Der Zufluchtsort für nicht mehr gewollte Tiere im Kreis Pinneberg soll zu einer Begegnungsstätte für Mensch und Vierbeiner werden.
Lama Packo beobachtet Ina Storjohann aufmerksam, als sie das Gehege betritt. In der Hand hält sie eine Schüssel mit Leckerlis. Dem können er und die anderen vier Lamas nicht widerstehen. Dabei galt Packo, ein schwarzer Hengst, als schwierig. Bevor er auf die Hei-Lo Ranch in Klein Offenseth-Sparrieshoop kam, lebte er in Bremen. Dort verstand er sich nicht mehr mit den anderen Lamas. Der Besitzer wollte ihn loswerden. Ina Storjohann rettete ihn vor dem Schlachter.
Mittlerweile ist Packo kastriert und hat gelernt, am Halfter zu gehen. Mit seinen Lama-Damen versteht er sich gut. Eine davon ist Maja, die mit ihrem Fohlen Ninja aus falscher Haltung in Hessen nach Sparrieshoop kam. „Die Tiere waren in einem sehr schlechten Zustand“, sagt Ina Storjohann, eigentlich gelernte Bauzeichnerin. Sie standen auf einer kahlen Weide und ernährten sich von dem, was von den Bäumen fiel. Nicht mal eine Schutzhütte hatten sie.
„Sie waren völlig wild, da sie den Kontakt zum Menschen nicht kannten. Ihre Halfter waren eingewachsen.“ Auf dem Gnadenhof von Ina Storjohann haben sie sich gut erholt und fressen mittlerweile aus der Hand. Insgesamt leben fünf Lamas auf dem Hof – neben zahlreichen anderen Tieren wie Alpakas, Schafen, Ziegen, Schweinen, Hunden und Katzen.
Hinter dem Tierschutzprojekt steht der Verein „Tier und Tat“, den Ina Storjohann mit Jenny Landsmann 2015 gegründet hat, um ihre bis dato jeweils privaten Einzelinitiativen zu bündeln. Beide leben in Klein-Offenseth-Sparrieshoop, lernten sich aber erst kennen, als Landsmanns Tochter einen Unfall hatte, bei dem sie sich überschlug. Im Auto saßen auch fünf Hunde. Tochter und Tiere blieben unverletzt, aber ein Hund war verschwunden. Bei der Suche nach ihm halfen Nachbarn. So lernten sich die beiden Frauen kennen und stellten schnell Gemeinsamkeiten fest: Sie engagieren sich für Tiere in Not.
Jenny Landmann unterstützt seit Jahren zwei polnische Tierheime in Przyborowo und Brodziszewo der Tierschützerin Wanda Jerzyk. Diese sind mit mehr als 600 Hunden und 120 Katzen völlig überfüllt. In Landmanns Vierpfotenhaus in Sparrieshoop verbringen alte und kranke Vierbeiner von dort ihren Lebensabend.
Beide Projekte firmieren mittlerweile unter einem Vereinsdach. „Im Umkreis sind wir tatkräftig, wenn es um die Kastration von freilebenden Katzen geht“, sagt die gelernte Sozialarbeiterin. „Außerdem fahren einige von uns regelmäßig nach Polen, um Sachspenden in die zwei polnische Tierheime zu bringen. Meistens dürfen auf der Rückfahrt Tierheimhunde mitkommen, die hier auf Pflegestellen einziehen und später in ein neues Zuhause vermittelt werden.“
Die meisten der etwa 50 Tiere auf der Hei-Lo stammen aus dem Tierschutz oder kommen von Leuten, die sich aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr um die Tiere kümmern können (oder wollen). „Viele sind bei uns geblieben“, sagt Ina Storjohann. „Wir können aber nicht alle behalten und versuchen dann, ein schönes Zuhause zu finden.“ Die Ziegen kommen vom „Schutzhof drei Linden“. „Die haben wir übernommen, um meine Freundin Marianne zu entlasten. Tagsüber dürfen sie mit den Lamas und Pferden zusammen laufen, alle gehen ganz friedlich miteinander um.“
Warum „Hei-Lo-Ranch“? „Das Hei ist meinem Vater Heinrich gewidmet, weil er die Ranch mit aufgebaut hat. Er hat als Maurer jeden einzelnen Stein hier verbaut und auch sonst ist er immer an meiner Seite und hilft mir auf der Anlage“, sagt Ina Storjohann. Das „Lo“ erinnert an ihr erstes eigenes Pferd namens Lord. „Jahrelang habe ich darauf gespart, bis ich das Geld für ein eigenes Pferd zusammen hatte. Wir hatten eine ganz spezielle Bindung, wie ich es wohl nie wieder erleben werde. Als sehr schwierig, teilweise als gefährlich eingestuft, habe ich bis zu seinem Tod zu ihm gehalten und hätte ihn nie aufgegeben. Das war wohl mein erster und längster Tierschutzfall.“
Etliche Kaninchen und Meerschweinchen hat sie in den vergangenen Jahren ebenfalls aufgenommen. Die Abgabegründe sind auch bei den Kleintieren unterschiedlich: gesundheitliche Einschränkungen, mangelndes Interesse, Todesfälle oder ein Umzug ins ins Altenheim. Manche Tiere werden einfach auch größer als in der Zoohandlung versprochen. Daher die dringende Bitte der Tierschützerinnen, keine Tiere in der Zoohandlung zu kaufen. „Lieber erst mal im Tierheim, bei uns oder anderen Schutzvereinen nachfragen“, so Ina Storjohann.
Adsche und Odsche leben seit Dezember 2006 auf ihrem Hof. Sie gehörten zu einer Gruppe von 61 Schweinen, die in Wilhelmshaven vom Amtsveterinär beschlagnahmt wurden. Der Besitzer hatte die „Zucht“ von seinem Vater übernommen, war aber schnell überfordert. „Die Tiere vermehrten sie sich unkontrolliert und wurden unter erbärmlichen Umständen gehalten“, sagt Ina Storjohann. „Sie lebten nur im Mist und wurden sehr unregelmäßig mit Futter und Wasser versorgt.“ Alle Tiere konnten vermittelt werden.
„Sämtliche Kosten, wie Futter, Tierarzt oder Schmied, finanzieren wir aus privater Tasche. Wir sind daher heilfroh, wenn uns tierliebe Menschen mit Futter- und Geldspenden unterstützen“, sagt Jenny Landsmann. Gern gesehen sind auch engagierte Mitstreiter im Verein oder Menschen, die Hunde und Katzen aus den polnischen Tierheimen zeitlich begrenzt zur Pflege aufnehmen, bis sie in ein Zuhause vermittelt werden können.
Die beiden Frauen möchten aus der Hei-Lo-Ranch eine Begegnungsstätte für Mensch und Tier machen. Dafür bauen sie die Außenanlagen rollstuhlgerecht aus. Das Konzept steht. Im Frühjahr soll es losgehen. Außerdem wollen sie mit ihren Tieren alte Menschen in Seniorenheimen besuchen und ihnen so Freude bereiten. Eine Idee, die nachweislich den Alltag von Kranken und Alten bereichert.
Kontakt: Tier und Tat e.V., Schulstraße 33, in Klein Offenseth-Sparrieshoop, Ansprechpartner sind Jenny Landsmann (04121/34 22) und Ina Storjohann (0172/899 63 34)