Pinneberg. 23 Straftaten gegen das Leben: Zahl der Fälle steigt im Kreis Pinneberg um 3,3 Prozent gegenüber 2018 an. Besondere Gründe.

Mehr Morde, mehr Gewaltdelikte, dafür ein deutlicher Rückgang bei den Einbruchszahlen: Die am Freitag vorgestellte Kriminalstatistik 2019 für den Kreis Pinneberg bietet kein einheitliches Bild. Die Gesamtzahl der Straftaten ist entgegen dem Landestrend, wo es um 1,8 Prozent nach unten ging, leicht um 3,3 Prozent angestiegen.

18.552 Straftaten sind im Jahr 2019 aktenkundig geworden, 2018 waren es noch 17.961 gewesen – macht ein Plus von 591 Fällen oder eben 3,3 Prozent. Zum Vergleich: Bis zum Jahr 2014 lag die Zahl der Straftaten im Kreis immer über der Marke von 20.0000 Fällen.

Vor diesem Hintergrund hält Jochen Drews, Chef der zuständigen Kriminalinspektion Bad Segeberg, den Anstieg für „nicht dramatisch“. Er verweist darauf, dass sich parallel zum Anstieg der Taten auch die Aufklärungsquote verbessert hat. Von den 18.552 Straftaten konnten 9319 aufgeklärt werden (50,2 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der aufgeklärten Taten um 433 Fälle.

Auch die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen liegt mit 7205 Personen deutlich höher als 2018 (6804 Personen). Mehr als jeder dritte Täter, der 2019 ermittelt werden konnte, war bereits zuvor schon als Straftäter auffällig geworden (35,4 Prozent). 76,9 Prozent sind Männer, 23,1 Prozent Frauen, 79 Prozent der Tatverdächtigen handelten allein, 73,8 Prozent der ermittelten Täter kamen aus dem Kreis Pinneberg, 56,2 Prozent verübten die Straftat sogar in ihrer Heimatgemeinde.

Vier Straftaten gegen das Leben wies die Kriminalstatistik für 2018 aus. Im vorigen Jahr waren es 23, davon 16 Fälle aus dem Bereich Mord. War also 2019 das Jahr der Morde? Kripo-Chef Drews hat eine andere Sicht der Dinge. „2019 gab es viele Steinwürfe von Brücken auf Autobahnen und Bundesstraßen, die alle als versuchter Mord eingestuft wurden.“ Vollendete Tötungsdelikte habe es in Uetersen und Tornesch gegeben, drei versuchte Tötungsdelikte hätten sich in Barmstedt (zwei) und in einer Disco in Elmshorn ereignet.

Insgesamt ermittelte die Kripo in 513 Vermisstensachen und 307 Todesfällen, wovon sich 121 Fälle als Suizid herausstellten. Es gab sieben Drogentote gegenüber fünf in 2018. Die Zahl der Rauschgiftdelikte stieg leicht auf 1026 Fälle an (plus zwölf Fälle). Die Aufklärungsquote in diesem Bereich kletterte um 3,1 Prozentpunkte auf 89,3 Prozent. „Das ist ein Kontrolldelikt. Je mehr wir kontrollieren, desto stärken steigt die Zahl der Taten an“, so Drews weiter.

Die Rohheitsdelikte stiegen um 91 auf 2731 Fälle an. 87,3 Prozent wurden aufgeklärt. Großteil dieser Fälle sind Körperverletzungen (1959 Fälle, plus 107 Fälle). Im Bereich Raub gab es einen leichten Rückgang um neun auf 115 Fälle. Hier liegt die Aufklärungsquote bei 56,5 Prozent. Siebenmal wurden Geschäfte überfallen, es kam zu zwei Raubüberfallen auf Tankstellen, in drei Fällen waren Spielhallen betroffen. Siebenmal wurden Personen in ihren Wohnungen überfallen und beraubt.

Elmshorn ist am gefährlichsten, Rellingen sicher


Um Kriminalität landesweit vergleichen zu können, werden die Straftaten in einer Kommune auf einen Wert von 100.000 Einwohnern hochgerechnet. Auf diese Weise ergibt sich die sogenannte Häufigkeitszahl, die dann eine Vergleichsmöglichkeit bieten soll.


Schaut man sich die größeren Städte und Gemeinden im Kreis an, ist das Risiko, Opfer einer Straftat zu werden, in Elmshorn am größten. Dort beträgt die Häufigkeitszahl 9444. Es folgt Pinneberg (7604) und Wedel (7026), knapp dahinter rangiert Uetersen (7002). Auf den nächsten Plätzen rangieren Tornesch (5820), Schenefeld (5054), Quickborn (4658), Barmstedt (4244), und Halstenbek (4203). In allen genannten Kommunen ist die Häufigkeitszahl gestiegen mit Ausnahme von Barmstedt und Quickborn.


Auf dem letzten Platz steht wie in den Vorjahren auch Rellingen. Auch in der Gemeinde ist die Häufigkeitszahl leicht gesunken – von 3807 auf jetzt 3724. Von den größeren Städten und Gemeinden im Kreis ist es damit in Rellingen am unwahrscheinlichsten, zum Opfer einer Straftat zu werden – Rellingen ist also am sichersten.


Für den gesamten Kreis liegt die Häufigkeitszahl übrigens bei 5901, das entspricht einen Anstieg um 156 Punkten. Zum Vergleich: In Schleswig-Holstein beträgt dieser errechnete Wert 6333. Das bedeutet, dass die Anzahl der im Verhältnis zur Bevölkerung registrierten Straftaten im Kreis Pinneberg deutlich unter der des Landes Schleswig-Holstein liegt. Landesweit ist es in Neumünster (14.338) am gefährlichsten, es folgen Lübeck (10.022), Flensburg (9628) und Kiel (9070). Auf Platz fünf liegt der Kreis Ostholstein (6336), ehe dann der Kreis Pinneberg auf Rang sechs folgt.


Am sichersten ist es in Schleswig-Holstein im Kreis Plön (4134). Die Kreise Steinburg (5583), Segeberg (5542) und Dithmarschen (5094) bewegen sich, was die Straftaten angeht, fast auf dem Niveau des Kreises Pinneberg.

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Erfreulich dagegen ist, dass die Zahl der Einbrüche nach einem deutlichen Anstieg im Jahr 2018 im vorigen Jahr stark gesunken ist. 497 Wohnungseinbrüche stehen 2019 in der Statistik – 2018 waren es noch 775 gewesen. Die Zahl der Einbrüche am Tag halbierte sich von 220 auf 111. Die Aufklärungsquote betrug 13,5 Prozent und erreichte damit den höchsten Wert seit vielen Jahren.

„Das zeigt, dass unser Gesamtkonzept aufgegangen ist“, so Drews weiter. Die Zentralisierung aller Einbruchsermittlungen für die Kreise Pinneberg und Segeberg zunächst in der Soko „Wohnen“, dann als eigenes Sachgebiet bei der Kripo Pinneberg, habe sich bewährt und auch dazu geführt, dass die Ermittler nun zunehmend größere Zusammenhänge aufdecken können. Die sinkenden Zahlen seien „ein Grund unserer guten Arbeit“, ist Drews überzeugt.

In 7093 Fällen kam es zu einem Diebstahl (-111 Fälle). Damit entfallen 38,2 Prozent aller Straftaten auf diesen Bereich, gefolgt von Rohheitsdelikten (14,7 Prozent) und auf Platz drei Vermögens- und Fälschungsdelikte (10,6 Prozent). In letzterem Bereich sticht insbesondere die Internetkriminalität heraus, die stark ansteigt. Insgesamt kam es bei den Vermögens- und Fälschungsdelikten, wozu auch die Straftaten im Internet gehören, zu einem Anstieg von 2633 auf jetzt 2989 Fälle (+ 13,5 Prozent). „Wir müssen uns als Polizei auch personell stärker auf diesen Bereich einstellen“, sagt Drews. Täter würden immer häufiger von der analogen in die digitale Welt umsteigen. „Früher wurde bei Aldi geklaut, heute werden Waren im Internet bestellt und nicht bezahlt.“

Diese Kriminalität erfordere eine neue Form der Bearbeitung, die Verfahren seien komplexer, aufwendiger und würden technisches Know-how voraussetzen. Hinzu kämen Beleidigungen im Netz, die immer öfter erfolgen würden.

Einen Anstieg gibt es bei den Sexualdelikten um 46 auf 239 Fälle. Dies ist offenbar einer steigenden Anzeigebereitschaft und letztlich auch einer 2016 erfolgten Gesetzesänderung zu verdanken, wonach geringfügige Taten sexueller Belästigung als solche und nicht mehr als Beleidigung erfasst werden.

Brandstiftungen werden seltener. 2019 wurden 63 Fälle erfasst (2018: 93 Fälle). Etwa die Hälfte wurde als vorsätzlich, die andere Hälfte als fahrlässig eingestuft. 44 Brände hatten technische Ursachen oder blieben ungeklärt.