Pinneberg. Ein Pilotprojekt bei Edeka Meyer läuft überragend und stößt überregional auf Interesse. Wie es jetzt weitergeht.
Das Koala-Maskottchen hat dem Elmshorner Start-up-Unternehmen offenbar Glück ohne Ende beschert: Seit die Firma gemeinsam mit Jörg Meyer in dessen Pinneberger Edeka-Markt an der Friedrich-Ebert-Straße im Dezember eine App getestet hat, mit deren Hilfe Einkäufe übers Handy gescannt und bezahlt werden können, stehen bei Koala in Elmshorn und auch bei Jörg Meyer die Telefone nicht mehr still. Zum Bilanzgespräch darüber, wie der Testmonat gelaufen ist, hat der Marktinhaber am Mittwoch in sein Büro geladen.
Die Fakten in Kürze: Rund 1000 Menschen hatten sich die Koala-App schon am dritten Testtag über iOS, weitere rund 1000 über Android auf ihre Telefone geladen. 200 Pinneberger Edeka-Kunden waren am Ende des dritten Versuchstages in den Markt an der Friedrich-Ebert-Straße gekommen, um mit Koala zu shoppen, 500 Einkäufe waren bis Weihnachten darüber abgewickelt worden.
„Mehr wollten wir nicht, weil wir wussten, dass noch ein paar Kinderkrankheiten, App-Abstürze, Update-Probleme oder andere Hürden zu beseitigen waren“, sagt der technischer Leiter von Edeka, Stefan Giese. Fazit in Kürze: „Die Reaktionen waren überwiegend positiv“, sagt Christoph Schönfelder, Geschäftsführer von Koala.
Service auf zweiten Markt ausgeweitet
Jörg Meyer ist zufrieden: „Die Jungs hier machen einen tollen Job. Die Lösung ist jetzt perfekt, das hat alles Hand und Fuß. Probleme haben sie meistens sofort behoben, und die App wurde weit besser angenommen, als wir erwartet hatten.“ Die Zufriedenheit ist ihm anzusehen. Und weil Koala jetzt regulär an der Friedrich-Ebert-Straße eingeführt wird, rückt sein nächstes Ziel in greifbare Nähe: Mitte bis Ende Februar geht es mit Koala auch bei Edeka an der Saarlandstraße los.
Neun Edeka-Märkte führt Jörg Meyer: zwei auf Sylt, sechs in Hamburg und Pinneberg und einen in Stade. Lachend sagt er: „Es geht weiter. Das Füllhorn ist noch nicht mal halb geladen.“
Durch Koala will er zwar keinesfalls die Kassen abschaffen, sondern vielmehr sein seit Jahren überstrapaziertes, fest angestelltes Personal entlasten. Vor allem zu den Stoßzeiten, nach 20 Uhr, an Wochenenden und auf Sylt an den Sonntagen, an denen geöffnet ist. „Und vielleicht“, sagt er, „ist dann ja auch mal wieder ein Pläuschchen drin.“
Bisher habe niemand seinen Koala-Account wieder gelöscht, sagt Schönfelder, „das System ist bereit, dass wir es jetzt freischalten können.“ Zwei Störungen seien sie noch auf der Spur, „ansonsten läuft das störungsfrei“. Damit fällt dem Betriebswirt und dessen Geschäftspartner, dem Software-Entwickler David Scharfschwerdt, ein Stein vom Herzen, denn in der Koala-App stecken zwei Jahre Entwicklungsarbeit.
Tester vom Fach war begeistert
Seit der Testballon gestiegen war, haben sie im Schnitt 70 bis 80 Stunden in der Woche gearbeitet, um alle Anfragen von Köln bis zum Bodensee auch zeitnah zu beantworten. Lebensmittelkonzerne, Mineralölkonzerne, Baumärkte und Drogerieketten haben bereits angeklopft, weitere Pilotprojekte rücken in greifbare Nähe, wobei die kleine Firma schon jetzt weit über ihre Kapazitätsgrenzen arbeitet: „Wir suchen permanent Software-Entwickler. Mit diesem Team können wir nicht mit allen pilotieren, und um es erweitern zu können, brauchen wir externes Kapital“, sagt Schönfelder.
Dieser Prozess ist bereits in vollem Gange. Ziel ist es, dass jeder Laden, der Einkäufe über Koala abwickelt, eine monatliche Lizenzgebühr an das Start-up-Unternehmen zahlt. Womöglich liege das extreme Interesse auch an dem überragenden Fazit eines unabhängigen Testers einer Fachzeitschrift, der unangemeldet in den überfüllten Edeka-Markt gekommen sei und 30 Artikel in zehn Minuten gekauft habe.
Spätestens da merkte Jörg Meyer, dass das neue Angebot nicht nur für gehetzte Büroangestellte in der Mittagspause interessant ist, sondern noch interessanter für größerer Familien werden kann, die dank Koala nie mehr einen vollgepackten Einkaufswagen zuerst auf dem Kassenlaufband wieder auspacken, um ihn hinterher zum zweiten Mal wieder zu befüllen, ganz zu schweigen, dass das dritte Mal am Kofferraum noch dazukomme. „Diesen Service können wir den Kunden nicht mehr wegnehmen“, sagt Meyer.
Der Pinneberger Supermarkt-Chef ist der Business-Angel und Gesellschafter im Unternehmen, weil er von Anfang an überzeugt war von dem Angebot, das er mit entwickelt hat: Einkaufen ohne in der Schlange zu stehen – das war hierzulande bisher ein Wunschtraum. Deutschlandweit waren der Elmshorner Softwareentwickler David Scharfschwerdt und der Betriebswirt Christoph Schönfelder mit ihrer Innovation nach eigener Aussage die Ersten.
Koala berechnet ökologischen Fußabdruck eines Einkaufs
Und so funktioniert Koala: Die App kann sich jeder auf sein Smartphone runterladen. Wer über 18 Jahre alt ist, kann sich darüber einmalig im Supermarkt anmelden und fortan per Smartphone einkaufen und bezahlen. Der Strichcode auf jedem Produkt muss nur einmal vor die Smartphonekamera gehalten und registriert werden, dann ist alles erledigt. Ist der Einkauf beendet, gehen die Kunden zur sogenannten „Fast Lane“ (auf Deutsch: Überholspur) neben den Kassen, halten ihr Telefon an einen Scanner und können dann sofort, mit dem „Kassenzettel“ auf ihrem Mobiltelefon, den Markt verlassen.
Schon jetzt zeichnen sich weitere Ideen ab: Kunden, die Rabatte wünschen, erhalten personifizierte Angebote auf ihrem Telefon, die App kann demnächst den ökologischen Fußabdruck eines Einkaufs feststellen, und über Koala lässt sich vielleicht bald eine schlaue Einkaufsliste eingeben: Das System hakt dann ab, was schon im Wagen liegt, und der Einkäufer träumt derweil vom wohligen Feierabend.