schmietendorf gemeldet. „Alle haben Absagen bekommen und warten jetzt, was passiert.“ Die Spargelbauern sind dabei die Ersten in der Landwirtschaft, die mit der Ernte beginnen. „Danach fangen die Erdbeerbauern an. Aber die wissen ja auch nicht, ob die Erntehelfer kommen oder nicht.“
In der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein ist das Problem bekannt. „Wir haben von vielen Betrieben gehört, dass es Schwierigkeiten gibt, Saisonarbeitskräfte zu bekommen. Insbesondere aus Rumänien“, sagt Sprecherin Daniela Rixen. Hiesige Arbeitskräfte aus anderen Bereichen zu mobilisieren sei ebenfalls nicht einfach. „Es braucht viel Know-how, um Spargel stechen zu können.“ Derzeit werde nach alternativen Lösungsansätzen gesucht. Vom Landwirtschaftsministerium in Kiel heißt es: „Der Bund hat bereits eine Reihe von Hilfsmaßnahmen angekündigt. Das Land schaut sich diese genau an und prüft weiteren Handlungsbedarf.“
Die Schmietendorfs hoffen auf finanzielle Hilfen. „Zu zweit könnten wir nicht kostendeckend arbeiten“, sagt Britta Schmietendorf. „Das würde höchstens für den Eigenbedarf reichen, vergleichbar mit dem Anbau in einem Schrebergarten“, so die 47-Jährige. Mit dem Stechen ist es bei der Spargelernte längst nicht getan. Der Spargel muss zusätzlich gewaschen, geschnitten und nach Größe sortiert werden. Auf die jetzige Situation seien sie nicht vorbereitet gewesen. „Wir haben vor 14 Tagen überhaupt nicht damit gerechnet, dass sich das so entwickelt“, sagt Harm Schmietendorf. „Wir sind ja bereits in der Saisonvorbereitung gewesen.“
Die Familie Schmietendorf baut bereits seit 1978 Spargel an. Der Spargelbauer führt den Betrieb schon in der vierten Generation. Verschiedene Umwelteinflüsse wie extreme Nässe oder Frost hätten zwar auch in den vergangenen Jahren vereinzelt zu Ernteausfällen geführt, aber eine Situation wie jetzt, die eine komplette Saisonernte bedroht, habe der Landwirt noch nie erlebt. Für ihn stelle sich momentan nur eine Frage: „Kommen die Erntehelfer oder nicht?“