Elmshorn. Rainer Grundt betreibt seit 33 Jahren sein eigenes Schallplattengeschäft. Er weiß, warum Retro wieder Trend ist.

Es hat etwas Rituelles, das Auflegen einer Schallplatte. Vorsichtig wird das Vinyl aus ihrer Hülle gezogen. Die Finger berühren nur den Rand, um keine Abdrücke zu hinterlassen. Behutsam wird sie auf den Plattenspieler gelegt, die Nadel sachte auf die äußere Rille gesetzt. Eine Unachtsamkeit, und die Oberfläche könnte zerkratzen. Die schwarze Scheibe beginnt sich zu drehen. Ein leises Knistern erklingt noch vor den ersten Tönen.

Es ist das Haptische, das Rainer Grundt an den Schallplatten so liebt. Und das Analoge. „Man kann sie nicht kopieren oder herunterladen“, sagt er. Grundt ist mit ihnen groß geworden. Bei ihm kann man reinhören. Ein Plattenspieler steht auf dem Verkaufstresen, zwei Barhocker stehen davor.

4000 Schallplatten im Sortiment

Seit 33 Jahren ist Rainer Grundt der Ansprechpartner für Musikfans und Vinylliebhaber in Elmshorn. Der 59-Jährige ist Inhaber des Plattenladens ,,vongestern“. Schätzungsweise 3000 CDs und 4000 Schallplatten aus Pop, Rock, Blues, Jazz, Soul und Klassik hat er im Angebot. Bücher und DVDs ergänzen das Sortiment. Nur eines sucht man bei Grundt vergeblich: das Neueste auf dem Musikmarkt.

Die Liebe zur Musik zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben. Als 20-Jähriger jobbte Rainer Grundt beim Plattenladen Membran in Elmshorn. Der Musikliebhaber spielte zudem selbst Schlagzeug in einer Band. „Wir nannten uns Slow Ride, spielten Bluesrock und hatten in Kneipen oder bei kleineren Festivals im Kreis Auftritte, zuletzt vor zehn Jahren“, erinnert er sich.

Grundt lebt von Stammkunden und Sammlern

Nach dem Abitur zog er zwei Jahre von Flohmarkt zu Flohmarkt und handelte mit gebrauchten Platten. Danach machte er sich mit seinem eigenen Laden selbstständig. Seitdem ist er viermal innerhalb Elmshorns umgezogen, zuletzt vor sieben Jahren von der Gerberstraße in die Marktstraße 15.

Rainer Grundt lebt von Stammkunden und Sammlern. Und von denen gibt es noch einige. Die Retroschiene laufe gut. „Zum Leben reicht’s, aber reich werden kann man mit Platten nicht“, sagt der gebürtige Elmshorner. Die gute alte Schallplatte habe in den vergangenen Jahren eine Renaissance erfahren.

Junge Menschen setzen auf Spotify und Netflix

„Es gibt seit ein paar Jahren einen regelrechten Vinyl-Hype bei einer bestimmten Klientel.“ Das kann der Heavy-Metal-Fan sein, der einmal die Woche reinschaut oder der Jazz-Liebhaber. CDs und DVDs werden hingegen immer weniger nachgefragt. „Die jungen Menschen nutzen lieber Streamingdienste wie Spotify oder Netflix“, sagt Grundt, der zwei Aushilfen in seinem Laden beschäftigt. Kunden unter 25 Jahren seien selten. „Es sei denn, sie entdecken ihre Liebe für Vinyl. Dann interessieren sie sich meistens für die Musik der 70er-Jahre.“

Seine Ware bekommt Rainer Grundt meistens aus Privatankäufen zum Beispiel aus Haushaltsauflösungen. Manchmal ziehen die Leute aus einem Haus in eine Wohnung und haben nicht mehr so viel Platz. Oder Ehefrauen bieten die Sammlung ihres verstorbenen Mannes an. „Andere ändern einfach ihre Hörgewohnheiten und trennen sich deshalb von ihren Schallplatten.“

Alle zwei, drei Jahre stößt Grundt auf eine Rarität

Auch auf Ebay macht er Jagd auf Raritäten. „Alle zwei, drei Jahre taucht auch mal ein richtiger Knaller auf.“ Wie die Aufnahme von den Beatles mit Tony Sheridan. Die Single „My Bonnie“ ging für 500 Euro über den Tresen. Das Stück, eigentlich ein traditioneller schottischer Folksong, wurde 1961 durch die Beatles weltweit populär und zu einem Evergreen.

Bei der Aufnahme in einem Hamburger Studio spielte George Harrison zwar Leadgitarre, doch Tony Sheridan übernahm das Gitarrenintro und -solo. Für die Aufnahmesession als Begleitband von Sheridan bekamen die Beatles 300 Mark.

Pink Floyds „The Wall“ ist meistverkauftes Album

„The Wall“ von Pink Floyd ist wohl das Album, das er am häufigsten in den Händen hielt, schätzt Rainer Grundt. „Es verkauft sich immer sofort.“ Kein Wunder, war „The Wall“ mit 30 Millionen verkauften Platten doch das weltweit meistverkaufte Doppelalbum und für einige Jahre auch das weltweit meistverkaufte Album überhaupt, bis es von Michael Jacksons „Thriller“ übertroffen wurde.

Auch The Beatles, Rolling Stones, Deep Purple und Led Zeppelin stehen ganz oben auf der Verkaufsliste. „Wer anfängt, Vinyl zu sammeln, beginnt meist mit den Großen der 70er-Jahre“, sagt der Plattenhändler, der diese Musikdekade selbst auch sehr zu schätzen weiß. LPs gibt es ab drei Euro, Raritäten wie alte Jazzplatten oder Original-LPs von Led Zeppelin können schon mal 30 bis 40 Euro kosten. CDs kosten dagegen ein bis sieben Euro.