Kreis Pinneberg. Der Quickborner Thomas Hagenow ist von der Polizei geschult. Er kennt die Tricks der Gauner und ist genervt von Senioren, die darauf reinfallen.

Eigentlich ist Thomas Hagenow (69) leidenschaftlicher Fahrradfahrer. Aber wenn er zu einem seiner Vorträge ausrückt, muss er einen großen Rollkoffer mitschleppen – mit Beamer, Notebook und Lautsprechern, denn er spricht oft vor vielen Menschen. Hagenow lebt in Quickborn, hat 35 Jahre lang für Beiersdorf gearbeitet und ist jetzt, im Ruhestand, einer von 40 ehrenamtlichen Sicherheitsberatern für Senioren, die die Kieler Landespolizei seit 2014 ausgebildet hat.

Die Idee dafür kam 2012/13 aus dem Altenparlament Schleswig-Holstein, sagt Dennis Schneider, Pressesprecher im Landespolizeiamt. Zielgruppe seien „jene älteren Menschen, die als potenzielle Opfer von Straftaten gelten und als Teilnehmer im Straßenverkehr besonders gefährdet sind“. Nebeneffekt der Aufklärung: Die Polizei wird entlastet, und über die gut vernetzten Ehrenamtlichen erfährt sie schnell von einem aktuell auftretenden Kriminalitätsphänomen.

25000 Menschen erhielten schon Rat

Mit dem Präventionsprojekt habe die Polizei „sehr gute Erfahrungen gesammelt“, sagt Schneider. In den vergangenen Jahren haben 25.000 Menschen an einer von 700 Veranstaltungen der Sicherheitsberater teilgenommen. Schneider: „Wenn Sicherheitsberater für Senioren ihre ehrenamtliche Tätigkeit aufgeben, werden neue ausgebildet und eingesetzt. Es geht also weiter.“

Hausbesuche macht Thomas Hagenow grundsätzlich nicht, „weil das Betrügern Tür und Tor öffnen würde“, wie er sagt. Aber zu Vorträgen kann er eingeladen werden, er hält sie dann kostenfrei. Warum er das tut? „Seit vielen Jahren nervt mich das, wenn alte Leute abgezockt werden.“ Vor einiger Zeit habe er dann einen Artikel über einen Sicherheitsberater gelesen – „und das las sich wie für mich geschrieben.“

Schwerpunkt: Enkeltrick und falsche Polizisten

Im Frühjahr 2018 nahm er an einer mehrtägigen Schulung der Landespolizei teil. Seitdem klärt er Senioren über Sicherheit inner- und außerhalb der eigenen vier Wände auf. Momentaner Schwerpunkt: Enkeltrick und falsche Polizisten. Allein in Schleswig-Holstein habe es 220 Versuche im Jahr 2017 gegeben, über den Enkeltrick Geld zu ergaunern, in Nordrhein-Westfalen lag die Zahl schon bei 5200 Versuchen. Die Masche der falschen Polizisten ist offenbar besonders erfolgreich: 2018 gab es 2002 Anrufe und 31 Fälle, in denen Menschen darauf hereingefallen sind. Schadenssumme: 1,5 Millionen Euro. Tendenz steil ansteigend, die Dunkelziffer sei weit höher, sagt Hagenow.

Ältere Menschen sind das Ziel der Täter, weiß er. Alle drei Monate treffen sich die Sicherheitsberater mit zwei Polizeibeamten, um sich zu informieren. „Wir betrachten uns als Partner. Ohne die Polizei würde ich gar nichts machen können“, sagt Hagenow. Die Täter zu ergreifen sei äußerst schwierig, denn heute säßen viele Banden in der Türkei. Die Anrufer sprächen reines Hochdeutsch, weil sie in Deutschland aufgewachsen seien, sie durchforsten Telefonbücher nach Vornamen der älteren Generation.

Weil Hagenow recht gut weiß, wie die Täter vorgehen, weiß er auch: „Die Jungs sind gut, die machen das gut.“

Der Enkeltrick
Hier geht es zunächst darum, den Namen eines Enkels herauszukitzeln. Das geschieht über Fragen wie: „Rate mal, wer dran ist“ oder die Behauptung, man verstehe schlecht. Alsdann schildert der Anrufer die finanzielle Notlage eines Verwandten und benennt schließlich eine Person, an die das vereinbarte Geld zu übergeben sei. „Die gutgläubige Omi geht dann zur Bank und holt Geld“, sagt Hagenow. Der Abholer trage zum Beispiel eine rote Mütze und heiße Paul, sage der Anrufer dann noch. Denn der „Enkel“ sei dann doch ganz plötzlich verhindert.

Was tun? Falls sichtbar, Telefonnummer notieren. Dann auflegen und die Polizei informieren. Es sei wichtig, keine Details über die familiäre oder finanzielle Situation preiszugeben. Bei Geldforderungen stets Rücksprache mit Verwandten halten und vor allem: Niemals Geld an unbekannte Menschen übergeben! Lichtblick: Vor zwei Jahren hat das Hamburger Landgericht einen Hintermann von Enkeltrickbetrügern zu zwölfeinhalb Jahren verurteilt. 40 Betrugstaten konnten ihm nachgewiesen werden.

Der Falsche-Polizisten-Trick

Die Täter stehen in Polizeiuniform (gibt’s im Karnevalsladen) vor der Tür und erzählen, sie hätten gerade eine Diebesbande festgenommen. Ein paar Bürger aus der Nachbarschaft stünden aber noch auf einer Liste, auch derjenige, bei dem sie gerade geklingelt hätten. Deshalb sollten die Leute sicherheitshalber ihre Wertsachen und ihr Geld der Polizei übergeben – gegen Quittung natürlich. „Die sind regelrechte Schauspieler“, sagt Hagenow, „die verstehen ihr Handwerk.“ Oder sie erzählten, Falschgeld sei im Umlauf, und die Polizei sei nun unterwegs, um Bargeld zu überprüfen, das ihnen bitte zu überreichen sei. „Die alten Leute haben noch Respekt vor der Polizei“: Damit erklärt Hagenow, warum das so oft funktioniert. In Schleswig-Holstein wurden auf diese Weise in den vergangenen Jahren rund 2,5 Millionen Euro erbeutet.

Fest stehe, dass Polizisten niemals Bargeld oder Wertgegenstände an sich nehmen, sagt Hagenow. Im Zweifelsfall sollten Bürger den Namen und die Dienststelle erfragen und diese kontaktieren. Auch sei auf Details an der Uniform zu achten und nach dem Ausweis zu fragen.

Der Falsche-Handwerker-Trick

Aber es gibt noch viele weitere Menschen, die an Türen klingeln, um in Wohnungen zu gelangen. Hagenow: „Sie bitten um Hilfe, ein Glas Wasser, Stift und Papier oder darum, dass das Kind die Toilette benutzen darf, oder sie geben sich als Handwerker aus.“ Diese kommen beispielsweise als Schlüsselnotdienst oder bieten an, die Auffahrt zu kärchern, die Dachrinne zu säubern, den Weg zu asphaltieren, den Abfluss zu reinigen oder Ratten zu bekämpfen – und verlangen dann Unsummen. Sind sie zu zweit an der Tür, schleicht die zweite Person durch die nicht ganz geschlossene Tür in die Wohnung, während die erste den Menschen ablenkt, der geöffnet hat. Im Zweifel lautet der Rat: Niemanden in die Wohnung lassen und einen zweiten Termin vereinbaren, bei dem eine Vertrauensperson anwesend ist.

Damit generell an der Haus- oder Wohnungstür nichts schiefgeht, empfiehlt Hagenow eine Gegensprechanlage, eine Schließkette oder einen Sperrriegel. Auch ein „Spion“ als Guckloch leistet gute Dienste, insbesondere dann, wenn er zur Türspionkamera mit Weitwinkeloptik hochgerüstet wurde. Von angeblichen Amtspersonen sei der Dienstausweis anzufordern, zudem solle in solchen Fällen bei der jeweiligen Institution angerufen werden. Gegen zudringliche Besucher notfalls mit lauten Hilferufen wehren.

Der Falsche-Bank-Trick

Aber das Böse muss gar nicht an der Wohnungstür stehen. Betrüger verschicken auch E-Mails, geben sich darin als Bankmitarbeiter aus und verlangen, vertrauliche Daten preiszugeben. Dahinter steckt auf jeden Fall Betrug.

Der Geldwechsel-Trick
Hilfsangebote wie Taschen nach Hause tragen seien auch verdächtig, sagt Hagenow. Fragen nach dem Weg sei auch ein beliebtes Mittel, um jemanden abzulenken und ihm dann die Tasche zu entreißen, außerdem die Frage, ob Geld gewechselt werden kann. Da rät Hagenow, laut zu rufen: „Lassen Sie mich in Ruhe!“

Schutzmaßnahmen für unterwegs. Für ältere Menschen, die sich außerhalb ihrer vier Wände bewegen, hat Thomas Hagenow eine ganze Reihe von Tipps zusammengestellt. Dazu zählen: Nur das Nötigste an Geld oder Wertsachen mitnehmen und keine großen Summen abheben. Keinesfalls die PIN-Nummer in der Geldbörse aufheben. Geld oder Wertsachen in der Innenkleidung oder in einer verschlossenen Tasche verwahren. Eine Handtasche sei verschlossen unter den Arm geklemmt und zum Körper gewandt zu tragen und gehöre nicht in den Einkaufswagen.

Kontakt Thomas Hagenow: Telefon 04106/699 39. Weitere Infos im Internet: www. polizei-beratung.de, www.pfiffige-senioren.de